Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.1. Ammoniakalische Cochenille und 2. Cochenillelack (Groseillelack und Unter dem Namen Cochenille wurden auch noch zwei andere Sorten a) Porphyrophora polonica Br. (Coccus polonica), die deutsche oder polnische Cochenille, auch Johannisblut genannt; sie lebt von der Wurzel mehrerer Pflanzen (Scleranthus, Herniaria, Hieracium) in Deutsch- land, Polen und Rußland, ist größer als die echte Nopalschildlaus, enthält denselben Farbstoff, wie jene, aber in geringerer Menge, und ist daher minderwertig. b) Porphyrophora Duhamelii Br., armenische oder Wurzel- Cochenille; lebt von der Wurzel von Poa pungens in Armenien. Beide Sorten waren früher mehrfach in Verwendung, sind jetzt aber fast vollständig außer Gebrauch. 2. Der Kermes. Der Kermes, auch Kermesbeeren *), Kermeskörner, Kermes, war im Altertum, als man die Cochenille noch nicht kannte, 3. Lac-dye oder Lacklack. Das unter diesem Namen in den Han- *) Der grundfalsche Name Kermesbeeren kommt daher, daß man den Kermes
anfänglich für die Früchte oder Beeren des Baumes hielt, auf denen das Insekt lebt. 1. Ammoniakaliſche Cochenille und 2. Cochenillelack (Groſeillelack und Unter dem Namen Cochenille wurden auch noch zwei andere Sorten a) Porphyrophora polonica Br. (Coccus polonica), die deutſche oder polniſche Cochenille, auch Johannisblut genannt; ſie lebt von der Wurzel mehrerer Pflanzen (Scleranthus, Herniaria, Hieracium) in Deutſch- land, Polen und Rußland, iſt größer als die echte Nopalſchildlaus, enthält denſelben Farbſtoff, wie jene, aber in geringerer Menge, und iſt daher minderwertig. b) Porphyrophora Duhamelii Br., armeniſche oder Wurzel- Cochenille; lebt von der Wurzel von Poa pungens in Armenien. Beide Sorten waren früher mehrfach in Verwendung, ſind jetzt aber faſt vollſtändig außer Gebrauch. 2. Der Kermes. Der Kermes, auch Kermesbeeren *), Kermeskörner, Kermes, war im Altertum, als man die Cochenille noch nicht kannte, 3. Lac-dye oder Lacklack. Das unter dieſem Namen in den Han- *) Der grundfalſche Name Kermesbeeren kommt daher, daß man den Kermes
anfänglich für die Früchte oder Beeren des Baumes hielt, auf denen das Inſekt lebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0120" n="94"/> 1. Ammoniakaliſche Cochenille und 2. Cochenillelack (Groſeillelack und<lb/> Ponceaulack. S. Farbſtoffpräparate).</p><lb/> <p>Unter dem Namen <hi rendition="#g">Cochenille</hi> wurden auch noch zwei andere Sorten<lb/> Schildläufe angewendet, und zwar:</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">a) Porphyrophora polonica <hi rendition="#i">Br</hi>. (Coccus polonica),</hi> die <hi rendition="#g">deutſche</hi><lb/> oder <hi rendition="#g">polniſche Cochenille</hi>, auch Johannisblut genannt; ſie lebt von der<lb/> Wurzel mehrerer Pflanzen (<hi rendition="#aq">Scleranthus, Herniaria, Hieracium</hi>) in Deutſch-<lb/> land, Polen und Rußland, iſt größer als die echte Nopalſchildlaus, enthält<lb/> denſelben Farbſtoff, wie jene, aber in geringerer Menge, und iſt daher<lb/> minderwertig.</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">b) Porphyrophora Duhamelii <hi rendition="#i">Br</hi>.,</hi><hi rendition="#g">armeniſche</hi> oder <hi rendition="#g">Wurzel-<lb/> Cochenille</hi>; lebt von der Wurzel von <hi rendition="#aq">Poa pungens</hi> in Armenien. Beide<lb/> Sorten waren früher mehrfach in Verwendung, ſind jetzt aber faſt vollſtändig<lb/> außer Gebrauch.</item> </list><lb/> <p>2. <hi rendition="#b">Der Kermes.</hi> Der Kermes, auch Kermesbeeren <note place="foot" n="*)">Der grundfalſche Name Kermesbeeren kommt daher, daß man den Kermes<lb/> anfänglich für die <hi rendition="#g">Früchte</hi> oder <hi rendition="#g">Beeren</hi> des Baumes hielt, auf denen das<lb/> Inſekt lebt.</note>, Kermeskörner,<lb/> Scharlachkörner, Purpurkörner, Karmoiſinbeeren, beſteht aus den getrockneten<lb/> Weibchen der <hi rendition="#g">Kermes</hi>- oder <hi rendition="#g">Karmoiſinſchildlaus</hi>, <hi rendition="#aq">Lecanium Ilicis <hi rendition="#i">Ill</hi>.<lb/> (Coccus Ilicis <hi rendition="#i">L</hi>.</hi>), welche ſich in Südeuropa und im Orient an den Zwei-<lb/> gen, ſeltener an den Blättern von <hi rendition="#aq">Quercus coccifera <hi rendition="#i">L</hi>.</hi> vorfindet. Die<lb/> Gewinnung des Kermes wird in ganz der gleichen Weiſe gehandhabt, wie<lb/> bei der Cochenille, und zwar findet dieſelbe kurz vor dem Abſetzen der Brut<lb/> ſtatt, vor Sonnenaufgang und mittels Abkratzens mit den Nägeln; nach dem<lb/> Sammeln werden ſie mit Eſſig oder Wein befeuchtet und an der Sonne ge-<lb/> trocknet. In dieſer Form ſtellt der Kermes pfefferkorn- bis erbſengroße,<lb/> kugelige, braunrote, hier und da ſchwärzlich gefleckte, glänzende, glatte, teils<lb/> hohle, teils im Innern mit einer roten pulverigen Maſſe angefüllte Körner<lb/> vor, welche ein karmoiſinrotes Pulver geben, bitter ſchmecken und den Speichel<lb/> violettrot färben, in Waſſer aufquellen und dieſes karmoiſinrot, Alkohol mehr<lb/> gelbrot färben. Beim Kochen mit Waſſer erhält dieſes eine rote Farbe, welche<lb/> durch Säuren braun, durch Alkalien violett wird. Die chemiſche Zuſammen-<lb/> ſetzung entſpricht der Cochenille, doch iſt der Farbſtoff in weit geringerer<lb/> Menge vorhanden.</p><lb/> <p>Kermes, war im Altertum, als man die Cochenille noch nicht kannte,<lb/> der einzige hochgeſchätzte Farbſtoff, um Scharlach zu färben. Heute wird er<lb/> nur noch im Morgenlande zum Färben der Kopfbedeckungen (Türkenkappen)<lb/> verwendet; im Abendlande iſt der Kermes durch andere Farbmaterialien<lb/> längſt verdrängt.</p><lb/> <p>3. <hi rendition="#b">Lac-dye</hi> oder <hi rendition="#b">Lacklack.</hi> Das unter dieſem Namen in den Han-<lb/> del kommende Farbmaterial iſt nur indirekt tieriſcher Abſtammung, inſofern<lb/> es aus dem Körner- oder Stocklack gewonnen wird, welche durch den Stich<lb/> der <hi rendition="#g">Lackſchildlaus</hi>, <hi rendition="#aq">Coccus Lacca <hi rendition="#i">Kerr</hi>.,</hi> einer in Oſtindien auf verſchie-<lb/> denen Pflanzen (<hi rendition="#aq">Ficus indica, Ficus religiosa, Croton cocciferum, Mimosa<lb/> corinda</hi> u. a. m.) lebenden Schildlausart, auf dieſen Pflanzen gebildet wird.<lb/> Der Körner- oder Stocklack iſt das nach dem Auskriechen der jungen Brut<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0120]
1. Ammoniakaliſche Cochenille und 2. Cochenillelack (Groſeillelack und
Ponceaulack. S. Farbſtoffpräparate).
Unter dem Namen Cochenille wurden auch noch zwei andere Sorten
Schildläufe angewendet, und zwar:
a) Porphyrophora polonica Br. (Coccus polonica), die deutſche
oder polniſche Cochenille, auch Johannisblut genannt; ſie lebt von der
Wurzel mehrerer Pflanzen (Scleranthus, Herniaria, Hieracium) in Deutſch-
land, Polen und Rußland, iſt größer als die echte Nopalſchildlaus, enthält
denſelben Farbſtoff, wie jene, aber in geringerer Menge, und iſt daher
minderwertig.
b) Porphyrophora Duhamelii Br., armeniſche oder Wurzel-
Cochenille; lebt von der Wurzel von Poa pungens in Armenien. Beide
Sorten waren früher mehrfach in Verwendung, ſind jetzt aber faſt vollſtändig
außer Gebrauch.
2. Der Kermes. Der Kermes, auch Kermesbeeren *), Kermeskörner,
Scharlachkörner, Purpurkörner, Karmoiſinbeeren, beſteht aus den getrockneten
Weibchen der Kermes- oder Karmoiſinſchildlaus, Lecanium Ilicis Ill.
(Coccus Ilicis L.), welche ſich in Südeuropa und im Orient an den Zwei-
gen, ſeltener an den Blättern von Quercus coccifera L. vorfindet. Die
Gewinnung des Kermes wird in ganz der gleichen Weiſe gehandhabt, wie
bei der Cochenille, und zwar findet dieſelbe kurz vor dem Abſetzen der Brut
ſtatt, vor Sonnenaufgang und mittels Abkratzens mit den Nägeln; nach dem
Sammeln werden ſie mit Eſſig oder Wein befeuchtet und an der Sonne ge-
trocknet. In dieſer Form ſtellt der Kermes pfefferkorn- bis erbſengroße,
kugelige, braunrote, hier und da ſchwärzlich gefleckte, glänzende, glatte, teils
hohle, teils im Innern mit einer roten pulverigen Maſſe angefüllte Körner
vor, welche ein karmoiſinrotes Pulver geben, bitter ſchmecken und den Speichel
violettrot färben, in Waſſer aufquellen und dieſes karmoiſinrot, Alkohol mehr
gelbrot färben. Beim Kochen mit Waſſer erhält dieſes eine rote Farbe, welche
durch Säuren braun, durch Alkalien violett wird. Die chemiſche Zuſammen-
ſetzung entſpricht der Cochenille, doch iſt der Farbſtoff in weit geringerer
Menge vorhanden.
Kermes, war im Altertum, als man die Cochenille noch nicht kannte,
der einzige hochgeſchätzte Farbſtoff, um Scharlach zu färben. Heute wird er
nur noch im Morgenlande zum Färben der Kopfbedeckungen (Türkenkappen)
verwendet; im Abendlande iſt der Kermes durch andere Farbmaterialien
längſt verdrängt.
3. Lac-dye oder Lacklack. Das unter dieſem Namen in den Han-
del kommende Farbmaterial iſt nur indirekt tieriſcher Abſtammung, inſofern
es aus dem Körner- oder Stocklack gewonnen wird, welche durch den Stich
der Lackſchildlaus, Coccus Lacca Kerr., einer in Oſtindien auf verſchie-
denen Pflanzen (Ficus indica, Ficus religiosa, Croton cocciferum, Mimosa
corinda u. a. m.) lebenden Schildlausart, auf dieſen Pflanzen gebildet wird.
Der Körner- oder Stocklack iſt das nach dem Auskriechen der jungen Brut
*) Der grundfalſche Name Kermesbeeren kommt daher, daß man den Kermes
anfänglich für die Früchte oder Beeren des Baumes hielt, auf denen das
Inſekt lebt.
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