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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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diese Neigung zum Ansetzen des Fettes durch körperli-
che Bewegungen, stärkende flüchtige Arzneyen, Sei-
fenartige Auflösungen, rothe Korallentinktur, Alaun-
wasser u. d. gl. benehmen, wenn man sie fruchtbar
machen will. Magere, mit trocknem, derbem Fleische
besetzte Thiere und Menschen sind zum Zeugungsge-
schäfte nach den Erfahrungen aller Zeiten die geschick-
testen, gerade so wie die Pflanzen unter sonst gleichen
Umständen auf magerem Boden mehr Blüte und Sa-
men, als Holz und Laub anzusezen pflegen.

Es ist bekannt, daß man die innländischen Stut-
ten und Schaafe durch ausländische, oder zum wenig-
stens von einen andern Samen abstammende Hengste
und Widder befruchten lassen müße, wenn man einen
schönen Schlag Pferde und gute Schafzucht lange er-
halten will. Die nämliche Vorsorge hat man zu
allen Zeiten an Pflanzengewächsen beobachten müssen.
Vor einigen Jahren war um Heidelberg die allgemeine
Klage, daß die Grundbirnen (Solanum esculentum)
auszuarten anfiengen. Um in Britanien den Waizen
in seiner Stärke zu erhalten, und zu verhüten, daß
in Schottland und Irrland der Flachs nicht ausarte,
wird alljährlich eine große Menge von fremden Sa-
men eingeführt. Es seye nun, daß der Same durch
die allzugrosse Aehnlichkeit seiner Bestandtheile, oder
durch die zu lange Angewöhnung an einerley Boden,
Nahrung, Himmelsgegend, oder bloß weil er nicht
ursprünglich einheimisch ist seine Thätigkeit und Kraft
verliere, so haben doch sehr grosse Männer auch bey
den Menschenracen die Vermischung mit fremden Ge-

schlech-

dieſe Neigung zum Anſetzen des Fettes durch koͤrperli-
che Bewegungen, ſtaͤrkende fluͤchtige Arzneyen, Sei-
fenartige Aufloͤſungen, rothe Korallentinktur, Alaun-
waſſer u. d. gl. benehmen, wenn man ſie fruchtbar
machen will. Magere, mit trocknem, derbem Fleiſche
beſetzte Thiere und Menſchen ſind zum Zeugungsge-
ſchaͤfte nach den Erfahrungen aller Zeiten die geſchick-
teſten, gerade ſo wie die Pflanzen unter ſonſt gleichen
Umſtaͤnden auf magerem Boden mehr Bluͤte und Sa-
men, als Holz und Laub anzuſezen pflegen.

Es iſt bekannt, daß man die innlaͤndiſchen Stut-
ten und Schaafe durch auslaͤndiſche, oder zum wenig-
ſtens von einen andern Samen abſtammende Hengſte
und Widder befruchten laſſen muͤße, wenn man einen
ſchoͤnen Schlag Pferde und gute Schafzucht lange er-
halten will. Die naͤmliche Vorſorge hat man zu
allen Zeiten an Pflanzengewaͤchſen beobachten muͤſſen.
Vor einigen Jahren war um Heidelberg die allgemeine
Klage, daß die Grundbirnen (Solanum eſculentum)
auszuarten anfiengen. Um in Britanien den Waizen
in ſeiner Staͤrke zu erhalten, und zu verhuͤten, daß
in Schottland und Irrland der Flachs nicht ausarte,
wird alljaͤhrlich eine große Menge von fremden Sa-
men eingefuͤhrt. Es ſeye nun, daß der Same durch
die allzugroſſe Aehnlichkeit ſeiner Beſtandtheile, oder
durch die zu lange Angewoͤhnung an einerley Boden,
Nahrung, Himmelsgegend, oder bloß weil er nicht
urſpruͤnglich einheimiſch iſt ſeine Thaͤtigkeit und Kraft
verliere, ſo haben doch ſehr groſſe Maͤnner auch bey
den Menſchenracen die Vermiſchung mit fremden Ge-

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[146/0165] dieſe Neigung zum Anſetzen des Fettes durch koͤrperli- che Bewegungen, ſtaͤrkende fluͤchtige Arzneyen, Sei- fenartige Aufloͤſungen, rothe Korallentinktur, Alaun- waſſer u. d. gl. benehmen, wenn man ſie fruchtbar machen will. Magere, mit trocknem, derbem Fleiſche beſetzte Thiere und Menſchen ſind zum Zeugungsge- ſchaͤfte nach den Erfahrungen aller Zeiten die geſchick- teſten, gerade ſo wie die Pflanzen unter ſonſt gleichen Umſtaͤnden auf magerem Boden mehr Bluͤte und Sa- men, als Holz und Laub anzuſezen pflegen. Es iſt bekannt, daß man die innlaͤndiſchen Stut- ten und Schaafe durch auslaͤndiſche, oder zum wenig- ſtens von einen andern Samen abſtammende Hengſte und Widder befruchten laſſen muͤße, wenn man einen ſchoͤnen Schlag Pferde und gute Schafzucht lange er- halten will. Die naͤmliche Vorſorge hat man zu allen Zeiten an Pflanzengewaͤchſen beobachten muͤſſen. Vor einigen Jahren war um Heidelberg die allgemeine Klage, daß die Grundbirnen (Solanum eſculentum) auszuarten anfiengen. Um in Britanien den Waizen in ſeiner Staͤrke zu erhalten, und zu verhuͤten, daß in Schottland und Irrland der Flachs nicht ausarte, wird alljaͤhrlich eine große Menge von fremden Sa- men eingefuͤhrt. Es ſeye nun, daß der Same durch die allzugroſſe Aehnlichkeit ſeiner Beſtandtheile, oder durch die zu lange Angewoͤhnung an einerley Boden, Nahrung, Himmelsgegend, oder bloß weil er nicht urſpruͤnglich einheimiſch iſt ſeine Thaͤtigkeit und Kraft verliere, ſo haben doch ſehr groſſe Maͤnner auch bey den Menſchenracen die Vermiſchung mit fremden Ge- ſchlech-

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/165>, abgerufen am 30.04.2024.