eine schöne Gegend sey, und wie die Sonne auf und untergehe. Die Abwechselung der Jahres, und der Tageszeiten, die verschiedenen Gestalten der Natur, die sichtbaren Eigenschaften und Ver- änderungen der Pflanzen und Thiere gleiten, ih- rer Gewöhnlichkeit und unsrer Zerstreuung wegen, nur über die Oberfläche unserer Seele weg, und berühren sie kaum, wenn wir sie nicht zuvor schon durch Beschreibungen haben kennen lernen. Erst durch die Kopien werden wir auf die Originale aufmerksam, weil wir in der Vergleichung zwischen beiden eine Beschäftigung finden, die mehr nach unsrer itzigen Denkungsart ist, als die freye Be- obachtung selbst.
Was die Kenntniß betrifft, die der Mensch nur von Menschen und durch seine Verbindung mit ihnen bekommen kann; so scheint es zwar, daß unser itziger Zustand uns weit gesellschaftli- cher gemacht, uns in mannichfaltigere Verhält- nisse mit andern Menschen gesetzt habe, und sie uns also auch von mehrern Seiten kennen lehre. Und das ist in gewissem Verstande auch wahr.
der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
eine ſchoͤne Gegend ſey, und wie die Sonne auf und untergehe. Die Abwechſelung der Jahres, und der Tageszeiten, die verſchiedenen Geſtalten der Natur, die ſichtbaren Eigenſchaften und Ver- aͤnderungen der Pflanzen und Thiere gleiten, ih- rer Gewoͤhnlichkeit und unſrer Zerſtreuung wegen, nur uͤber die Oberflaͤche unſerer Seele weg, und beruͤhren ſie kaum, wenn wir ſie nicht zuvor ſchon durch Beſchreibungen haben kennen lernen. Erſt durch die Kopien werden wir auf die Originale aufmerkſam, weil wir in der Vergleichung zwiſchen beiden eine Beſchaͤftigung finden, die mehr nach unſrer itzigen Denkungsart iſt, als die freye Be- obachtung ſelbſt.
Was die Kenntniß betrifft, die der Menſch nur von Menſchen und durch ſeine Verbindung mit ihnen bekommen kann; ſo ſcheint es zwar, daß unſer itziger Zuſtand uns weit geſellſchaftli- cher gemacht, uns in mannichfaltigere Verhaͤlt- niſſe mit andern Menſchen geſetzt habe, und ſie uns alſo auch von mehrern Seiten kennen lehre. Und das iſt in gewiſſem Verſtande auch wahr.
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der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
eine ſchoͤne Gegend ſey, und wie die Sonne auf
und untergehe. Die Abwechſelung der Jahres,
und der Tageszeiten, die verſchiedenen Geſtalten
der Natur, die ſichtbaren Eigenſchaften und Ver-
aͤnderungen der Pflanzen und Thiere gleiten, ih-
rer Gewoͤhnlichkeit und unſrer Zerſtreuung wegen,
nur uͤber die Oberflaͤche unſerer Seele weg, und
beruͤhren ſie kaum, wenn wir ſie nicht zuvor ſchon
durch Beſchreibungen haben kennen lernen. Erſt
durch die Kopien werden wir auf die Originale
aufmerkſam, weil wir in der Vergleichung zwiſchen
beiden eine Beſchaͤftigung finden, die mehr nach
unſrer itzigen Denkungsart iſt, als die freye Be-
obachtung ſelbſt.
Was die Kenntniß betrifft, die der Menſch
nur von Menſchen und durch ſeine Verbindung
mit ihnen bekommen kann; ſo ſcheint es zwar,
daß unſer itziger Zuſtand uns weit geſellſchaftli-
cher gemacht, uns in mannichfaltigere Verhaͤlt-
niſſe mit andern Menſchen geſetzt habe, und ſie
uns alſo auch von mehrern Seiten kennen lehre.
Und das iſt in gewiſſem Verſtande auch wahr.
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/129>, abgerufen am 16.07.2024.
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