Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

Verschiedenheiten in den Werken
zugleich eine Anzahl nüzlicher Wahrheiten und tu-
gendhafter Gesinnungen ein: vortreflich! wir
wissen ihm dafür Dank, unserer Erholung so viel
Werth in unsern eignen Augen gegeben zu haben;
-- und im Grunde würde es ihm auch ohne ir-
gend einen Einfluß des Nutzens auf unsern Geist
nicht einmal gelungen seyn, den Einfluß zu erhal-
ten, uns Vergnügen zu machen. Aber bey dem
allen wird er es doch nicht dahin bringen, daß wir
uns aus der Lesung der Dichter, (wenn wir aus
den Jahren der Erziehung heraus, und nicht selbst
Dichter oder Kunstrichter sind) eine eigentliche Ar-
beit, eine Beschäftigung machten.

Noch eine andere große Verschiedenheit in den
Werken der Schriftsteller liegt in dem Unterschiede
ihrer Sprache. Oder vielmehr, wenn man bey
den Werken einzelner Schriftsteller das, was ih-
nen, und das, was ihrer Zeit zugehört, zu leicht
vermischen kann; so kann man hingegen aus der
Vergleichung der Sprachen sicherer die Verschie-
denheiten lernen, durch welche die ganzen Natio-
nen und die ganzen Zeitalter sich charakterisiren.

Verſchiedenheiten in den Werken
zugleich eine Anzahl nuͤzlicher Wahrheiten und tu-
gendhafter Geſinnungen ein: vortreflich! wir
wiſſen ihm dafuͤr Dank, unſerer Erholung ſo viel
Werth in unſern eignen Augen gegeben zu haben;
— und im Grunde wuͤrde es ihm auch ohne ir-
gend einen Einfluß des Nutzens auf unſern Geiſt
nicht einmal gelungen ſeyn, den Einfluß zu erhal-
ten, uns Vergnuͤgen zu machen. Aber bey dem
allen wird er es doch nicht dahin bringen, daß wir
uns aus der Leſung der Dichter, (wenn wir aus
den Jahren der Erziehung heraus, und nicht ſelbſt
Dichter oder Kunſtrichter ſind) eine eigentliche Ar-
beit, eine Beſchaͤftigung machten.

Noch eine andere große Verſchiedenheit in den
Werken der Schriftſteller liegt in dem Unterſchiede
ihrer Sprache. Oder vielmehr, wenn man bey
den Werken einzelner Schriftſteller das, was ih-
nen, und das, was ihrer Zeit zugehoͤrt, zu leicht
vermiſchen kann; ſo kann man hingegen aus der
Vergleichung der Sprachen ſicherer die Verſchie-
denheiten lernen, durch welche die ganzen Natio-
nen und die ganzen Zeitalter ſich charakteriſiren.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0144" n="138"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ver&#x017F;chiedenheiten in den Werken</hi></fw><lb/>
zugleich eine Anzahl nu&#x0364;zlicher Wahrheiten und tu-<lb/>
gendhafter Ge&#x017F;innungen ein: vortreflich! wir<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en ihm dafu&#x0364;r Dank, un&#x017F;erer Erholung &#x017F;o viel<lb/>
Werth in un&#x017F;ern eignen Augen gegeben zu haben;<lb/>
&#x2014; und im Grunde wu&#x0364;rde es ihm auch ohne ir-<lb/>
gend einen Einfluß des Nutzens auf un&#x017F;ern Gei&#x017F;t<lb/>
nicht einmal gelungen &#x017F;eyn, den Einfluß zu erhal-<lb/>
ten, uns Vergnu&#x0364;gen zu machen. Aber bey dem<lb/>
allen wird er es doch nicht dahin bringen, daß wir<lb/>
uns aus der Le&#x017F;ung der Dichter, (wenn wir aus<lb/>
den Jahren der Erziehung heraus, und nicht &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
Dichter oder Kun&#x017F;trichter &#x017F;ind) eine eigentliche Ar-<lb/>
beit, eine Be&#x017F;cha&#x0364;ftigung machten.</p><lb/>
        <p>Noch eine andere große Ver&#x017F;chiedenheit in den<lb/>
Werken der Schrift&#x017F;teller liegt in dem Unter&#x017F;chiede<lb/>
ihrer Sprache. Oder vielmehr, wenn man bey<lb/>
den Werken einzelner Schrift&#x017F;teller das, was ih-<lb/>
nen, und das, was ihrer Zeit zugeho&#x0364;rt, zu leicht<lb/>
vermi&#x017F;chen kann; &#x017F;o kann man hingegen aus der<lb/>
Vergleichung der Sprachen &#x017F;icherer die Ver&#x017F;chie-<lb/>
denheiten lernen, durch welche die ganzen Natio-<lb/>
nen und die ganzen Zeitalter &#x017F;ich charakteri&#x017F;iren.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0144] Verſchiedenheiten in den Werken zugleich eine Anzahl nuͤzlicher Wahrheiten und tu- gendhafter Geſinnungen ein: vortreflich! wir wiſſen ihm dafuͤr Dank, unſerer Erholung ſo viel Werth in unſern eignen Augen gegeben zu haben; — und im Grunde wuͤrde es ihm auch ohne ir- gend einen Einfluß des Nutzens auf unſern Geiſt nicht einmal gelungen ſeyn, den Einfluß zu erhal- ten, uns Vergnuͤgen zu machen. Aber bey dem allen wird er es doch nicht dahin bringen, daß wir uns aus der Leſung der Dichter, (wenn wir aus den Jahren der Erziehung heraus, und nicht ſelbſt Dichter oder Kunſtrichter ſind) eine eigentliche Ar- beit, eine Beſchaͤftigung machten. Noch eine andere große Verſchiedenheit in den Werken der Schriftſteller liegt in dem Unterſchiede ihrer Sprache. Oder vielmehr, wenn man bey den Werken einzelner Schriftſteller das, was ih- nen, und das, was ihrer Zeit zugehoͤrt, zu leicht vermiſchen kann; ſo kann man hingegen aus der Vergleichung der Sprachen ſicherer die Verſchie- denheiten lernen, durch welche die ganzen Natio- nen und die ganzen Zeitalter ſich charakteriſiren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/144
Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/144>, abgerufen am 23.11.2024.