zurückbleibende Gehäuse oder Nest; es stellt ein mit Karminsäure rot ge- färbtes Harz vor und bildet so das Ausgangsmaterial zur Bereitung des Schellacks, wobei das Lac-dye als ein den roten Farbstoff des Körnerlacks enthaltendes Nebenprodukt gewonnen wird. Zu seiner Gewinnung wird der Stocklack mit verdünnter Sodalösung extrahiert und die filtrierte Lösung mit Alaun gefällt. Der Niederschlag wird ausgepreßt, getrocknet und in vier- eckige Stücke geformt. Das Lac-dye ist also ein richtiger Farblack und als solcher weiter unten behandelt. In dieser Form enthält Lac-dye ca. 50 Prozent Karminsäure, 20 Prozent Thonerde und 30 Prozent Harz.
Der Lac-dye wird vornehmlich in der Wollenfärberei angewendet, und zwar mit Zinnsalz zusammen zur Erzeugung von Scharlach, ist aber fast ganz durch Anilinfarben verdrängt.
4. Purree. Dieses ist ein aus Indien und China kommendes Roh- material von höchst zweifelhafter Abstammung und enthält als gelb färbendes Prinzip die Euxanthinsäure, an Magnesia gebunden, in Form seiden- glänzender, gelblicher, in Wasser, Alkohol und Aether in der Wärme leicht löslicher Nadeln. Ueber die eigentliche Herkunft ist etwas Verläßliches bis- her nicht zu erfahren gewesen; es soll nach Stenhouse in der Hauptsache aus dem Harne von Kameelen, welche mit den Blättern von Mangostana magnifera gefüttert worden sind, gewonnen sein. Weitere zuverlässige Nach- richten über dasselbe fehlen bis jetzt.
§ 24. Charakteristik der pflanzlichen Farbstoffe.
Unendlich mannigfaltiger, als die Anzahl der Farbmaterialien, welche das Tierreich liefert, ist die Zahl der Farbstoffe, welche pflanzlichen Ursprungs sind; ja, wir könnten mit Fug und Recht von einer Unzahl sprechen, denn die Pflanzenwelt bietet uns eine fast unerschöpfliche Menge von Stoffen, welche entweder
1. in der lebenden Pflanze bereits als wirkliche Farbstoffe vorgebildet sind, bisweilen auch erst beim Absterben der Pflanze oder des betreffenden Pflanzenteils entstehen; oder
2. in der Pflanze noch nicht als Farbstoff enthalten sind, sondern als meist gänzlich farblose Körper, welche erst durch irgend welche chemischen Pro- zesse, bisweilen schon durch bloßes Stehen an der Luft (Sauerstoffauf- nahme), sich in Farbstoff umwandeln. Erstere werden dann auch allgemein als Pflanzenfarbstoffe, die letzteren dagegen als Chromogene bezeichnet. Als Beispiel gilt für die Pflanzenfarbstoffe der Safflor, welcher in den Blüten als solcher enthalten ist, für die Chromogene das Indican, jener farblose Pflanzensaft, welcher in der Indigopflanze enthalten ist und erst durch Oxydation den Indigo zu bilden vermag.
Nicht alle in den Pflanzen vorhandenen Farbstoffe sind jedoch technisch verwendbar. Unter diesen für Färbereizwecke unverwendbaren steht obenan das Chlorophyll oder Blattgrün; ebenso ist der gelbe und rote Farb- stoff der Blätter (welche Farben diese vornehmlich im Herbste zeigen), tech- nisch nicht verwendbar.
Die für unsere Zwecke wichtigen und verwendbaren Farbstoffe finden sich nur ausnahmsweise in der ganzen Pflanze gleichmäßig verteilt, sondern
zurückbleibende Gehäuſe oder Neſt; es ſtellt ein mit Karminſäure rot ge- färbtes Harz vor und bildet ſo das Ausgangsmaterial zur Bereitung des Schellacks, wobei das Lac-dye als ein den roten Farbſtoff des Körnerlacks enthaltendes Nebenprodukt gewonnen wird. Zu ſeiner Gewinnung wird der Stocklack mit verdünnter Sodalöſung extrahiert und die filtrierte Löſung mit Alaun gefällt. Der Niederſchlag wird ausgepreßt, getrocknet und in vier- eckige Stücke geformt. Das Lac-dye iſt alſo ein richtiger Farblack und als ſolcher weiter unten behandelt. In dieſer Form enthält Lac-dye ca. 50 Prozent Karminſäure, 20 Prozent Thonerde und 30 Prozent Harz.
Der Lac-dye wird vornehmlich in der Wollenfärberei angewendet, und zwar mit Zinnſalz zuſammen zur Erzeugung von Scharlach, iſt aber faſt ganz durch Anilinfarben verdrängt.
4. Purrée. Dieſes iſt ein aus Indien und China kommendes Roh- material von höchſt zweifelhafter Abſtammung und enthält als gelb färbendes Prinzip die Euxanthinſäure, an Magneſia gebunden, in Form ſeiden- glänzender, gelblicher, in Waſſer, Alkohol und Aether in der Wärme leicht löslicher Nadeln. Ueber die eigentliche Herkunft iſt etwas Verläßliches bis- her nicht zu erfahren geweſen; es ſoll nach Stenhouſe in der Hauptſache aus dem Harne von Kameelen, welche mit den Blättern von Mangostana magnifera gefüttert worden ſind, gewonnen ſein. Weitere zuverläſſige Nach- richten über dasſelbe fehlen bis jetzt.
§ 24. Charakteriſtik der pflanzlichen Farbſtoffe.
Unendlich mannigfaltiger, als die Anzahl der Farbmaterialien, welche das Tierreich liefert, iſt die Zahl der Farbſtoffe, welche pflanzlichen Urſprungs ſind; ja, wir könnten mit Fug und Recht von einer Unzahl ſprechen, denn die Pflanzenwelt bietet uns eine faſt unerſchöpfliche Menge von Stoffen, welche entweder
1. in der lebenden Pflanze bereits als wirkliche Farbſtoffe vorgebildet ſind, bisweilen auch erſt beim Abſterben der Pflanze oder des betreffenden Pflanzenteils entſtehen; oder
2. in der Pflanze noch nicht als Farbſtoff enthalten ſind, ſondern als meiſt gänzlich farbloſe Körper, welche erſt durch irgend welche chemiſchen Pro- zeſſe, bisweilen ſchon durch bloßes Stehen an der Luft (Sauerſtoffauf- nahme), ſich in Farbſtoff umwandeln. Erſtere werden dann auch allgemein als Pflanzenfarbſtoffe, die letzteren dagegen als Chromogene bezeichnet. Als Beiſpiel gilt für die Pflanzenfarbſtoffe der Safflor, welcher in den Blüten als ſolcher enthalten iſt, für die Chromogene das Indican, jener farbloſe Pflanzenſaft, welcher in der Indigopflanze enthalten iſt und erſt durch Oxydation den Indigo zu bilden vermag.
Nicht alle in den Pflanzen vorhandenen Farbſtoffe ſind jedoch techniſch verwendbar. Unter dieſen für Färbereizwecke unverwendbaren ſteht obenan das Chlorophyll oder Blattgrün; ebenſo iſt der gelbe und rote Farb- ſtoff der Blätter (welche Farben dieſe vornehmlich im Herbſte zeigen), tech- niſch nicht verwendbar.
Die für unſere Zwecke wichtigen und verwendbaren Farbſtoffe finden ſich nur ausnahmsweiſe in der ganzen Pflanze gleichmäßig verteilt, ſondern
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[95/0121]
zurückbleibende Gehäuſe oder Neſt; es ſtellt ein mit Karminſäure rot ge-
färbtes Harz vor und bildet ſo das Ausgangsmaterial zur Bereitung des
Schellacks, wobei das Lac-dye als ein den roten Farbſtoff des Körnerlacks
enthaltendes Nebenprodukt gewonnen wird. Zu ſeiner Gewinnung wird der
Stocklack mit verdünnter Sodalöſung extrahiert und die filtrierte Löſung mit
Alaun gefällt. Der Niederſchlag wird ausgepreßt, getrocknet und in vier-
eckige Stücke geformt. Das Lac-dye iſt alſo ein richtiger Farblack und als
ſolcher weiter unten behandelt. In dieſer Form enthält Lac-dye ca. 50 Prozent
Karminſäure, 20 Prozent Thonerde und 30 Prozent Harz.
Der Lac-dye wird vornehmlich in der Wollenfärberei angewendet, und
zwar mit Zinnſalz zuſammen zur Erzeugung von Scharlach, iſt aber faſt
ganz durch Anilinfarben verdrängt.
4. Purrée. Dieſes iſt ein aus Indien und China kommendes Roh-
material von höchſt zweifelhafter Abſtammung und enthält als gelb färbendes
Prinzip die Euxanthinſäure, an Magneſia gebunden, in Form ſeiden-
glänzender, gelblicher, in Waſſer, Alkohol und Aether in der Wärme leicht
löslicher Nadeln. Ueber die eigentliche Herkunft iſt etwas Verläßliches bis-
her nicht zu erfahren geweſen; es ſoll nach Stenhouſe in der Hauptſache
aus dem Harne von Kameelen, welche mit den Blättern von Mangostana
magnifera gefüttert worden ſind, gewonnen ſein. Weitere zuverläſſige Nach-
richten über dasſelbe fehlen bis jetzt.
§ 24. Charakteriſtik der pflanzlichen Farbſtoffe.
Unendlich mannigfaltiger, als die Anzahl der Farbmaterialien, welche
das Tierreich liefert, iſt die Zahl der Farbſtoffe, welche pflanzlichen Urſprungs
ſind; ja, wir könnten mit Fug und Recht von einer Unzahl ſprechen, denn
die Pflanzenwelt bietet uns eine faſt unerſchöpfliche Menge von Stoffen,
welche entweder
1. in der lebenden Pflanze bereits als wirkliche Farbſtoffe vorgebildet
ſind, bisweilen auch erſt beim Abſterben der Pflanze oder des betreffenden
Pflanzenteils entſtehen; oder
2. in der Pflanze noch nicht als Farbſtoff enthalten ſind, ſondern als
meiſt gänzlich farbloſe Körper, welche erſt durch irgend welche chemiſchen Pro-
zeſſe, bisweilen ſchon durch bloßes Stehen an der Luft (Sauerſtoffauf-
nahme), ſich in Farbſtoff umwandeln. Erſtere werden dann auch allgemein
als Pflanzenfarbſtoffe, die letzteren dagegen als Chromogene bezeichnet.
Als Beiſpiel gilt für die Pflanzenfarbſtoffe der Safflor, welcher in den
Blüten als ſolcher enthalten iſt, für die Chromogene das Indican, jener
farbloſe Pflanzenſaft, welcher in der Indigopflanze enthalten iſt und erſt
durch Oxydation den Indigo zu bilden vermag.
Nicht alle in den Pflanzen vorhandenen Farbſtoffe ſind jedoch techniſch
verwendbar. Unter dieſen für Färbereizwecke unverwendbaren ſteht obenan
das Chlorophyll oder Blattgrün; ebenſo iſt der gelbe und rote Farb-
ſtoff der Blätter (welche Farben dieſe vornehmlich im Herbſte zeigen), tech-
niſch nicht verwendbar.
Die für unſere Zwecke wichtigen und verwendbaren Farbſtoffe finden
ſich nur ausnahmsweiſe in der ganzen Pflanze gleichmäßig verteilt, ſondern
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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/121>, abgerufen am 23.07.2024.
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