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Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

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Dogmas zu kämpfen scheint, während man auf der anderen
Seite unter dem Einflusse der Darwin'schen Lehre von der
Entstehung der Arten Gefahr läuft, sich in maßlose Specu-
lationen über den Ursprung des Menschen zu verirren. Sie
werden es daher auch kaum auffallend finden, daß man in
den eigenthümlich geformten Ueberresten des Neanderthal-
menschen bald eine urtypische fossile Uebergangsform aus
dem Affen in den Menschen, bald einen fossilen Zeitgenossen
der untergegangenen Mammuthe und Höhlenbären, bald
einen nicht-fossilen modernen Jdioten, bald endlich ein an-
deres menschliches Jndividium von thierischer Mißbildung der
Neuzeit vor sich zu haben geglaubt hat. Aber weil es sich
so mit unserem Gegenstande verhält, so darf sich die Dis-
cussion desselben wohl jeder andern wissenschaftlichen Tages-
frage an die Seite stellen, sei es in Ansehung der Mannich-
faltigkeit von Auffassungen desselben Objectes, oder in An-
sehung der darauf verwendeten Arbeit und der Erfolge, welche
diese für die Erweiterung unsers Wissens gehabt hat.

Nachdem ich so das Verhältniß des Neanderthaler
Fundes zu den wissenschaftlichen Tagesfragen und diejenigen
Punkte summarisch bezeichnet habe, um die es sich in der
öffentlichen Discussion bisher hauptsächlich gehandelt hat,
wird es nun auf eine richtige Vorstellung von dem Fund-
orte und den Umständen ankommen, unter denen die Auf-
findung des fossilen Menschen Statt gefunden hat. Zu dem
Ende bemerke ich, daß etwa eine Meile weit östlich von
Düsseldorf die westlichen Ausläufer eines verhältnißmäßig
schmalen Kalksteingebirges*) auftreten, das sich von hier in

*) Dasselbe bildet unter dem Namen des Elberfelder Kalksteins das
obere Glied der mittleren Abtheilung der Devon-Gruppe oder
des rheinisch-westphälischen Grauwackengebirges und ist dem Lenne-
schiefer als unterem Gliede dieser Abtheilung aufgelagert (nach
von Dechen).

Dogmas zu kämpfen ſcheint, während man auf der anderen
Seite unter dem Einfluſſe der Darwin'ſchen Lehre von der
Entſtehung der Arten Gefahr läuft, ſich in maßloſe Specu-
lationen über den Urſprung des Menſchen zu verirren. Sie
werden es daher auch kaum auffallend finden, daß man in
den eigenthümlich geformten Ueberreſten des Neanderthal-
menſchen bald eine urtypiſche foſſile Uebergangsform aus
dem Affen in den Menſchen, bald einen foſſilen Zeitgenoſſen
der untergegangenen Mammuthe und Höhlenbären, bald
einen nicht-foſſilen modernen Jdioten, bald endlich ein an-
deres menſchliches Jndividium von thieriſcher Mißbildung der
Neuzeit vor ſich zu haben geglaubt hat. Aber weil es ſich
ſo mit unſerem Gegenſtande verhält, ſo darf ſich die Dis-
cuſſion deſſelben wohl jeder andern wiſſenſchaftlichen Tages-
frage an die Seite ſtellen, ſei es in Anſehung der Mannich-
faltigkeit von Auffaſſungen deſſelben Objectes, oder in An-
ſehung der darauf verwendeten Arbeit und der Erfolge, welche
dieſe für die Erweiterung unſers Wiſſens gehabt hat.

Nachdem ich ſo das Verhältniß des Neanderthaler
Fundes zu den wiſſenſchaftlichen Tagesfragen und diejenigen
Punkte ſummariſch bezeichnet habe, um die es ſich in der
öffentlichen Discuſſion bisher hauptſächlich gehandelt hat,
wird es nun auf eine richtige Vorſtellung von dem Fund-
orte und den Umſtänden ankommen, unter denen die Auf-
findung des foſſilen Menſchen Statt gefunden hat. Zu dem
Ende bemerke ich, daß etwa eine Meile weit öſtlich von
Düſſeldorf die weſtlichen Ausläufer eines verhältnißmäßig
ſchmalen Kalkſteingebirges*) auftreten, das ſich von hier in

*) Daſſelbe bildet unter dem Namen des Elberfelder Kalkſteins das
obere Glied der mittleren Abtheilung der Devon-Gruppe oder
des rheiniſch-weſtphäliſchen Grauwackengebirges und iſt dem Lenne-
ſchiefer als unterem Gliede dieſer Abtheilung aufgelagert (nach
von Dechen).
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[45/0049] Dogmas zu kämpfen ſcheint, während man auf der anderen Seite unter dem Einfluſſe der Darwin'ſchen Lehre von der Entſtehung der Arten Gefahr läuft, ſich in maßloſe Specu- lationen über den Urſprung des Menſchen zu verirren. Sie werden es daher auch kaum auffallend finden, daß man in den eigenthümlich geformten Ueberreſten des Neanderthal- menſchen bald eine urtypiſche foſſile Uebergangsform aus dem Affen in den Menſchen, bald einen foſſilen Zeitgenoſſen der untergegangenen Mammuthe und Höhlenbären, bald einen nicht-foſſilen modernen Jdioten, bald endlich ein an- deres menſchliches Jndividium von thieriſcher Mißbildung der Neuzeit vor ſich zu haben geglaubt hat. Aber weil es ſich ſo mit unſerem Gegenſtande verhält, ſo darf ſich die Dis- cuſſion deſſelben wohl jeder andern wiſſenſchaftlichen Tages- frage an die Seite ſtellen, ſei es in Anſehung der Mannich- faltigkeit von Auffaſſungen deſſelben Objectes, oder in An- ſehung der darauf verwendeten Arbeit und der Erfolge, welche dieſe für die Erweiterung unſers Wiſſens gehabt hat. Nachdem ich ſo das Verhältniß des Neanderthaler Fundes zu den wiſſenſchaftlichen Tagesfragen und diejenigen Punkte ſummariſch bezeichnet habe, um die es ſich in der öffentlichen Discuſſion bisher hauptſächlich gehandelt hat, wird es nun auf eine richtige Vorſtellung von dem Fund- orte und den Umſtänden ankommen, unter denen die Auf- findung des foſſilen Menſchen Statt gefunden hat. Zu dem Ende bemerke ich, daß etwa eine Meile weit öſtlich von Düſſeldorf die weſtlichen Ausläufer eines verhältnißmäßig ſchmalen Kalkſteingebirges *) auftreten, das ſich von hier in *) Daſſelbe bildet unter dem Namen des Elberfelder Kalkſteins das obere Glied der mittleren Abtheilung der Devon-Gruppe oder des rheiniſch-weſtphäliſchen Grauwackengebirges und iſt dem Lenne- ſchiefer als unterem Gliede dieſer Abtheilung aufgelagert (nach von Dechen).

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Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/49>, abgerufen am 21.11.2024.