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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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[Abbildung] Fig. 1.

Schafwolle.

Ursache des rauhen Anfühlens der Wolle und
verleiht ihr die Fähigkeit, sich zu filzen; diese
Fähigkeit zeigt sich in erhöhtem Maße bei der
gleichzeitigen Behandlung von knetendem Druck
und heißem Wasserdampf, wie das beim Walken
der Fall ist.

Bei genauerer Betrachtung unter dem
Mikroskop zeigen sich drei verschiedene Schichten:
1. Die schon oben als der Wollfaser eigentümlich
bezeichneten schuppigen Plättchen (Epithelsub-
stanz
). 2. Die darunter liegende eigentliche,
entweder farblose oder farbige Fasersubstanz.
3. Die Marksubstanz. Während die beiden
ersteren stets vorhanden sind, kann die letzte (wie
z. B. bei Merinowolle) fehlen, oder aber (wie bei
der Vicunnawolle) besonders stark entwickelt sein.

Herkunft. Von den Tieren, welche uns die Wolle liefern, sind zu nennen:

1. Das Schaf (Ovis aries) mit seinen verschiedenen Abarten. Die-
ses liefert die Schafwolle. Als besonders hervorragend gilt das Merino-
schaf
, dessen Wolle bis vor etwa 100 Jahren als die feinste und beste
galt. Das Merinoschaf ist in Spanien heimisch und zeichnet sich durch
ganz gleichmäßige, fein gekräuselte Wolle aus, ohne mit stärkern Wollfasern
durchmischt zu sein. Die Vorzüglichkeit der Merinowolle Fig. 2 war die
Ursache der in allen Ländern Euro-
pas, Amerikas, Afrikas und Australiens
emporblühenden Merinozüchterei.
1765 erhielt der Kurfürst von Sachsen
die ersten Merinoschafe aus Spanien,
und noch heute blüht in Sachsen die Me-
rinozüchterei (z. B. auf dem Königl.
Kammergute Lohmen).

Heute kommt die größte Menge
Wolle aus Rußland, dann folgt Nord-
amerika, dann Australien; in Europa
nimmt Deutschland erst die sechste Stelle
ein (mit 24,5 Mill. Centner Gesamt-
produktion in 1885). Auch die an-
dern Schafracen: das deutsche Landschaf,
das in der Lüneburger Haide heimische
Haideschaf (Haidschnucke), das südrussi-
sche Zackelschaf und das englische Schaf,
sowie neuere andere Abarten und Ra-
cen liefern Wolle, über deren Handels-
marken weiter unten näheres.

[Abbildung] Fig. 2.

Merinowolle.

2. Die Kaschmirziege (Capra hircus laniger), eine in den Hoch-
gebirgen von Kaschmir und Thibet, im nordwestlichen Himalaya (Ostindien)
heimische und in Frankreich gezüchtete Ziege, deren feines wolliges Flaumhaar
die Kaschmir- und Thibetwolle liefert. Diese ist weiß, gelblich oder braun
und besteht aus sehr feinen, 7 bis 8 cm langen, 13 bis 20 µ dicken,


[Abbildung] Fig. 1.

Schafwolle.

Urſache des rauhen Anfühlens der Wolle und
verleiht ihr die Fähigkeit, ſich zu filzen; dieſe
Fähigkeit zeigt ſich in erhöhtem Maße bei der
gleichzeitigen Behandlung von knetendem Druck
und heißem Waſſerdampf, wie das beim Walken
der Fall iſt.

Bei genauerer Betrachtung unter dem
Mikroſkop zeigen ſich drei verſchiedene Schichten:
1. Die ſchon oben als der Wollfaſer eigentümlich
bezeichneten ſchuppigen Plättchen (Epithelſub-
ſtanz
). 2. Die darunter liegende eigentliche,
entweder farbloſe oder farbige Faſerſubſtanz.
3. Die Markſubſtanz. Während die beiden
erſteren ſtets vorhanden ſind, kann die letzte (wie
z. B. bei Merinowolle) fehlen, oder aber (wie bei
der Vicunnawolle) beſonders ſtark entwickelt ſein.

Herkunft. Von den Tieren, welche uns die Wolle liefern, ſind zu nennen:

1. Das Schaf (Ovis aries) mit ſeinen verſchiedenen Abarten. Die-
ſes liefert die Schafwolle. Als beſonders hervorragend gilt das Merino-
ſchaf
, deſſen Wolle bis vor etwa 100 Jahren als die feinſte und beſte
galt. Das Merinoſchaf iſt in Spanien heimiſch und zeichnet ſich durch
ganz gleichmäßige, fein gekräuſelte Wolle aus, ohne mit ſtärkern Wollfaſern
durchmiſcht zu ſein. Die Vorzüglichkeit der Merinowolle Fig. 2 war die
Urſache der in allen Ländern Euro-
pas, Amerikas, Afrikas und Auſtraliens
emporblühenden Merinozüchterei.
1765 erhielt der Kurfürſt von Sachſen
die erſten Merinoſchafe aus Spanien,
und noch heute blüht in Sachſen die Me-
rinozüchterei (z. B. auf dem Königl.
Kammergute Lohmen).

Heute kommt die größte Menge
Wolle aus Rußland, dann folgt Nord-
amerika, dann Auſtralien; in Europa
nimmt Deutſchland erſt die ſechſte Stelle
ein (mit 24,5 Mill. Centner Geſamt-
produktion in 1885). Auch die an-
dern Schafracen: das deutſche Landſchaf,
das in der Lüneburger Haide heimiſche
Haideſchaf (Haidſchnucke), das ſüdruſſi-
ſche Zackelſchaf und das engliſche Schaf,
ſowie neuere andere Abarten und Ra-
cen liefern Wolle, über deren Handels-
marken weiter unten näheres.

[Abbildung] Fig. 2.

Merinowolle.

2. Die Kaſchmirziege (Capra hircus laniger), eine in den Hoch-
gebirgen von Kaſchmir und Thibet, im nordweſtlichen Himalaya (Oſtindien)
heimiſche und in Frankreich gezüchtete Ziege, deren feines wolliges Flaumhaar
die Kaſchmir- und Thibetwolle liefert. Dieſe iſt weiß, gelblich oder braun
und beſteht aus ſehr feinen, 7 bis 8 cm langen, 13 bis 20 µ dicken,

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[12/0038] [Abbildung Fig. 1. Schafwolle.] Urſache des rauhen Anfühlens der Wolle und verleiht ihr die Fähigkeit, ſich zu filzen; dieſe Fähigkeit zeigt ſich in erhöhtem Maße bei der gleichzeitigen Behandlung von knetendem Druck und heißem Waſſerdampf, wie das beim Walken der Fall iſt. Bei genauerer Betrachtung unter dem Mikroſkop zeigen ſich drei verſchiedene Schichten: 1. Die ſchon oben als der Wollfaſer eigentümlich bezeichneten ſchuppigen Plättchen (Epithelſub- ſtanz). 2. Die darunter liegende eigentliche, entweder farbloſe oder farbige Faſerſubſtanz. 3. Die Markſubſtanz. Während die beiden erſteren ſtets vorhanden ſind, kann die letzte (wie z. B. bei Merinowolle) fehlen, oder aber (wie bei der Vicunnawolle) beſonders ſtark entwickelt ſein. Herkunft. Von den Tieren, welche uns die Wolle liefern, ſind zu nennen: 1. Das Schaf (Ovis aries) mit ſeinen verſchiedenen Abarten. Die- ſes liefert die Schafwolle. Als beſonders hervorragend gilt das Merino- ſchaf, deſſen Wolle bis vor etwa 100 Jahren als die feinſte und beſte galt. Das Merinoſchaf iſt in Spanien heimiſch und zeichnet ſich durch ganz gleichmäßige, fein gekräuſelte Wolle aus, ohne mit ſtärkern Wollfaſern durchmiſcht zu ſein. Die Vorzüglichkeit der Merinowolle Fig. 2 war die Urſache der in allen Ländern Euro- pas, Amerikas, Afrikas und Auſtraliens emporblühenden Merinozüchterei. 1765 erhielt der Kurfürſt von Sachſen die erſten Merinoſchafe aus Spanien, und noch heute blüht in Sachſen die Me- rinozüchterei (z. B. auf dem Königl. Kammergute Lohmen). Heute kommt die größte Menge Wolle aus Rußland, dann folgt Nord- amerika, dann Auſtralien; in Europa nimmt Deutſchland erſt die ſechſte Stelle ein (mit 24,5 Mill. Centner Geſamt- produktion in 1885). Auch die an- dern Schafracen: das deutſche Landſchaf, das in der Lüneburger Haide heimiſche Haideſchaf (Haidſchnucke), das ſüdruſſi- ſche Zackelſchaf und das engliſche Schaf, ſowie neuere andere Abarten und Ra- cen liefern Wolle, über deren Handels- marken weiter unten näheres. [Abbildung Fig. 2. Merinowolle.] 2. Die Kaſchmirziege (Capra hircus laniger), eine in den Hoch- gebirgen von Kaſchmir und Thibet, im nordweſtlichen Himalaya (Oſtindien) heimiſche und in Frankreich gezüchtete Ziege, deren feines wolliges Flaumhaar die Kaſchmir- und Thibetwolle liefert. Dieſe iſt weiß, gelblich oder braun und beſteht aus ſehr feinen, 7 bis 8 cm langen, 13 bis 20 µ dicken,

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/38>, abgerufen am 23.11.2024.