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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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ne solche Schwangere leicht abortiret, und schwerlich
bis zur sechs und dreißigsten Woche ausdauert.

Wenn endlich die Geburtswehen eintreten,
so hat eine Schwangere von dieser Art die Beyhilfe
einer geschickten Person nöthig, nicht nur, um sie
glücklich zu entbinden, sondern auch die Behandlung
von ihr und ihrem schwächlichen Kinde viele Tage lang
anzuordnen, indem sie am meisten den üblen Zufällen,
die nach der Entbindung zu entstehen pflegen, und so-
gar Fiebern unterworfen sind. Die Mutterpflicht,
ihre Kinder zu säugen, wird ihnen nur gar zu oft
durch den baldigen Zutritt einer Abzehrung oder Lun-
gensucht unmöglich gemacht.

Kämpf's Frau hatte zwar von jeher eine dau-
erhafte Gesundheit genossen; da sie aber eine allzu-
zärtliche und sorgfältige Mutter war, so zog sie sich
eine Unpäßlichkeit ihres zweyten Säuglings so zu Her-
zen, daß er immer kränker wurde, und endlich in
Zuckungen verfiel, die nicht anderst, als durch die
Entwöhnung gehoben werden konnten. Dem dritten
wählte Kämpf eine derbe und unempfindliche Bauern-
dirne, die er, so viel als thunlich war, ihre gewöhn-
liche, einfache, rauhe Landkost und Lebensart beybe-
halten ließ; denn er war überzeugt, daß der Säug-
ling dem ungeachtet eine süße und leichtverdauliche
Milch genießen würde.

In dieser Meynung ward er desto mehr bestärkt,
als er bemerkte, daß sie sich alle Morgen in den
Garten schlich, und sich dort eine Menge unreifer
Mirabellen gut schmecken ließ, ohne daß der Säug-

ling

ne ſolche Schwangere leicht abortiret, und ſchwerlich
bis zur ſechs und dreißigſten Woche ausdauert.

Wenn endlich die Geburtswehen eintreten,
ſo hat eine Schwangere von dieſer Art die Beyhilfe
einer geſchickten Perſon noͤthig, nicht nur, um ſie
gluͤcklich zu entbinden, ſondern auch die Behandlung
von ihr und ihrem ſchwaͤchlichen Kinde viele Tage lang
anzuordnen, indem ſie am meiſten den uͤblen Zufaͤllen,
die nach der Entbindung zu entſtehen pflegen, und ſo-
gar Fiebern unterworfen ſind. Die Mutterpflicht,
ihre Kinder zu ſaͤugen, wird ihnen nur gar zu oft
durch den baldigen Zutritt einer Abzehrung oder Lun-
genſucht unmoͤglich gemacht.

Kämpf’s Frau hatte zwar von jeher eine dau-
erhafte Geſundheit genoſſen; da ſie aber eine allzu-
zaͤrtliche und ſorgfaͤltige Mutter war, ſo zog ſie ſich
eine Unpaͤßlichkeit ihres zweyten Saͤuglings ſo zu Her-
zen, daß er immer kraͤnker wurde, und endlich in
Zuckungen verfiel, die nicht anderſt, als durch die
Entwoͤhnung gehoben werden konnten. Dem dritten
waͤhlte Kämpf eine derbe und unempfindliche Bauern-
dirne, die er, ſo viel als thunlich war, ihre gewoͤhn-
liche, einfache, rauhe Landkoſt und Lebensart beybe-
halten ließ; denn er war uͤberzeugt, daß der Saͤug-
ling dem ungeachtet eine ſuͤße und leichtverdauliche
Milch genießen wuͤrde.

In dieſer Meynung ward er deſto mehr beſtaͤrkt,
als er bemerkte, daß ſie ſich alle Morgen in den
Garten ſchlich, und ſich dort eine Menge unreifer
Mirabellen gut ſchmecken ließ, ohne daß der Saͤug-

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[310/0329] ne ſolche Schwangere leicht abortiret, und ſchwerlich bis zur ſechs und dreißigſten Woche ausdauert. Wenn endlich die Geburtswehen eintreten, ſo hat eine Schwangere von dieſer Art die Beyhilfe einer geſchickten Perſon noͤthig, nicht nur, um ſie gluͤcklich zu entbinden, ſondern auch die Behandlung von ihr und ihrem ſchwaͤchlichen Kinde viele Tage lang anzuordnen, indem ſie am meiſten den uͤblen Zufaͤllen, die nach der Entbindung zu entſtehen pflegen, und ſo- gar Fiebern unterworfen ſind. Die Mutterpflicht, ihre Kinder zu ſaͤugen, wird ihnen nur gar zu oft durch den baldigen Zutritt einer Abzehrung oder Lun- genſucht unmoͤglich gemacht. Kämpf’s Frau hatte zwar von jeher eine dau- erhafte Geſundheit genoſſen; da ſie aber eine allzu- zaͤrtliche und ſorgfaͤltige Mutter war, ſo zog ſie ſich eine Unpaͤßlichkeit ihres zweyten Saͤuglings ſo zu Her- zen, daß er immer kraͤnker wurde, und endlich in Zuckungen verfiel, die nicht anderſt, als durch die Entwoͤhnung gehoben werden konnten. Dem dritten waͤhlte Kämpf eine derbe und unempfindliche Bauern- dirne, die er, ſo viel als thunlich war, ihre gewoͤhn- liche, einfache, rauhe Landkoſt und Lebensart beybe- halten ließ; denn er war uͤberzeugt, daß der Saͤug- ling dem ungeachtet eine ſuͤße und leichtverdauliche Milch genießen wuͤrde. In dieſer Meynung ward er deſto mehr beſtaͤrkt, als er bemerkte, daß ſie ſich alle Morgen in den Garten ſchlich, und ſich dort eine Menge unreifer Mirabellen gut ſchmecken ließ, ohne daß der Saͤug- ling

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/329>, abgerufen am 22.11.2024.