die Seele eine Menge Eindrücke, das Gedächtniß erhält sie, die Einbildungskraft sezt sie zusam- men, der Verstand sammlet das Aehnliche in denselben, und verwandelt die Eindrücke in Ideen, die Vernunft endlich bringt diese Ideen in Ver- bindung und erbaut sich daraus das System ih- rer Grundsätze und ihrer Regeln. Die Empfin- dungen sind also der Stoff, welchen die übrigen Fähigkeiten bearbeiten. Ist dieser fest und dauer- haft, so ist weiter nichts als ein geschickter Künst- ler dazu nöthig, um vortrefliche Werke daraus zu machen; ist er schwach und untauglich, so wird selbst eine Meisterhand und die weiseste An- wendung nur etwas Mittelmäßiges hervorbrin- gen.
Von der Empfindung sollte also der Anfang dieser Untersuchung, so wie der Erziehung über- haupt, gemacht werden. Sind die Eindrücke, die die Seele des Kindes von sich selbst und von den Sachen außer sich empfängt, richtig, mit den Gegenständen übereinstimmend, tief und dauerhaft; sind ihre Empfindungen wahr und
der Faͤhigkeiten.
die Seele eine Menge Eindruͤcke, das Gedaͤchtniß erhaͤlt ſie, die Einbildungskraft ſezt ſie zuſam- men, der Verſtand ſammlet das Aehnliche in denſelben, und verwandelt die Eindruͤcke in Ideen, die Vernunft endlich bringt dieſe Ideen in Ver- bindung und erbaut ſich daraus das Syſtem ih- rer Grundſaͤtze und ihrer Regeln. Die Empfin- dungen ſind alſo der Stoff, welchen die uͤbrigen Faͤhigkeiten bearbeiten. Iſt dieſer feſt und dauer- haft, ſo iſt weiter nichts als ein geſchickter Kuͤnſt- ler dazu noͤthig, um vortrefliche Werke daraus zu machen; iſt er ſchwach und untauglich, ſo wird ſelbſt eine Meiſterhand und die weiſeſte An- wendung nur etwas Mittelmaͤßiges hervorbrin- gen.
Von der Empfindung ſollte alſo der Anfang dieſer Unterſuchung, ſo wie der Erziehung uͤber- haupt, gemacht werden. Sind die Eindruͤcke, die die Seele des Kindes von ſich ſelbſt und von den Sachen außer ſich empfaͤngt, richtig, mit den Gegenſtaͤnden uͤbereinſtimmend, tief und dauerhaft; ſind ihre Empfindungen wahr und
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der Faͤhigkeiten.
die Seele eine Menge Eindruͤcke, das Gedaͤchtniß
erhaͤlt ſie, die Einbildungskraft ſezt ſie zuſam-
men, der Verſtand ſammlet das Aehnliche in
denſelben, und verwandelt die Eindruͤcke in Ideen,
die Vernunft endlich bringt dieſe Ideen in Ver-
bindung und erbaut ſich daraus das Syſtem ih-
rer Grundſaͤtze und ihrer Regeln. Die Empfin-
dungen ſind alſo der Stoff, welchen die uͤbrigen
Faͤhigkeiten bearbeiten. Iſt dieſer feſt und dauer-
haft, ſo iſt weiter nichts als ein geſchickter Kuͤnſt-
ler dazu noͤthig, um vortrefliche Werke daraus
zu machen; iſt er ſchwach und untauglich, ſo
wird ſelbſt eine Meiſterhand und die weiſeſte An-
wendung nur etwas Mittelmaͤßiges hervorbrin-
gen.
Von der Empfindung ſollte alſo der Anfang
dieſer Unterſuchung, ſo wie der Erziehung uͤber-
haupt, gemacht werden. Sind die Eindruͤcke,
die die Seele des Kindes von ſich ſelbſt und
von den Sachen außer ſich empfaͤngt, richtig,
mit den Gegenſtaͤnden uͤbereinſtimmend, tief und
dauerhaft; ſind ihre Empfindungen wahr und
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/19>, abgerufen am 16.02.2025.
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