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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Durst. Auch der weiße und rothe Wein müssen bey
dem, der sie wider seine Gewohnheit gegen einander
vertauscht, wenn gleich beyde geistreich sind, im Kör-
per ebenfalls eine Menge Veränderungen machen, daß
man daher wohl sagen möchte, es seye noch weniger
zu verwundern, daß der süße und starke Wein, eben
das, wenn man ihn plötzlich ändert, kann. -- Es
sind auch hier die Stärke und der Gang einer jeden
Krankheit, das Temperament einer Person und ihre
Gewohnheiten, weiter, die dem Kranken übliche Le-
bensordnung in Erwägung zu ziehen". etc. -- -- --
Nachdem Er noch viel Lesenswerthes gegen die schnel-
len Veränderungen gesagt hat, führt er das Beyspiel
an: "Bekömmt einer, der weder eine sehr heilsame,
noch auch eine sehr unheilsame Haut hat, eine Wunde,
die weder sehr beträchtlich, noch auch sehr gering ist,
am Schenkel, so wird er, weil er sich gleich den er-
sten Tag niedergelegt, in die Kur begeben, und den
Fuß, der überdieß nicht entzündet ist, ruhig gelassen
hat, viel geschwinder geheilt werden, als wenn er da-
bey herum gieng. Ferner, wenn er am fünften, oder
am sechsten Tage, oder auch noch später sich aufma-
chen, und herum gehen wollte; so wird er darauf
mehr üble Empfindung haben, als wenn er sogleich
vom Anfange bey der Kur herumgegangen wäre. Fängt
er nun an, sich plötzlich viel zu beschäftigen, so wird
er es weit mehr fühlen, als wenn er in eben der
Kur alle die Tage über das nämliche gethan hätte."
-- -- Eben so redet er vom Bade. "Es ist sehr
rathsam, dem Kranken viel nachzugeben, wenn er

bey
S s 2

Durſt. Auch der weiße und rothe Wein muͤſſen bey
dem, der ſie wider ſeine Gewohnheit gegen einander
vertauſcht, wenn gleich beyde geiſtreich ſind, im Koͤr-
per ebenfalls eine Menge Veraͤnderungen machen, daß
man daher wohl ſagen moͤchte, es ſeye noch weniger
zu verwundern, daß der ſuͤße und ſtarke Wein, eben
das, wenn man ihn ploͤtzlich aͤndert, kann. — Es
ſind auch hier die Staͤrke und der Gang einer jeden
Krankheit, das Temperament einer Perſon und ihre
Gewohnheiten, weiter, die dem Kranken uͤbliche Le-
bensordnung in Erwaͤgung zu ziehen„. ꝛc. — — —
Nachdem Er noch viel Leſenswerthes gegen die ſchnel-
len Veraͤnderungen geſagt hat, fuͤhrt er das Beyſpiel
an: “Bekoͤmmt einer, der weder eine ſehr heilſame,
noch auch eine ſehr unheilſame Haut hat, eine Wunde,
die weder ſehr betraͤchtlich, noch auch ſehr gering iſt,
am Schenkel, ſo wird er, weil er ſich gleich den er-
ſten Tag niedergelegt, in die Kur begeben, und den
Fuß, der uͤberdieß nicht entzuͤndet iſt, ruhig gelaſſen
hat, viel geſchwinder geheilt werden, als wenn er da-
bey herum gieng. Ferner, wenn er am fuͤnften, oder
am ſechſten Tage, oder auch noch ſpaͤter ſich aufma-
chen, und herum gehen wollte; ſo wird er darauf
mehr uͤble Empfindung haben, als wenn er ſogleich
vom Anfange bey der Kur herumgegangen waͤre. Faͤngt
er nun an, ſich ploͤtzlich viel zu beſchaͤftigen, ſo wird
er es weit mehr fuͤhlen, als wenn er in eben der
Kur alle die Tage uͤber das naͤmliche gethan haͤtte.„
— — Eben ſo redet er vom Bade. “Es iſt ſehr
rathſam, dem Kranken viel nachzugeben, wenn er

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S s 2
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[643/0662] Durſt. Auch der weiße und rothe Wein muͤſſen bey dem, der ſie wider ſeine Gewohnheit gegen einander vertauſcht, wenn gleich beyde geiſtreich ſind, im Koͤr- per ebenfalls eine Menge Veraͤnderungen machen, daß man daher wohl ſagen moͤchte, es ſeye noch weniger zu verwundern, daß der ſuͤße und ſtarke Wein, eben das, wenn man ihn ploͤtzlich aͤndert, kann. — Es ſind auch hier die Staͤrke und der Gang einer jeden Krankheit, das Temperament einer Perſon und ihre Gewohnheiten, weiter, die dem Kranken uͤbliche Le- bensordnung in Erwaͤgung zu ziehen„. ꝛc. — — — Nachdem Er noch viel Leſenswerthes gegen die ſchnel- len Veraͤnderungen geſagt hat, fuͤhrt er das Beyſpiel an: “Bekoͤmmt einer, der weder eine ſehr heilſame, noch auch eine ſehr unheilſame Haut hat, eine Wunde, die weder ſehr betraͤchtlich, noch auch ſehr gering iſt, am Schenkel, ſo wird er, weil er ſich gleich den er- ſten Tag niedergelegt, in die Kur begeben, und den Fuß, der uͤberdieß nicht entzuͤndet iſt, ruhig gelaſſen hat, viel geſchwinder geheilt werden, als wenn er da- bey herum gieng. Ferner, wenn er am fuͤnften, oder am ſechſten Tage, oder auch noch ſpaͤter ſich aufma- chen, und herum gehen wollte; ſo wird er darauf mehr uͤble Empfindung haben, als wenn er ſogleich vom Anfange bey der Kur herumgegangen waͤre. Faͤngt er nun an, ſich ploͤtzlich viel zu beſchaͤftigen, ſo wird er es weit mehr fuͤhlen, als wenn er in eben der Kur alle die Tage uͤber das naͤmliche gethan haͤtte.„ — — Eben ſo redet er vom Bade. “Es iſt ſehr rathſam, dem Kranken viel nachzugeben, wenn er bey S s 2

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 643. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/662>, abgerufen am 22.11.2024.