Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.der ältesten und neuern Schriftsteller. macht, Gegenstände, die allen gleich wichtig, un-gefähr gleich bekannt sind, und deren Erlernung die gewöhnliche Art der Uebung ist, die jeder sei- nem Verstande giebt. Andere hingegen sind nur das Eigenthum einer gewissen Gattung von Men- schen; die übrigen kennen sie nicht: und von der Unwissenheit bis zur Verachtung ist nur noch ein Schritt: -- sie nehmen auch keinen Theil daran. Ein solcher Unterschied war in der ersten Epoche weniger sichtbar. Der alte Dichter breitete sich also in der That über den ganzen Umfang der Na- tur, der Künste und der Geschäfte des Menschen aus. Die Beschreibung eines Wagens, eines Rades, einer Handarbeit, eines Schildes, eines Gebäudes war für ihn beynahe gleich erheblich; alles war noch neu. Heute zu Tage ist der Dich- ter in allem, was zu den Arbeiten der niedern Klassen gehört, unwissend, und der Leser in Absicht derselben ekel. Der eine ist nicht im Stande, sie zu beschreiben, und der andere hat kein Interesse, sie kennen zu lernen. der aͤlteſten und neuern Schriftſteller. macht, Gegenſtaͤnde, die allen gleich wichtig, un-gefaͤhr gleich bekannt ſind, und deren Erlernung die gewoͤhnliche Art der Uebung iſt, die jeder ſei- nem Verſtande giebt. Andere hingegen ſind nur das Eigenthum einer gewiſſen Gattung von Men- ſchen; die uͤbrigen kennen ſie nicht: und von der Unwiſſenheit bis zur Verachtung iſt nur noch ein Schritt: — ſie nehmen auch keinen Theil daran. Ein ſolcher Unterſchied war in der erſten Epoche weniger ſichtbar. Der alte Dichter breitete ſich alſo in der That uͤber den ganzen Umfang der Na- tur, der Kuͤnſte und der Geſchaͤfte des Menſchen aus. Die Beſchreibung eines Wagens, eines Rades, einer Handarbeit, eines Schildes, eines Gebaͤudes war fuͤr ihn beynahe gleich erheblich; alles war noch neu. Heute zu Tage iſt der Dich- ter in allem, was zu den Arbeiten der niedern Klaſſen gehoͤrt, unwiſſend, und der Leſer in Abſicht derſelben ekel. Der eine iſt nicht im Stande, ſie zu beſchreiben, und der andere hat kein Intereſſe, ſie kennen zu lernen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0179" n="173"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.</hi></fw><lb/> macht, Gegenſtaͤnde, die allen gleich wichtig, un-<lb/> gefaͤhr gleich bekannt ſind, und deren Erlernung<lb/> die gewoͤhnliche Art der Uebung iſt, die jeder ſei-<lb/> nem Verſtande giebt. Andere hingegen ſind nur<lb/> das Eigenthum einer gewiſſen Gattung von Men-<lb/> ſchen; die uͤbrigen kennen ſie nicht: und von der<lb/> Unwiſſenheit bis zur Verachtung iſt nur noch ein<lb/> Schritt: — ſie nehmen auch keinen Theil daran.<lb/> Ein ſolcher Unterſchied war in der erſten Epoche<lb/> weniger ſichtbar. Der alte Dichter breitete ſich<lb/> alſo in der That uͤber den ganzen Umfang der Na-<lb/> tur, der Kuͤnſte und der Geſchaͤfte des Menſchen<lb/> aus. Die Beſchreibung eines Wagens, eines<lb/> Rades, einer Handarbeit, eines Schildes, eines<lb/> Gebaͤudes war fuͤr ihn beynahe gleich erheblich;<lb/> alles war noch neu. Heute zu Tage iſt der Dich-<lb/> ter in allem, was zu den Arbeiten der niedern<lb/> Klaſſen gehoͤrt, unwiſſend, und der Leſer in Abſicht<lb/> derſelben ekel. Der eine iſt nicht im Stande, ſie<lb/> zu beſchreiben, und der andere hat kein Intereſſe,<lb/> ſie kennen zu lernen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [173/0179]
der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
macht, Gegenſtaͤnde, die allen gleich wichtig, un-
gefaͤhr gleich bekannt ſind, und deren Erlernung
die gewoͤhnliche Art der Uebung iſt, die jeder ſei-
nem Verſtande giebt. Andere hingegen ſind nur
das Eigenthum einer gewiſſen Gattung von Men-
ſchen; die uͤbrigen kennen ſie nicht: und von der
Unwiſſenheit bis zur Verachtung iſt nur noch ein
Schritt: — ſie nehmen auch keinen Theil daran.
Ein ſolcher Unterſchied war in der erſten Epoche
weniger ſichtbar. Der alte Dichter breitete ſich
alſo in der That uͤber den ganzen Umfang der Na-
tur, der Kuͤnſte und der Geſchaͤfte des Menſchen
aus. Die Beſchreibung eines Wagens, eines
Rades, einer Handarbeit, eines Schildes, eines
Gebaͤudes war fuͤr ihn beynahe gleich erheblich;
alles war noch neu. Heute zu Tage iſt der Dich-
ter in allem, was zu den Arbeiten der niedern
Klaſſen gehoͤrt, unwiſſend, und der Leſer in Abſicht
derſelben ekel. Der eine iſt nicht im Stande, ſie
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