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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Arbeit mit wunderbarer Standhaftigkeit, und erholen
sich bald wieder von einer grossen Ermüdung.

Die Körper solcher Personen sind leicht; ihre
Bewegungen geschehen geschwind, und ihr Athem ist
gut, nicht übel riechend, obschon sie sich nach der
Mahlzeit den Mund und die Zähne nicht ausspühlen;
auch ihr Körper hat keinen üblen Geruch, ob sie gleich
nur selten weiße Wäsche anziehen. Die Krankheiten,
denen die Körper von dieser Art unterworfen zu seyn
pflegen, sind gar nicht zahlreich, aber heftig, kurz
und gefährlich. Unterdessen erfolgt doch bey densel-
ben, wenn die Krankheit einen glücklichen Ausgang
nimmt, eine vollkommene Krisis, und die Genesung
ist in diesem Falle ganz vollständig. Sie sind gemei-
niglich zu Verstopfungen geneigt, und thun zuweilen
starke Mahlzeiten, obschon sie sich nie über Blähungen
oder Unverdaulichkeit beklagen.

Ihre Munterkeit ist mäßig, aber sie sind sich
hierinn immer gleich. Sie sind keinen Nervenkrank-
heiten unterworfen. Und in der That sind ihre Ner-
ven stark, ihre Begierden sehr eingeschränkt, und ih-
re Bedürfnisse ganz und gar nicht zahlreich. Daher
sind sie oft unempfindlich, unwissend und doch vergnügt;
ihre Gemüthskräfte sind mehr gründlich, als schnell.
Sie haben aber eine gute natürliche Einsicht und ein
gutes Gedächtniß. Diese Festigkeit ihres Nervensy-
stems haben sie diejenigen Unerschrockenheit, Bestän-
digkeit und Geduld zuzuschreiben, mit welcher sie oh-
ne Verdruß alle Abwechslungen von Hitze, Kälte,
Näße, Trockenheit, Ruhe, Ermüdung, Uberfluß,

Man-

Arbeit mit wunderbarer Standhaftigkeit, und erholen
ſich bald wieder von einer groſſen Ermuͤdung.

Die Koͤrper ſolcher Perſonen ſind leicht; ihre
Bewegungen geſchehen geſchwind, und ihr Athem iſt
gut, nicht uͤbel riechend, obſchon ſie ſich nach der
Mahlzeit den Mund und die Zaͤhne nicht ausſpuͤhlen;
auch ihr Koͤrper hat keinen uͤblen Geruch, ob ſie gleich
nur ſelten weiße Waͤſche anziehen. Die Krankheiten,
denen die Koͤrper von dieſer Art unterworfen zu ſeyn
pflegen, ſind gar nicht zahlreich, aber heftig, kurz
und gefaͤhrlich. Unterdeſſen erfolgt doch bey denſel-
ben, wenn die Krankheit einen gluͤcklichen Ausgang
nimmt, eine vollkommene Kriſis, und die Geneſung
iſt in dieſem Falle ganz vollſtaͤndig. Sie ſind gemei-
niglich zu Verſtopfungen geneigt, und thun zuweilen
ſtarke Mahlzeiten, obſchon ſie ſich nie uͤber Blaͤhungen
oder Unverdaulichkeit beklagen.

Ihre Munterkeit iſt maͤßig, aber ſie ſind ſich
hierinn immer gleich. Sie ſind keinen Nervenkrank-
heiten unterworfen. Und in der That ſind ihre Ner-
ven ſtark, ihre Begierden ſehr eingeſchraͤnkt, und ih-
re Beduͤrfniſſe ganz und gar nicht zahlreich. Daher
ſind ſie oft unempfindlich, unwiſſend und doch vergnuͤgt;
ihre Gemuͤthskraͤfte ſind mehr gruͤndlich, als ſchnell.
Sie haben aber eine gute natuͤrliche Einſicht und ein
gutes Gedaͤchtniß. Dieſe Feſtigkeit ihres Nervenſy-
ſtems haben ſie diejenigen Unerſchrockenheit, Beſtaͤn-
digkeit und Geduld zuzuſchreiben, mit welcher ſie oh-
ne Verdruß alle Abwechslungen von Hitze, Kaͤlte,
Naͤße, Trockenheit, Ruhe, Ermuͤdung, Uberfluß,

Man-
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[304/0323] Arbeit mit wunderbarer Standhaftigkeit, und erholen ſich bald wieder von einer groſſen Ermuͤdung. Die Koͤrper ſolcher Perſonen ſind leicht; ihre Bewegungen geſchehen geſchwind, und ihr Athem iſt gut, nicht uͤbel riechend, obſchon ſie ſich nach der Mahlzeit den Mund und die Zaͤhne nicht ausſpuͤhlen; auch ihr Koͤrper hat keinen uͤblen Geruch, ob ſie gleich nur ſelten weiße Waͤſche anziehen. Die Krankheiten, denen die Koͤrper von dieſer Art unterworfen zu ſeyn pflegen, ſind gar nicht zahlreich, aber heftig, kurz und gefaͤhrlich. Unterdeſſen erfolgt doch bey denſel- ben, wenn die Krankheit einen gluͤcklichen Ausgang nimmt, eine vollkommene Kriſis, und die Geneſung iſt in dieſem Falle ganz vollſtaͤndig. Sie ſind gemei- niglich zu Verſtopfungen geneigt, und thun zuweilen ſtarke Mahlzeiten, obſchon ſie ſich nie uͤber Blaͤhungen oder Unverdaulichkeit beklagen. Ihre Munterkeit iſt maͤßig, aber ſie ſind ſich hierinn immer gleich. Sie ſind keinen Nervenkrank- heiten unterworfen. Und in der That ſind ihre Ner- ven ſtark, ihre Begierden ſehr eingeſchraͤnkt, und ih- re Beduͤrfniſſe ganz und gar nicht zahlreich. Daher ſind ſie oft unempfindlich, unwiſſend und doch vergnuͤgt; ihre Gemuͤthskraͤfte ſind mehr gruͤndlich, als ſchnell. Sie haben aber eine gute natuͤrliche Einſicht und ein gutes Gedaͤchtniß. Dieſe Feſtigkeit ihres Nervenſy- ſtems haben ſie diejenigen Unerſchrockenheit, Beſtaͤn- digkeit und Geduld zuzuſchreiben, mit welcher ſie oh- ne Verdruß alle Abwechslungen von Hitze, Kaͤlte, Naͤße, Trockenheit, Ruhe, Ermuͤdung, Uberfluß, Man-

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/323>, abgerufen am 17.05.2024.