Die mittäglichen Völker hingegen verbessern die gal- lichte, erhöhte, scharfe, aufbrausende Beschaffenheit ihrer Säfte durch das Mark aller Obstarten, das sie mit Zucker einmachen, durch säuerlichte, angeneh- me, herbe Früchten und Getränke. Die Bewohner des neblichten Englandes lieben den Punsch und das Tabackrauchen; unsere müßigen Frauen die süßen Weine und den Kaffee, wodurch einigermaßen ersetzt wird, was ihnen an Bewegung abgeht. Kinder stre- ben nach Bewegung, und alte Leute nach Ruhe etc.
In den Gall- und Faul fiebern verabscheuen die Kranken alle thierische Kost; der Genuß, ja der An- blick derselben macht ihnen Eckel und Erbrechen. Sie verlangen säuerlichte Getränke, saure Nahrung; Zi- tronen, Pomeranzen, Essig etc. Sehr viele bitten um den Zeitpunkt, wo ihnen die untere Lippe zittert, um ein Brechmittel, welches man zu jeder Zeit der Krankheit bey diesen Umständen geben sollte. Andere verlangen Abführungsmittel, wo dann allermeist ein loser, beweglicher Unrath vorhanden seyn wird. In der grossen Schwäche der Faulfieber, wo die Kran- ken sich gegenwärtig sind, verlangen sie Wein, der auch wirklich allen andern aufweckenden Herzstärkun- gen vorzuziehen ist, besonders wenn die Krankheit schon lange gedauert hat, wenn die Stimme schwach oder verloren und die Zunge feucht ist, der Kranke keinen heftigen Durst hat; oder wenn, obschon die Zunge trocken ist, er ihn doch mit Vergnügen trinkt, und von Neuem verlangt. In dem Falle hingegen, wo er diesen Kranken schädlich ist, ist er ihnen auch
gleich-
Die mittaͤglichen Voͤlker hingegen verbeſſern die gal- lichte, erhoͤhte, ſcharfe, aufbrauſende Beſchaffenheit ihrer Saͤfte durch das Mark aller Obſtarten, das ſie mit Zucker einmachen, durch ſaͤuerlichte, angeneh- me, herbe Fruͤchten und Getraͤnke. Die Bewohner des neblichten Englandes lieben den Punſch und das Tabackrauchen; unſere muͤßigen Frauen die ſuͤßen Weine und den Kaffee, wodurch einigermaßen erſetzt wird, was ihnen an Bewegung abgeht. Kinder ſtre- ben nach Bewegung, und alte Leute nach Ruhe ꝛc.
In den Gall- und Faul fiebern verabſcheuen die Kranken alle thieriſche Koſt; der Genuß, ja der An- blick derſelben macht ihnen Eckel und Erbrechen. Sie verlangen ſaͤuerlichte Getraͤnke, ſaure Nahrung; Zi- tronen, Pomeranzen, Eſſig ꝛc. Sehr viele bitten um den Zeitpunkt, wo ihnen die untere Lippe zittert, um ein Brechmittel, welches man zu jeder Zeit der Krankheit bey dieſen Umſtaͤnden geben ſollte. Andere verlangen Abfuͤhrungsmittel, wo dann allermeiſt ein loſer, beweglicher Unrath vorhanden ſeyn wird. In der groſſen Schwaͤche der Faulfieber, wo die Kran- ken ſich gegenwaͤrtig ſind, verlangen ſie Wein, der auch wirklich allen andern aufweckenden Herzſtaͤrkun- gen vorzuziehen iſt, beſonders wenn die Krankheit ſchon lange gedauert hat, wenn die Stimme ſchwach oder verloren und die Zunge feucht iſt, der Kranke keinen heftigen Durſt hat; oder wenn, obſchon die Zunge trocken iſt, er ihn doch mit Vergnuͤgen trinkt, und von Neuem verlangt. In dem Falle hingegen, wo er dieſen Kranken ſchaͤdlich iſt, iſt er ihnen auch
gleich-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0677"n="658"/>
Die mittaͤglichen Voͤlker hingegen verbeſſern die gal-<lb/>
lichte, erhoͤhte, ſcharfe, aufbrauſende Beſchaffenheit<lb/>
ihrer Saͤfte durch das Mark aller Obſtarten, das<lb/>ſie mit Zucker einmachen, durch ſaͤuerlichte, angeneh-<lb/>
me, herbe Fruͤchten und Getraͤnke. Die Bewohner<lb/>
des neblichten Englandes lieben den Punſch und das<lb/>
Tabackrauchen; unſere muͤßigen Frauen die ſuͤßen<lb/>
Weine und den Kaffee, wodurch einigermaßen erſetzt<lb/>
wird, was ihnen an Bewegung abgeht. Kinder ſtre-<lb/>
ben nach Bewegung, und alte Leute nach Ruhe ꝛc.</p><lb/><p>In den Gall- und Faul fiebern verabſcheuen die<lb/>
Kranken alle thieriſche Koſt; der Genuß, ja der An-<lb/>
blick derſelben macht ihnen Eckel und Erbrechen. Sie<lb/>
verlangen ſaͤuerlichte Getraͤnke, ſaure Nahrung; Zi-<lb/>
tronen, Pomeranzen, Eſſig ꝛc. Sehr viele bitten<lb/>
um den Zeitpunkt, wo ihnen die untere Lippe zittert,<lb/>
um ein Brechmittel, welches man zu jeder Zeit der<lb/>
Krankheit bey dieſen Umſtaͤnden geben ſollte. Andere<lb/>
verlangen Abfuͤhrungsmittel, wo dann allermeiſt ein<lb/>
loſer, beweglicher Unrath vorhanden ſeyn wird. In<lb/>
der groſſen Schwaͤche der Faulfieber, wo die Kran-<lb/>
ken ſich gegenwaͤrtig ſind, verlangen ſie Wein, der<lb/>
auch wirklich allen andern aufweckenden Herzſtaͤrkun-<lb/>
gen vorzuziehen iſt, beſonders wenn die Krankheit<lb/>ſchon lange gedauert hat, wenn die Stimme ſchwach<lb/>
oder verloren und die Zunge feucht iſt, der Kranke<lb/>
keinen heftigen Durſt hat; oder wenn, obſchon die<lb/>
Zunge trocken iſt, er ihn doch mit Vergnuͤgen trinkt,<lb/>
und von Neuem verlangt. In dem Falle hingegen,<lb/>
wo er dieſen Kranken ſchaͤdlich iſt, iſt er ihnen auch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gleich-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[658/0677]
Die mittaͤglichen Voͤlker hingegen verbeſſern die gal-
lichte, erhoͤhte, ſcharfe, aufbrauſende Beſchaffenheit
ihrer Saͤfte durch das Mark aller Obſtarten, das
ſie mit Zucker einmachen, durch ſaͤuerlichte, angeneh-
me, herbe Fruͤchten und Getraͤnke. Die Bewohner
des neblichten Englandes lieben den Punſch und das
Tabackrauchen; unſere muͤßigen Frauen die ſuͤßen
Weine und den Kaffee, wodurch einigermaßen erſetzt
wird, was ihnen an Bewegung abgeht. Kinder ſtre-
ben nach Bewegung, und alte Leute nach Ruhe ꝛc.
In den Gall- und Faul fiebern verabſcheuen die
Kranken alle thieriſche Koſt; der Genuß, ja der An-
blick derſelben macht ihnen Eckel und Erbrechen. Sie
verlangen ſaͤuerlichte Getraͤnke, ſaure Nahrung; Zi-
tronen, Pomeranzen, Eſſig ꝛc. Sehr viele bitten
um den Zeitpunkt, wo ihnen die untere Lippe zittert,
um ein Brechmittel, welches man zu jeder Zeit der
Krankheit bey dieſen Umſtaͤnden geben ſollte. Andere
verlangen Abfuͤhrungsmittel, wo dann allermeiſt ein
loſer, beweglicher Unrath vorhanden ſeyn wird. In
der groſſen Schwaͤche der Faulfieber, wo die Kran-
ken ſich gegenwaͤrtig ſind, verlangen ſie Wein, der
auch wirklich allen andern aufweckenden Herzſtaͤrkun-
gen vorzuziehen iſt, beſonders wenn die Krankheit
ſchon lange gedauert hat, wenn die Stimme ſchwach
oder verloren und die Zunge feucht iſt, der Kranke
keinen heftigen Durſt hat; oder wenn, obſchon die
Zunge trocken iſt, er ihn doch mit Vergnuͤgen trinkt,
und von Neuem verlangt. In dem Falle hingegen,
wo er dieſen Kranken ſchaͤdlich iſt, iſt er ihnen auch
gleich-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/677>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.