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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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halten hatte, daß sie sich mit einer Strohschürze deck-
te, hatte eine braune, rauhe, dicke Haut, ein langes
und dickes Haar.

Das Mädchen, das zu Songi in Champagne
gefangen ward, hatte ein schwarzes Ansehen, starke
Finger, lange Nägel, und besonders waren die Dau-
men so stark und verlängert, daß sie sich damit wie
ein Eichhörnchen von Baum zu Baum schwang. Ihr
schneller Lauf war kein Gehen, sondern ein fliegendes
Tripplen und Fortkleiten, wobey an den Füßen fast
gar keine Bewegung zu unterscheiden war. Der Ton
ihrer Stimme war fein und schwach; ihr Geschrey
durchdringend und erschröcklich. Sie hatte ungewöhn-
liche Leichtigkeit und Stärke so, daß sie einen grossen
Hund, den man auf sie los ließ, alsogleich tödete,
und war von ihrer vorigen Nahrung des blutigen und
rohen Fleisches, der Fische, der Blätter und Wur-
zeln so schwer zu entwöhnen, daß sie nicht nur zu ent-
fliehen suchte, sondern auch in eine tödtliche Krankheit
fiel, aus der sie nur durch Saugen des warmen Blu-
tes, das sie wie ein Balsam durchdrang, zurückge-
bracht werden konnte. Ihre Zähne und Nägel fielen
aus, da sie sich zu unsern Speisen gewöhnen sollte,
unerträgliche Schmerzen zogen ihr Magen und Einge-
weide, besonders die Gurgel zusammen, die lechzend
und ausgetrocknet war.

Selbst der aufrechte Gang, das ausgezeichneste
Eigenthum des Menschen, kann in den thierartigen
umgetauscht werden, wobey viele der übrigen Glieder
ihre Gestalt und Verhältniß zu einander ändern müs-

sen,

halten hatte, daß ſie ſich mit einer Strohſchuͤrze deck-
te, hatte eine braune, rauhe, dicke Haut, ein langes
und dickes Haar.

Das Maͤdchen, das zu Songi in Champagne
gefangen ward, hatte ein ſchwarzes Anſehen, ſtarke
Finger, lange Naͤgel, und beſonders waren die Dau-
men ſo ſtark und verlaͤngert, daß ſie ſich damit wie
ein Eichhoͤrnchen von Baum zu Baum ſchwang. Ihr
ſchneller Lauf war kein Gehen, ſondern ein fliegendes
Tripplen und Fortkleiten, wobey an den Fuͤßen faſt
gar keine Bewegung zu unterſcheiden war. Der Ton
ihrer Stimme war fein und ſchwach; ihr Geſchrey
durchdringend und erſchroͤcklich. Sie hatte ungewoͤhn-
liche Leichtigkeit und Staͤrke ſo, daß ſie einen groſſen
Hund, den man auf ſie los ließ, alſogleich toͤdete,
und war von ihrer vorigen Nahrung des blutigen und
rohen Fleiſches, der Fiſche, der Blaͤtter und Wur-
zeln ſo ſchwer zu entwoͤhnen, daß ſie nicht nur zu ent-
fliehen ſuchte, ſondern auch in eine toͤdtliche Krankheit
fiel, aus der ſie nur durch Saugen des warmen Blu-
tes, das ſie wie ein Balſam durchdrang, zuruͤckge-
bracht werden konnte. Ihre Zaͤhne und Naͤgel fielen
aus, da ſie ſich zu unſern Speiſen gewoͤhnen ſollte,
unertraͤgliche Schmerzen zogen ihr Magen und Einge-
weide, beſonders die Gurgel zuſammen, die lechzend
und ausgetrocknet war.

Selbſt der aufrechte Gang, das ausgezeichneſte
Eigenthum des Menſchen, kann in den thierartigen
umgetauſcht werden, wobey viele der uͤbrigen Glieder
ihre Geſtalt und Verhaͤltniß zu einander aͤndern muͤſ-

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[110/0129] halten hatte, daß ſie ſich mit einer Strohſchuͤrze deck- te, hatte eine braune, rauhe, dicke Haut, ein langes und dickes Haar. Das Maͤdchen, das zu Songi in Champagne gefangen ward, hatte ein ſchwarzes Anſehen, ſtarke Finger, lange Naͤgel, und beſonders waren die Dau- men ſo ſtark und verlaͤngert, daß ſie ſich damit wie ein Eichhoͤrnchen von Baum zu Baum ſchwang. Ihr ſchneller Lauf war kein Gehen, ſondern ein fliegendes Tripplen und Fortkleiten, wobey an den Fuͤßen faſt gar keine Bewegung zu unterſcheiden war. Der Ton ihrer Stimme war fein und ſchwach; ihr Geſchrey durchdringend und erſchroͤcklich. Sie hatte ungewoͤhn- liche Leichtigkeit und Staͤrke ſo, daß ſie einen groſſen Hund, den man auf ſie los ließ, alſogleich toͤdete, und war von ihrer vorigen Nahrung des blutigen und rohen Fleiſches, der Fiſche, der Blaͤtter und Wur- zeln ſo ſchwer zu entwoͤhnen, daß ſie nicht nur zu ent- fliehen ſuchte, ſondern auch in eine toͤdtliche Krankheit fiel, aus der ſie nur durch Saugen des warmen Blu- tes, das ſie wie ein Balſam durchdrang, zuruͤckge- bracht werden konnte. Ihre Zaͤhne und Naͤgel fielen aus, da ſie ſich zu unſern Speiſen gewoͤhnen ſollte, unertraͤgliche Schmerzen zogen ihr Magen und Einge- weide, beſonders die Gurgel zuſammen, die lechzend und ausgetrocknet war. Selbſt der aufrechte Gang, das ausgezeichneſte Eigenthum des Menſchen, kann in den thierartigen umgetauſcht werden, wobey viele der uͤbrigen Glieder ihre Geſtalt und Verhaͤltniß zu einander aͤndern muͤſ- ſen,

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/129>, abgerufen am 25.11.2024.