der natürlichen Triebfedern; dahingegen uns diese zugleich daran gewöhnen, den innern Bau der Dinge und die Ursachen von den Begebenheiten zu erforschen. Wir wissen izt vielleicht weniger, wie die Dinge aussehen, aber wir wissen besser, was sie sind.
Dieser Unterschied nun in der Mühe oder Leichtigkeit, mit der wir gewisse Ideen bekommen, hat selbst auf die Gestalt dieser Ideen einen großen Einfluß. Wo eine Mühe überwunden werden soll, da müssen wir eine Begierde haben, deren Befriedigung der Beschwerlichkeit der Arbeit werth ist; da müssen wir uns eine Absicht vorsetzen, Mittel wählen; uns selbst zur Anwendung unsrer Kraft auffodern; sie, wenn sie ermüdet, oder sich von dem Gegenstande verliert, zurückbringen und festhalten; sie in ihren Operationen nach einem Plane leiten; dem natürlichen Fortgange unsrer Vorstellungen durch einen künstlichen entgegen ar- beiten. Alle Begriffe, die auf diese Art entstehen, sind mehr unser Werk, als das Werk der Dinge, die wir betrachten. Unsre Regeln, unsre vorher-
Verſchiedenheiten in den Werken
der natuͤrlichen Triebfedern; dahingegen uns dieſe zugleich daran gewoͤhnen, den innern Bau der Dinge und die Urſachen von den Begebenheiten zu erforſchen. Wir wiſſen izt vielleicht weniger, wie die Dinge ausſehen, aber wir wiſſen beſſer, was ſie ſind.
Dieſer Unterſchied nun in der Muͤhe oder Leichtigkeit, mit der wir gewiſſe Ideen bekommen, hat ſelbſt auf die Geſtalt dieſer Ideen einen großen Einfluß. Wo eine Muͤhe uͤberwunden werden ſoll, da muͤſſen wir eine Begierde haben, deren Befriedigung der Beſchwerlichkeit der Arbeit werth iſt; da muͤſſen wir uns eine Abſicht vorſetzen, Mittel waͤhlen; uns ſelbſt zur Anwendung unſrer Kraft auffodern; ſie, wenn ſie ermuͤdet, oder ſich von dem Gegenſtande verliert, zuruͤckbringen und feſthalten; ſie in ihren Operationen nach einem Plane leiten; dem natuͤrlichen Fortgange unſrer Vorſtellungen durch einen kuͤnſtlichen entgegen ar- beiten. Alle Begriffe, die auf dieſe Art entſtehen, ſind mehr unſer Werk, als das Werk der Dinge, die wir betrachten. Unſre Regeln, unſre vorher-
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Verſchiedenheiten in den Werken
der natuͤrlichen Triebfedern; dahingegen uns dieſe
zugleich daran gewoͤhnen, den innern Bau der
Dinge und die Urſachen von den Begebenheiten
zu erforſchen. Wir wiſſen izt vielleicht weniger,
wie die Dinge ausſehen, aber wir wiſſen beſſer,
was ſie ſind.
Dieſer Unterſchied nun in der Muͤhe oder
Leichtigkeit, mit der wir gewiſſe Ideen bekommen,
hat ſelbſt auf die Geſtalt dieſer Ideen einen großen
Einfluß. Wo eine Muͤhe uͤberwunden werden
ſoll, da muͤſſen wir eine Begierde haben, deren
Befriedigung der Beſchwerlichkeit der Arbeit werth
iſt; da muͤſſen wir uns eine Abſicht vorſetzen,
Mittel waͤhlen; uns ſelbſt zur Anwendung unſrer
Kraft auffodern; ſie, wenn ſie ermuͤdet, oder ſich
von dem Gegenſtande verliert, zuruͤckbringen und
feſthalten; ſie in ihren Operationen nach einem
Plane leiten; dem natuͤrlichen Fortgange unſrer
Vorſtellungen durch einen kuͤnſtlichen entgegen ar-
beiten. Alle Begriffe, die auf dieſe Art entſtehen,
ſind mehr unſer Werk, als das Werk der Dinge,
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/138>, abgerufen am 23.11.2024.
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