Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite

Jnselreichs haben vor Alters die Bildung vieler Torfmoore
begünstigt, die nicht sowohl durch ihre Ausdehnung als durch
die Tiefe der kesselförmigen Senkungen sich auszeichnen,
worin sie gegenwärtig liegen. Jn diesen Mooren haben sich
nun im Laufe der Zeiten die Waldbäume und andere
Pflanzenzeugen früherer Perioden in der Ordnung aufge-
schichtet, welche durch den Vegetationswechsel bedingt war,
und sind durchgängig so wohl erhalten, daß sie sich als
Species bestimmen lassen. Die Kieferstämme, mit ihrer
Spitze nach der Mitte der Moore gerichtet und oft so dick,
daß sie mehrere Hundert Jahresringe zählen, nehmen die
unterste Stelle ein; darauf folgen mächtige Eichen und zwar
die Steineiche (Quercus sessiliflora), in den obersten Torf-
schichten endlich die Sommereiche (Quercus pedunculata).
Die Buche fehlt noch gänzlich. Heute aber würden wahrscheinlich
prachtvolle Buchenstämme die unterste Stelle einnehmen, wenn
unter ähnlichen localen Bedingungen auf den dänischen Jn-
seln die Bildung eines Torfmoores begänne. Die Gegen-
wart des Auerhahns in den Küchenabfällen beweist, daß
das Volk, von welchem diese herrühren, in Dänemark zur
Fichtenzeit lebte und daß seit jener Zeit die Eichenvegetation
vorüberging, die nun der Buche dort Platz gemacht hat.
Man hat Fichtenstämme gefunden, die der Mensch mit Feuer
und Stein bearbeitet hatte, und zwischen den Fichtenstäm-
men Kieselgeräthschaften, welche deutlich die Parallele mit
den Küchenabfällen herstellen, während dagegen in den Torf-
mooren, welche der Eichenzeit entsprechen, schöne Bronzege-
räthschaften gefunden worden sind. -- Nun vergleiche man
mit diesen Thatsachen den äußerst langsamen Gang, den die
Natur für größere Länderstrecken dem Wechsel der Waldve-
getation vorgezeichnet hat, wofür sich in der historischen Zeit
nur schwache Belege haben sammeln lassen, so wird man

Jnſelreichs haben vor Alters die Bildung vieler Torfmoore
begünſtigt, die nicht ſowohl durch ihre Ausdehnung als durch
die Tiefe der keſſelförmigen Senkungen ſich auszeichnen,
worin ſie gegenwärtig liegen. Jn dieſen Mooren haben ſich
nun im Laufe der Zeiten die Waldbäume und andere
Pflanzenzeugen früherer Perioden in der Ordnung aufge-
ſchichtet, welche durch den Vegetationswechſel bedingt war,
und ſind durchgängig ſo wohl erhalten, daß ſie ſich als
Species beſtimmen laſſen. Die Kieferſtämme, mit ihrer
Spitze nach der Mitte der Moore gerichtet und oft ſo dick,
daß ſie mehrere Hundert Jahresringe zählen, nehmen die
unterſte Stelle ein; darauf folgen mächtige Eichen und zwar
die Steineiche (Quercus sessiliflora), in den oberſten Torf-
ſchichten endlich die Sommereiche (Quercus pedunculata).
Die Buche fehlt noch gänzlich. Heute aber würden wahrſcheinlich
prachtvolle Buchenſtämme die unterſte Stelle einnehmen, wenn
unter ähnlichen localen Bedingungen auf den däniſchen Jn-
ſeln die Bildung eines Torfmoores begänne. Die Gegen-
wart des Auerhahns in den Küchenabfällen beweiſt, daß
das Volk, von welchem dieſe herrühren, in Dänemark zur
Fichtenzeit lebte und daß ſeit jener Zeit die Eichenvegetation
vorüberging, die nun der Buche dort Platz gemacht hat.
Man hat Fichtenſtämme gefunden, die der Menſch mit Feuer
und Stein bearbeitet hatte, und zwiſchen den Fichtenſtäm-
men Kieſelgeräthſchaften, welche deutlich die Parallele mit
den Küchenabfällen herſtellen, während dagegen in den Torf-
mooren, welche der Eichenzeit entſprechen, ſchöne Bronzege-
räthſchaften gefunden worden ſind. — Nun vergleiche man
mit dieſen Thatſachen den äußerſt langſamen Gang, den die
Natur für größere Länderſtrecken dem Wechſel der Waldve-
getation vorgezeichnet hat, wofür ſich in der hiſtoriſchen Zeit
nur ſchwache Belege haben ſammeln laſſen, ſo wird man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0040" n="36"/>
Jn&#x017F;elreichs haben vor Alters die Bildung vieler <hi rendition="#g">Torfmoore</hi><lb/>
begün&#x017F;tigt, die nicht &#x017F;owohl durch ihre Ausdehnung als durch<lb/>
die Tiefe der ke&#x017F;&#x017F;elförmigen Senkungen &#x017F;ich auszeichnen,<lb/>
worin &#x017F;ie gegenwärtig liegen. Jn die&#x017F;en Mooren haben &#x017F;ich<lb/>
nun im Laufe der Zeiten die Waldbäume und andere<lb/>
Pflanzenzeugen früherer Perioden in der Ordnung aufge-<lb/>
&#x017F;chichtet, welche durch den Vegetationswech&#x017F;el bedingt war,<lb/>
und &#x017F;ind durchgängig &#x017F;o wohl erhalten, daß &#x017F;ie &#x017F;ich als<lb/>
Species be&#x017F;timmen la&#x017F;&#x017F;en. Die Kiefer&#x017F;tämme, mit ihrer<lb/>
Spitze nach der Mitte der Moore gerichtet und oft &#x017F;o dick,<lb/>
daß &#x017F;ie mehrere Hundert Jahresringe zählen, nehmen die<lb/>
unter&#x017F;te Stelle ein; darauf folgen mächtige Eichen und zwar<lb/>
die Steineiche (<hi rendition="#aq">Quercus sessiliflora</hi>), in den ober&#x017F;ten Torf-<lb/>
&#x017F;chichten endlich die Sommereiche (<hi rendition="#aq">Quercus pedunculata</hi>).<lb/>
Die Buche fehlt noch gänzlich. Heute aber würden wahr&#x017F;cheinlich<lb/>
prachtvolle Buchen&#x017F;tämme die unter&#x017F;te Stelle einnehmen, wenn<lb/>
unter ähnlichen localen Bedingungen auf den däni&#x017F;chen Jn-<lb/>
&#x017F;eln die Bildung eines Torfmoores begänne. Die Gegen-<lb/>
wart des Auerhahns in den Küchenabfällen bewei&#x017F;t, daß<lb/>
das Volk, von welchem die&#x017F;e herrühren, in Dänemark zur<lb/>
Fichtenzeit lebte und daß &#x017F;eit jener Zeit die Eichenvegetation<lb/>
vorüberging, die nun der Buche dort Platz gemacht hat.<lb/>
Man hat Fichten&#x017F;tämme gefunden, die der Men&#x017F;ch mit Feuer<lb/>
und Stein bearbeitet hatte, und zwi&#x017F;chen den Fichten&#x017F;täm-<lb/>
men Kie&#x017F;elgeräth&#x017F;chaften, welche deutlich die Parallele mit<lb/>
den Küchenabfällen her&#x017F;tellen, während dagegen in den Torf-<lb/>
mooren, welche der Eichenzeit ent&#x017F;prechen, &#x017F;chöne Bronzege-<lb/>
räth&#x017F;chaften gefunden worden &#x017F;ind. &#x2014; Nun vergleiche man<lb/>
mit die&#x017F;en That&#x017F;achen den äußer&#x017F;t lang&#x017F;amen Gang, den die<lb/>
Natur für größere Länder&#x017F;trecken dem Wech&#x017F;el der Waldve-<lb/>
getation vorgezeichnet hat, wofür &#x017F;ich in der hi&#x017F;tori&#x017F;chen Zeit<lb/>
nur &#x017F;chwache Belege haben &#x017F;ammeln la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o wird man<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0040] Jnſelreichs haben vor Alters die Bildung vieler Torfmoore begünſtigt, die nicht ſowohl durch ihre Ausdehnung als durch die Tiefe der keſſelförmigen Senkungen ſich auszeichnen, worin ſie gegenwärtig liegen. Jn dieſen Mooren haben ſich nun im Laufe der Zeiten die Waldbäume und andere Pflanzenzeugen früherer Perioden in der Ordnung aufge- ſchichtet, welche durch den Vegetationswechſel bedingt war, und ſind durchgängig ſo wohl erhalten, daß ſie ſich als Species beſtimmen laſſen. Die Kieferſtämme, mit ihrer Spitze nach der Mitte der Moore gerichtet und oft ſo dick, daß ſie mehrere Hundert Jahresringe zählen, nehmen die unterſte Stelle ein; darauf folgen mächtige Eichen und zwar die Steineiche (Quercus sessiliflora), in den oberſten Torf- ſchichten endlich die Sommereiche (Quercus pedunculata). Die Buche fehlt noch gänzlich. Heute aber würden wahrſcheinlich prachtvolle Buchenſtämme die unterſte Stelle einnehmen, wenn unter ähnlichen localen Bedingungen auf den däniſchen Jn- ſeln die Bildung eines Torfmoores begänne. Die Gegen- wart des Auerhahns in den Küchenabfällen beweiſt, daß das Volk, von welchem dieſe herrühren, in Dänemark zur Fichtenzeit lebte und daß ſeit jener Zeit die Eichenvegetation vorüberging, die nun der Buche dort Platz gemacht hat. Man hat Fichtenſtämme gefunden, die der Menſch mit Feuer und Stein bearbeitet hatte, und zwiſchen den Fichtenſtäm- men Kieſelgeräthſchaften, welche deutlich die Parallele mit den Küchenabfällen herſtellen, während dagegen in den Torf- mooren, welche der Eichenzeit entſprechen, ſchöne Bronzege- räthſchaften gefunden worden ſind. — Nun vergleiche man mit dieſen Thatſachen den äußerſt langſamen Gang, den die Natur für größere Länderſtrecken dem Wechſel der Waldve- getation vorgezeichnet hat, wofür ſich in der hiſtoriſchen Zeit nur ſchwache Belege haben ſammeln laſſen, ſo wird man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/40
Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/40>, abgerufen am 03.12.2024.