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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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Einige Gedanken
und er enthält sich nicht, die ungereimten und
abergläubischen Mittel anzuführen, durch welche
man glaubte die Liebe erzwingen zu können. Ei-
nen Umstand hat Virgil dadurch erhalten, der
wirklich den lezten Auftritt, den Tod der Dido,
noch rührender macht. Es gehörte zu den Zu-
bereitungen des magischen Opfers, daß ein Schei-
terhaufen errichtet, mit Cypressen umkränzt, und
mit den Waffen, den Geschenken des Aeneas, und
mit ihrem unächten hochzeitlichen Bette belegt
werden mußte. Unter diesen entleibt sich Dido.
Der Schauplatz ihres Todes konnte auf keine Art
geschmückt werden, die zur Verstärkung des Ein-
drucks mehr beygetragen hätte.

Es folgt die letzte Nacht, in welcher das Ge-
müth der Dido, von Liebe, Rache und dem Ge-
danken des nahen Todes beunruhiget, in dem
größten Anfruhr ist.

"Was soll ich thun? Soll ich die ehemals
"verschmähten Freyer wieder aufsuchen? --
"Oder wie? wenn ich selbst mit den Trojanern
"gienge? Mit den Trojanern? Vielleicht, weil

Einige Gedanken
und er enthaͤlt ſich nicht, die ungereimten und
aberglaͤubiſchen Mittel anzufuͤhren, durch welche
man glaubte die Liebe erzwingen zu koͤnnen. Ei-
nen Umſtand hat Virgil dadurch erhalten, der
wirklich den lezten Auftritt, den Tod der Dido,
noch ruͤhrender macht. Es gehoͤrte zu den Zu-
bereitungen des magiſchen Opfers, daß ein Schei-
terhaufen errichtet, mit Cypreſſen umkraͤnzt, und
mit den Waffen, den Geſchenken des Aeneas, und
mit ihrem unaͤchten hochzeitlichen Bette belegt
werden mußte. Unter dieſen entleibt ſich Dido.
Der Schauplatz ihres Todes konnte auf keine Art
geſchmuͤckt werden, die zur Verſtaͤrkung des Ein-
drucks mehr beygetragen haͤtte.

Es folgt die letzte Nacht, in welcher das Ge-
muͤth der Dido, von Liebe, Rache und dem Ge-
danken des nahen Todes beunruhiget, in dem
groͤßten Anfruhr iſt.

„Was ſoll ich thun? Soll ich die ehemals
„verſchmaͤhten Freyer wieder aufſuchen? —
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„gienge? Mit den Trojanern? Vielleicht, weil
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[418/0424] Einige Gedanken und er enthaͤlt ſich nicht, die ungereimten und aberglaͤubiſchen Mittel anzufuͤhren, durch welche man glaubte die Liebe erzwingen zu koͤnnen. Ei- nen Umſtand hat Virgil dadurch erhalten, der wirklich den lezten Auftritt, den Tod der Dido, noch ruͤhrender macht. Es gehoͤrte zu den Zu- bereitungen des magiſchen Opfers, daß ein Schei- terhaufen errichtet, mit Cypreſſen umkraͤnzt, und mit den Waffen, den Geſchenken des Aeneas, und mit ihrem unaͤchten hochzeitlichen Bette belegt werden mußte. Unter dieſen entleibt ſich Dido. Der Schauplatz ihres Todes konnte auf keine Art geſchmuͤckt werden, die zur Verſtaͤrkung des Ein- drucks mehr beygetragen haͤtte. Es folgt die letzte Nacht, in welcher das Ge- muͤth der Dido, von Liebe, Rache und dem Ge- danken des nahen Todes beunruhiget, in dem groͤßten Anfruhr iſt. „Was ſoll ich thun? Soll ich die ehemals „verſchmaͤhten Freyer wieder aufſuchen? — „Oder wie? wenn ich ſelbſt mit den Trojanern „gienge? Mit den Trojanern? Vielleicht, weil

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/424>, abgerufen am 19.05.2024.