Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

5) In dem §. 219 macht man die Substanz
des geistigen Seelenorgans des Menschen zum aller-
feinsten, unveränderlichsten und unzerstörbarsten Prin-
zip in dieser ganzen materiellen Welt. Im §. 157
ist die Seele ein einfaches, geistiges, selbstständiges,
und bey allem Wechsel von Veränderungen und Zu-
ständen beharrliches Wesen. Im §. 245 macht man
zum Sitz der Seele denjenigen Theil des Seelenor-
gans, welcher der Seele wesentlich nöthig ist, um
überhaupt theils leidentlicher, theils selbstthätiger Ver-
änderungen fähig zu seyn; und das wäre jener ätherische
Körper, welcher nach Leibnitz die Seele vom Anfang
der Schöpfung umkleidet, und in alle Ewigkeit von ihr
unzertrennlich bleibt; und dieses ist abermal nichts an-
ders, als der innere Theil des sogenannten geistigen
Seelenorgans. -- Einfach, selbstständig, geistig,
und wesentlich unzertrennlich mit einem materiellen
Prinzip verbunden, wodurch erst Thätigkeit bewirkt
werden kann; -- Seinen Sitz in dem Gehirn haben,
und wesentlich mit dem Seelenorgan, welches in der
Hülle der Nerven den ganzen Körper durchdringt §.
246 verbunden seyn; -- Alles dieses ist schlechterdings
unvereinbar. Es wäre dienlicher gewesen, mit Tie-
demann
und vielen andern die Ausdehnung der Seele
anzunehmen.*)

6) Was ist denn in jenen Fällen §. 784, wo
angehäufter Unrath und Schleim, Schärfe, fremde
Körper, Verstopfungen, Verhärtungen, widernatür-
liche Lagen und Bildungen nicht lebhafte Nervengefül-

le
*) Untersuchungen über den Menschen 2ter Theil.

5) In dem §. 219 macht man die Subſtanz
des geiſtigen Seelenorgans des Menſchen zum aller-
feinſten, unveraͤnderlichſten und unzerſtoͤrbarſten Prin-
zip in dieſer ganzen materiellen Welt. Im §. 157
iſt die Seele ein einfaches, geiſtiges, ſelbſtſtaͤndiges,
und bey allem Wechſel von Veraͤnderungen und Zu-
ſtaͤnden beharrliches Weſen. Im §. 245 macht man
zum Sitz der Seele denjenigen Theil des Seelenor-
gans, welcher der Seele weſentlich noͤthig iſt, um
uͤberhaupt theils leidentlicher, theils ſelbſtthaͤtiger Ver-
aͤnderungen faͤhig zu ſeyn; und das waͤre jener aͤtheriſche
Koͤrper, welcher nach Leibnitz die Seele vom Anfang
der Schoͤpfung umkleidet, und in alle Ewigkeit von ihr
unzertrennlich bleibt; und dieſes iſt abermal nichts an-
ders, als der innere Theil des ſogenannten geiſtigen
Seelenorgans. — Einfach, ſelbſtſtaͤndig, geiſtig,
und weſentlich unzertrennlich mit einem materiellen
Prinzip verbunden, wodurch erſt Thaͤtigkeit bewirkt
werden kann; — Seinen Sitz in dem Gehirn haben,
und weſentlich mit dem Seelenorgan, welches in der
Huͤlle der Nerven den ganzen Koͤrper durchdringt §.
246 verbunden ſeyn; — Alles dieſes iſt ſchlechterdings
unvereinbar. Es waͤre dienlicher geweſen, mit Tie-
demann
und vielen andern die Ausdehnung der Seele
anzunehmen.*)

6) Was iſt denn in jenen Faͤllen §. 784, wo
angehaͤufter Unrath und Schleim, Schaͤrfe, fremde
Koͤrper, Verſtopfungen, Verhaͤrtungen, widernatuͤr-
liche Lagen und Bildungen nicht lebhafte Nervengefuͤl-

le
*) Unterſuchungen uͤber den Menſchen 2ter Theil.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0044" n="25"/>
            <p>5) In dem §. 219 macht man die Sub&#x017F;tanz<lb/>
des gei&#x017F;tigen Seelenorgans des Men&#x017F;chen zum aller-<lb/>
fein&#x017F;ten, unvera&#x0364;nderlich&#x017F;ten und unzer&#x017F;to&#x0364;rbar&#x017F;ten Prin-<lb/>
zip in die&#x017F;er ganzen materiellen Welt. Im §. 157<lb/>
i&#x017F;t die Seele ein einfaches, gei&#x017F;tiges, &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndiges,<lb/>
und bey allem Wech&#x017F;el von Vera&#x0364;nderungen und Zu-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nden beharrliches We&#x017F;en. Im §. 245 macht man<lb/>
zum Sitz der Seele denjenigen Theil des Seelenor-<lb/>
gans, welcher der Seele we&#x017F;entlich no&#x0364;thig i&#x017F;t, um<lb/>
u&#x0364;berhaupt theils leidentlicher, theils &#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;tiger Ver-<lb/>
a&#x0364;nderungen fa&#x0364;hig zu &#x017F;eyn; und das wa&#x0364;re jener a&#x0364;theri&#x017F;che<lb/>
Ko&#x0364;rper, welcher nach <hi rendition="#fr">Leibnitz</hi> die Seele vom Anfang<lb/>
der Scho&#x0364;pfung umkleidet, und in alle Ewigkeit von ihr<lb/>
unzertrennlich bleibt; und die&#x017F;es i&#x017F;t abermal nichts an-<lb/>
ders, als der innere Theil des &#x017F;ogenannten gei&#x017F;tigen<lb/>
Seelenorgans. &#x2014; Einfach, &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;ndig, gei&#x017F;tig,<lb/>
und we&#x017F;entlich unzertrennlich mit einem materiellen<lb/>
Prinzip verbunden, wodurch er&#x017F;t Tha&#x0364;tigkeit bewirkt<lb/>
werden kann; &#x2014; Seinen Sitz in dem Gehirn haben,<lb/>
und we&#x017F;entlich mit dem Seelenorgan, welches in der<lb/>
Hu&#x0364;lle der Nerven den ganzen Ko&#x0364;rper durchdringt §.<lb/>
246 verbunden &#x017F;eyn; &#x2014; Alles die&#x017F;es i&#x017F;t &#x017F;chlechterdings<lb/>
unvereinbar. Es wa&#x0364;re dienlicher gewe&#x017F;en, mit <hi rendition="#fr">Tie-<lb/>
demann</hi> und vielen andern die Ausdehnung der Seele<lb/>
anzunehmen.<note place="foot" n="*)">Unter&#x017F;uchungen u&#x0364;ber den Men&#x017F;chen 2ter Theil.</note></p><lb/>
            <p>6) Was i&#x017F;t denn in jenen Fa&#x0364;llen §. 784, wo<lb/>
angeha&#x0364;ufter Unrath und Schleim, Scha&#x0364;rfe, fremde<lb/>
Ko&#x0364;rper, Ver&#x017F;topfungen, Verha&#x0364;rtungen, widernatu&#x0364;r-<lb/>
liche Lagen und Bildungen nicht lebhafte Nervengefu&#x0364;l-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">le</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0044] 5) In dem §. 219 macht man die Subſtanz des geiſtigen Seelenorgans des Menſchen zum aller- feinſten, unveraͤnderlichſten und unzerſtoͤrbarſten Prin- zip in dieſer ganzen materiellen Welt. Im §. 157 iſt die Seele ein einfaches, geiſtiges, ſelbſtſtaͤndiges, und bey allem Wechſel von Veraͤnderungen und Zu- ſtaͤnden beharrliches Weſen. Im §. 245 macht man zum Sitz der Seele denjenigen Theil des Seelenor- gans, welcher der Seele weſentlich noͤthig iſt, um uͤberhaupt theils leidentlicher, theils ſelbſtthaͤtiger Ver- aͤnderungen faͤhig zu ſeyn; und das waͤre jener aͤtheriſche Koͤrper, welcher nach Leibnitz die Seele vom Anfang der Schoͤpfung umkleidet, und in alle Ewigkeit von ihr unzertrennlich bleibt; und dieſes iſt abermal nichts an- ders, als der innere Theil des ſogenannten geiſtigen Seelenorgans. — Einfach, ſelbſtſtaͤndig, geiſtig, und weſentlich unzertrennlich mit einem materiellen Prinzip verbunden, wodurch erſt Thaͤtigkeit bewirkt werden kann; — Seinen Sitz in dem Gehirn haben, und weſentlich mit dem Seelenorgan, welches in der Huͤlle der Nerven den ganzen Koͤrper durchdringt §. 246 verbunden ſeyn; — Alles dieſes iſt ſchlechterdings unvereinbar. Es waͤre dienlicher geweſen, mit Tie- demann und vielen andern die Ausdehnung der Seele anzunehmen. *) 6) Was iſt denn in jenen Faͤllen §. 784, wo angehaͤufter Unrath und Schleim, Schaͤrfe, fremde Koͤrper, Verſtopfungen, Verhaͤrtungen, widernatuͤr- liche Lagen und Bildungen nicht lebhafte Nervengefuͤl- le *) Unterſuchungen uͤber den Menſchen 2ter Theil.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/44
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/44>, abgerufen am 21.11.2024.