der bloß philosophirende Verstand für die Theorie, der andre für die Ausübung ist; der eine Gelehr- te, der andre Leute von Geschäften oder Künstler macht. Huart hat diesen Theil unsrer Materie schon sehr gut abgehandelt, und wir brauchen also nichts als einige Anmerkungen zu machen, die sich hauptsächlich auf die Wissenschaften einschrän- ken sollen.
Unter der Klasse von Menschen, die man Ge- lehrte nennt, sind einige bloß dazu bestimmt, die schon bekannten Wahrheiten fortzupflanzen, und die Wissenschaft zu lehren; andere, sie zu erwei- tern: die dritten, sie auf das menschliche Leben und den wirklichen Nutzen der Gesellschaft anzu- wenden. Man würde sehr unrecht thun, wenn man lauter Genies für die Wissenschaften foderte, da es doch eine Menge von Aemtern und Verrichtungen giebt, die einen Gelehrten fodern, und die ohne Genies besser bestellt werden. Gesunder Verstand, (bon sens) das heißt, eine nicht sehr tiefsinnige, aber doch richtige Vernunft, die sich an den ge- wöhnlichen Gegenständen der menschlichen Kennt-
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der Faͤhigkeiten.
der bloß philoſophirende Verſtand fuͤr die Theorie, der andre fuͤr die Ausuͤbung iſt; der eine Gelehr- te, der andre Leute von Geſchaͤften oder Kuͤnſtler macht. Huart hat dieſen Theil unſrer Materie ſchon ſehr gut abgehandelt, und wir brauchen alſo nichts als einige Anmerkungen zu machen, die ſich hauptſaͤchlich auf die Wiſſenſchaften einſchraͤn- ken ſollen.
Unter der Klaſſe von Menſchen, die man Ge- lehrte nennt, ſind einige bloß dazu beſtimmt, die ſchon bekannten Wahrheiten fortzupflanzen, und die Wiſſenſchaft zu lehren; andere, ſie zu erwei- tern: die dritten, ſie auf das menſchliche Leben und den wirklichen Nutzen der Geſellſchaft anzu- wenden. Man wuͤrde ſehr unrecht thun, wenn man lauter Genies fuͤr die Wiſſenſchaften foderte, da es doch eine Menge von Aemtern und Verrichtungen giebt, die einen Gelehrten fodern, und die ohne Genies beſſer beſtellt werden. Geſunder Verſtand, (bon ſens) das heißt, eine nicht ſehr tiefſinnige, aber doch richtige Vernunft, die ſich an den ge- woͤhnlichen Gegenſtaͤnden der menſchlichen Kennt-
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der Faͤhigkeiten.
der bloß philoſophirende Verſtand fuͤr die Theorie,
der andre fuͤr die Ausuͤbung iſt; der eine Gelehr-
te, der andre Leute von Geſchaͤften oder Kuͤnſtler
macht. Huart hat dieſen Theil unſrer Materie
ſchon ſehr gut abgehandelt, und wir brauchen alſo
nichts als einige Anmerkungen zu machen, die
ſich hauptſaͤchlich auf die Wiſſenſchaften einſchraͤn-
ken ſollen.
Unter der Klaſſe von Menſchen, die man Ge-
lehrte nennt, ſind einige bloß dazu beſtimmt, die
ſchon bekannten Wahrheiten fortzupflanzen, und
die Wiſſenſchaft zu lehren; andere, ſie zu erwei-
tern: die dritten, ſie auf das menſchliche Leben
und den wirklichen Nutzen der Geſellſchaft anzu-
wenden. Man wuͤrde ſehr unrecht thun, wenn man
lauter Genies fuͤr die Wiſſenſchaften foderte, da es
doch eine Menge von Aemtern und Verrichtungen
giebt, die einen Gelehrten fodern, und die ohne
Genies beſſer beſtellt werden. Geſunder Verſtand,
(bon ſens) das heißt, eine nicht ſehr tiefſinnige,
aber doch richtige Vernunft, die ſich an den ge-
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/111>, abgerufen am 23.11.2024.
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