Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Ueber den Einfluß einiger gebrauchen. Hier nun hat die französischeund englische Sprache einen augenscheinlichen Vorzug. Da unsere Wissenschaften, wie ich bereits gesagt habe, von den Lateinern zu uns gekommen sind, oder uns durch lateinisch ge- schriebene Bücher sind überliefert worden; so sind die meisten Wörter, die wir in den ab- strakten Theilen der Wissenschaften nöthig ha- ben, lateinisch. Diese haben nun natürlicher Weise in Sprachen, die von der lateinischen abstammten, leicht können aufgenommen wer- den: und die Franzosen, die sonst für die Rei- nigkeit ihrer Sprache so sehr besorgt sind, neh- men in dieser Art alle Tage noch mehr auf. Wir, die wir eine eigne Stammsprache ha- ben, konnten diese Wörter durchaus nicht in deutsche verwandeln. Wir mußten also deut- sche suchen oder machen, die mit jenen einer- ley Ideen bezeichnen sollten. So haben wir uns freylich zu helfen gesucht: aber wer in dieser Gattung schreibt, und noch mehr, wer darinne übersezt, der wird finden, daß für eine Menge Ueber den Einfluß einiger gebrauchen. Hier nun hat die franzoͤſiſcheund engliſche Sprache einen augenſcheinlichen Vorzug. Da unſere Wiſſenſchaften, wie ich bereits geſagt habe, von den Lateinern zu uns gekommen ſind, oder uns durch lateiniſch ge- ſchriebene Buͤcher ſind uͤberliefert worden; ſo ſind die meiſten Woͤrter, die wir in den ab- ſtrakten Theilen der Wiſſenſchaften noͤthig ha- ben, lateiniſch. Dieſe haben nun natuͤrlicher Weiſe in Sprachen, die von der lateiniſchen abſtammten, leicht koͤnnen aufgenommen wer- den: und die Franzoſen, die ſonſt fuͤr die Rei- nigkeit ihrer Sprache ſo ſehr beſorgt ſind, neh- men in dieſer Art alle Tage noch mehr auf. Wir, die wir eine eigne Stammſprache ha- ben, konnten dieſe Woͤrter durchaus nicht in deutſche verwandeln. Wir mußten alſo deut- ſche ſuchen oder machen, die mit jenen einer- ley Ideen bezeichnen ſollten. So haben wir uns freylich zu helfen geſucht: aber wer in dieſer Gattung ſchreibt, und noch mehr, wer darinne uͤberſezt, der wird finden, daß fuͤr eine Menge <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0466" n="460"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber den Einfluß einiger</hi></fw><lb/> gebrauchen. Hier nun hat die franzoͤſiſche<lb/> und engliſche Sprache einen augenſcheinlichen<lb/> Vorzug. Da unſere Wiſſenſchaften, wie ich<lb/> bereits geſagt habe, von den Lateinern zu uns<lb/> gekommen ſind, oder uns durch lateiniſch ge-<lb/> ſchriebene Buͤcher ſind uͤberliefert worden; ſo<lb/> ſind die meiſten Woͤrter, die wir in den ab-<lb/> ſtrakten Theilen der Wiſſenſchaften noͤthig ha-<lb/> ben, lateiniſch. Dieſe haben nun natuͤrlicher<lb/> Weiſe in Sprachen, die von der lateiniſchen<lb/> abſtammten, leicht koͤnnen aufgenommen wer-<lb/> den: und die Franzoſen, die ſonſt fuͤr die Rei-<lb/> nigkeit ihrer Sprache ſo ſehr beſorgt ſind, neh-<lb/> men in dieſer Art alle Tage noch mehr auf.<lb/> Wir, die wir eine eigne Stammſprache ha-<lb/> ben, konnten dieſe Woͤrter durchaus nicht in<lb/> deutſche verwandeln. Wir mußten alſo deut-<lb/> ſche ſuchen oder machen, die mit jenen einer-<lb/> ley Ideen bezeichnen ſollten. So haben wir<lb/> uns freylich zu helfen geſucht: aber wer in dieſer<lb/> Gattung ſchreibt, und noch mehr, wer darinne<lb/> uͤberſezt, der wird finden, daß fuͤr eine Menge<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [460/0466]
Ueber den Einfluß einiger
gebrauchen. Hier nun hat die franzoͤſiſche
und engliſche Sprache einen augenſcheinlichen
Vorzug. Da unſere Wiſſenſchaften, wie ich
bereits geſagt habe, von den Lateinern zu uns
gekommen ſind, oder uns durch lateiniſch ge-
ſchriebene Buͤcher ſind uͤberliefert worden; ſo
ſind die meiſten Woͤrter, die wir in den ab-
ſtrakten Theilen der Wiſſenſchaften noͤthig ha-
ben, lateiniſch. Dieſe haben nun natuͤrlicher
Weiſe in Sprachen, die von der lateiniſchen
abſtammten, leicht koͤnnen aufgenommen wer-
den: und die Franzoſen, die ſonſt fuͤr die Rei-
nigkeit ihrer Sprache ſo ſehr beſorgt ſind, neh-
men in dieſer Art alle Tage noch mehr auf.
Wir, die wir eine eigne Stammſprache ha-
ben, konnten dieſe Woͤrter durchaus nicht in
deutſche verwandeln. Wir mußten alſo deut-
ſche ſuchen oder machen, die mit jenen einer-
ley Ideen bezeichnen ſollten. So haben wir
uns freylich zu helfen geſucht: aber wer in dieſer
Gattung ſchreibt, und noch mehr, wer darinne
uͤberſezt, der wird finden, daß fuͤr eine Menge
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