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Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

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bereits besprochenen Thatsachen heute nur eine speciell in's
Auge fassen, die, abgesehen von ihrer Bedeutung an sich,
durch die räumliche Nähe der Oertlichkeit, an die sie geknüpft
ist, und durch mein persönliches Verhältniß zu derselben ge-
eignet scheint, unsere Aufmerksamkeit vorzugsweise in Anspruch
zu nehmen, -- ich meine -- die Auffindung fossiler Men-
schenreste in dem uns benachbarten Neanderthale.

Diese fossilen menschlichen Reste, seitdem sie den Fach-
gelehrten des Jn- und Auslandes bekannt geworden, haben
in der That so großes Aufsehen erregt und so mannichfache
Deutungen erfahren, daß sie nicht nur unbedingt als einer
der merkwürdigsten paläontologischen Funde der neueren
Zeit bezeichnet werden können, sondern auch durch die Ver-
schiedenheit der Ansichten und wissenschaftlichen Zweifel, die
andauernd darüber bestehen, bis auf den heutigen Tag der
Gegenstand einer sehr belebten öffentlichen Discussion geblie-
ben sind. Wenn mich das rege persönliche Jnteresse, womit
ich als Besitzer des Neanderthaler Fundes dieser Discussion
gefolgt bin, nicht täuscht und ich die aus dem Kreise meiner
Bekannten von nahe und fern an mich gerichteten Fragen
und Erkundigungen nicht überschätze, so darf ich annehmen,
daß eine übersichtliche und vergleichende Darstellung alles
Dessen, was über den Neanderthaler Fund in Büchern und
Zeitschriften, für Fachgelehrte hauptsächlich, bis heute veröffent-
licht worden ist, auch in weiteren Kreisen des Publicums
nicht unwillkommen sein werde. Zur Sache selbst will ich
zum Voraus bemerken, daß verschiedene Unklarheiten und
irrige Voraussetzungen über die Beschaffenheit des Fundor-
tes, die sich in die Discussion eingeschlichen und sowohl die
Deutung des Fundes überhaupt, wie namentlich die Schätzung
seines Alters wesentlich beeinträchtigt haben, einer sorgfältigen
Berichtigung bedürfen. Da diese Berichtigung, wie die Ver-

bereits beſprochenen Thatſachen heute nur eine ſpeciell in's
Auge faſſen, die, abgeſehen von ihrer Bedeutung an ſich,
durch die räumliche Nähe der Oertlichkeit, an die ſie geknüpft
iſt, und durch mein perſönliches Verhältniß zu derſelben ge-
eignet ſcheint, unſere Aufmerkſamkeit vorzugsweiſe in Anſpruch
zu nehmen, — ich meine — die Auffindung foſſiler Men-
ſchenreſte in dem uns benachbarten Neanderthale.

Dieſe foſſilen menſchlichen Reſte, ſeitdem ſie den Fach-
gelehrten des Jn- und Auslandes bekannt geworden, haben
in der That ſo großes Aufſehen erregt und ſo mannichfache
Deutungen erfahren, daß ſie nicht nur unbedingt als einer
der merkwürdigſten paläontologiſchen Funde der neueren
Zeit bezeichnet werden können, ſondern auch durch die Ver-
ſchiedenheit der Anſichten und wiſſenſchaftlichen Zweifel, die
andauernd darüber beſtehen, bis auf den heutigen Tag der
Gegenſtand einer ſehr belebten öffentlichen Discuſſion geblie-
ben ſind. Wenn mich das rege perſönliche Jntereſſe, womit
ich als Beſitzer des Neanderthaler Fundes dieſer Discuſſion
gefolgt bin, nicht täuſcht und ich die aus dem Kreiſe meiner
Bekannten von nahe und fern an mich gerichteten Fragen
und Erkundigungen nicht überſchätze, ſo darf ich annehmen,
daß eine überſichtliche und vergleichende Darſtellung alles
Deſſen, was über den Neanderthaler Fund in Büchern und
Zeitſchriften, für Fachgelehrte hauptſächlich, bis heute veröffent-
licht worden iſt, auch in weiteren Kreiſen des Publicums
nicht unwillkommen ſein werde. Zur Sache ſelbſt will ich
zum Voraus bemerken, daß verſchiedene Unklarheiten und
irrige Vorausſetzungen über die Beſchaffenheit des Fundor-
tes, die ſich in die Discuſſion eingeſchlichen und ſowohl die
Deutung des Fundes überhaupt, wie namentlich die Schätzung
ſeines Alters weſentlich beeinträchtigt haben, einer ſorgfältigen
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[43/0047] bereits beſprochenen Thatſachen heute nur eine ſpeciell in's Auge faſſen, die, abgeſehen von ihrer Bedeutung an ſich, durch die räumliche Nähe der Oertlichkeit, an die ſie geknüpft iſt, und durch mein perſönliches Verhältniß zu derſelben ge- eignet ſcheint, unſere Aufmerkſamkeit vorzugsweiſe in Anſpruch zu nehmen, — ich meine — die Auffindung foſſiler Men- ſchenreſte in dem uns benachbarten Neanderthale. Dieſe foſſilen menſchlichen Reſte, ſeitdem ſie den Fach- gelehrten des Jn- und Auslandes bekannt geworden, haben in der That ſo großes Aufſehen erregt und ſo mannichfache Deutungen erfahren, daß ſie nicht nur unbedingt als einer der merkwürdigſten paläontologiſchen Funde der neueren Zeit bezeichnet werden können, ſondern auch durch die Ver- ſchiedenheit der Anſichten und wiſſenſchaftlichen Zweifel, die andauernd darüber beſtehen, bis auf den heutigen Tag der Gegenſtand einer ſehr belebten öffentlichen Discuſſion geblie- ben ſind. Wenn mich das rege perſönliche Jntereſſe, womit ich als Beſitzer des Neanderthaler Fundes dieſer Discuſſion gefolgt bin, nicht täuſcht und ich die aus dem Kreiſe meiner Bekannten von nahe und fern an mich gerichteten Fragen und Erkundigungen nicht überſchätze, ſo darf ich annehmen, daß eine überſichtliche und vergleichende Darſtellung alles Deſſen, was über den Neanderthaler Fund in Büchern und Zeitſchriften, für Fachgelehrte hauptſächlich, bis heute veröffent- licht worden iſt, auch in weiteren Kreiſen des Publicums nicht unwillkommen ſein werde. Zur Sache ſelbſt will ich zum Voraus bemerken, daß verſchiedene Unklarheiten und irrige Vorausſetzungen über die Beſchaffenheit des Fundor- tes, die ſich in die Discuſſion eingeſchlichen und ſowohl die Deutung des Fundes überhaupt, wie namentlich die Schätzung ſeines Alters weſentlich beeinträchtigt haben, einer ſorgfältigen Berichtigung bedürfen. Da dieſe Berichtigung, wie die Ver-

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Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/47>, abgerufen am 19.04.2024.