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Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

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untersuchte, in einer entlegenen Abtheilung derselben unter
anderen Knochen auch einige menschliche fand und diesen Fund
bekannt machte. Nach ihm wurden die Höhlen jenes Gebir-
ges von Prof. Rosenmüller in Leipzig untersucht, der seit
1796 wiederholt in seinen Schriften auf die Wichtigkeit der
Knochenhöhlen und ihrer Einschlüsse von menschlichen Ueber-
resten aufmerksam machte.

Lebhafter wurde aber die Frage des fossilen Menschen
seit dem Jahre 1814 discutirt, wo von der westindischen
Jnsel Guadeloupe Menschenknochen, in dichten Kalkstein ein-
geschlossen, bekannt wurden, von denen sich indeß ein fossiles
Alter nicht hat nachweisen lassen. (Bericht hierüber von
Dr. König in den Philos. Transactions).

Jn dem seiner Zeit berühmten Buche des englischen
Geologen Buckland, das unter dem Titel: "Reliquiae dilu-
vianae
" 1822 erschien und auf den britischen Jnseln, wie
auf dem Continente die Auffindung und genauere Untersu-
chung einer Menge von Knochenhöhlen zur Folge hatte,
werden bereits 5 verschiedene Oertlichkeiten in England nam-
haft gemacht, wo Menschenknochen unter ähnlichen Verhält-
nissen, wie fossile Thierknochen und theilweise mit diesen
zusammen beobachtet wurden.

Fast gleichzeitig hatte indeß der große Paläontologe G.
Cuvier in Paris sein noch berühmteres Werk: "Recherches
sur les ossements fossiles etc
." (es erschien zuerst 1812,
in der 3. Aufl. 1825 in 5 Bnd., in der 4. Aufl. 1835)
veröffentlicht und darin gewissermaßen als Dogma aufgestellt
und durchgeführt, daß es gar keine fossilen Menschen-
knochen gebe
. Dieser Ausspruch von einer solchen Auto-
rität verwirrte lange Jahre hindurch die Blicke der Fachmän-
ner in dem Grade, daß sie fast nicht mehr sehen wollten,
was sie vor Augen hatten. Der verdienstvolle deutsche Pa-

unterſuchte, in einer entlegenen Abtheilung derſelben unter
anderen Knochen auch einige menſchliche fand und dieſen Fund
bekannt machte. Nach ihm wurden die Höhlen jenes Gebir-
ges von Prof. Roſenmüller in Leipzig unterſucht, der ſeit
1796 wiederholt in ſeinen Schriften auf die Wichtigkeit der
Knochenhöhlen und ihrer Einſchlüſſe von menſchlichen Ueber-
reſten aufmerkſam machte.

Lebhafter wurde aber die Frage des foſſilen Menſchen
ſeit dem Jahre 1814 discutirt, wo von der weſtindiſchen
Jnſel Guadeloupe Menſchenknochen, in dichten Kalkſtein ein-
geſchloſſen, bekannt wurden, von denen ſich indeß ein foſſiles
Alter nicht hat nachweiſen laſſen. (Bericht hierüber von
Dr. König in den Philos. Transactions).

Jn dem ſeiner Zeit berühmten Buche des engliſchen
Geologen Buckland, das unter dem Titel: „Reliquiae dilu-
vianae
“ 1822 erſchien und auf den britiſchen Jnſeln, wie
auf dem Continente die Auffindung und genauere Unterſu-
chung einer Menge von Knochenhöhlen zur Folge hatte,
werden bereits 5 verſchiedene Oertlichkeiten in England nam-
haft gemacht, wo Menſchenknochen unter ähnlichen Verhält-
niſſen, wie foſſile Thierknochen und theilweiſe mit dieſen
zuſammen beobachtet wurden.

Faſt gleichzeitig hatte indeß der große Paläontologe G.
Cuvier in Paris ſein noch berühmteres Werk: „Recherches
sur les ossements fossiles etc
.“ (es erſchien zuerſt 1812,
in der 3. Aufl. 1825 in 5 Bnd., in der 4. Aufl. 1835)
veröffentlicht und darin gewiſſermaßen als Dogma aufgeſtellt
und durchgeführt, daß es gar keine foſſilen Menſchen-
knochen gebe
. Dieſer Ausſpruch von einer ſolchen Auto-
rität verwirrte lange Jahre hindurch die Blicke der Fachmän-
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[27/0031] unterſuchte, in einer entlegenen Abtheilung derſelben unter anderen Knochen auch einige menſchliche fand und dieſen Fund bekannt machte. Nach ihm wurden die Höhlen jenes Gebir- ges von Prof. Roſenmüller in Leipzig unterſucht, der ſeit 1796 wiederholt in ſeinen Schriften auf die Wichtigkeit der Knochenhöhlen und ihrer Einſchlüſſe von menſchlichen Ueber- reſten aufmerkſam machte. Lebhafter wurde aber die Frage des foſſilen Menſchen ſeit dem Jahre 1814 discutirt, wo von der weſtindiſchen Jnſel Guadeloupe Menſchenknochen, in dichten Kalkſtein ein- geſchloſſen, bekannt wurden, von denen ſich indeß ein foſſiles Alter nicht hat nachweiſen laſſen. (Bericht hierüber von Dr. König in den Philos. Transactions). Jn dem ſeiner Zeit berühmten Buche des engliſchen Geologen Buckland, das unter dem Titel: „Reliquiae dilu- vianae“ 1822 erſchien und auf den britiſchen Jnſeln, wie auf dem Continente die Auffindung und genauere Unterſu- chung einer Menge von Knochenhöhlen zur Folge hatte, werden bereits 5 verſchiedene Oertlichkeiten in England nam- haft gemacht, wo Menſchenknochen unter ähnlichen Verhält- niſſen, wie foſſile Thierknochen und theilweiſe mit dieſen zuſammen beobachtet wurden. Faſt gleichzeitig hatte indeß der große Paläontologe G. Cuvier in Paris ſein noch berühmteres Werk: „Recherches sur les ossements fossiles etc.“ (es erſchien zuerſt 1812, in der 3. Aufl. 1825 in 5 Bnd., in der 4. Aufl. 1835) veröffentlicht und darin gewiſſermaßen als Dogma aufgeſtellt und durchgeführt, daß es gar keine foſſilen Menſchen- knochen gebe. Dieſer Ausſpruch von einer ſolchen Auto- rität verwirrte lange Jahre hindurch die Blicke der Fachmän- ner in dem Grade, daß ſie faſt nicht mehr ſehen wollten, was ſie vor Augen hatten. Der verdienſtvolle deutſche Pa-

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Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/31>, abgerufen am 29.03.2024.