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Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

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chen, die ein anerkannt großer Geologe unserer Zeit, Charles
Lyell
in London in seinem neuesten Werke "The Antiquity
of Man
" aufgestellt hat. Derselbe vertheilt die sämmtlichen
geschichteten Gebirgsglieder in vier Epochen, die er primäre,
secundäre, tertiäre
und quartäre Gebirge nennt. Die
älteste oder primäre Epoche umfaßt 5 Perioden mit 9 For-
mationen, die secundäre umfaßt 3 Perioden mit 18 Forma-
tionen, die tertiäre 3 Perioden mit 7 Formationen; die
jüngste endlich ist aus 2 Formationen zusammengesetzt, welche
als oberste Schichten fast überall die älteren Gebirge bedecken
und unter dem Namen Diluvium und Alluvium be-
kannt sind, in Beziehung auf die Geschichte des Menschen
aber besser als Urzeit und Neuzeit bezeichnet werden.
Das ist freilich nur eine trockene Uebersicht, aber dieselbe
umfaßt 36 Glieder, die als ebenso viele Bildungsstufen in
der Gestaltung der Erdoberfläche und in dem Entwickelungs-
gange des organischen Lebens aufzufassen sind.

Aus der Vergleichung der Thier- und Pflanzenreste,
welche diese 36 Formationen einschließen, hat sich nun erge-
ben, daß uns in der ältesten Epoche Thier- und Pflanzen-
formen begegnen, die fast in allen Beziehungen von den heute
um uns lebenden wesentlich abweichen, während die zweite
Epoche hierin schon eine allmählige Verähnlichung mit der
Jetztwelt gewahren läßt, in der dritten Epoche aber, anfäng-
lich in geringer Zahl, dann allmählig immer häufiger
Thier- und Pflanzenformen auftreten, die auch noch jetzt
lebend auf der Erde gefunden werden. Von besonderem
Jnteresse, namentlich für das Thema meines Vortrags ist
aus der vierten Epoche das Diluvium, oder nach Lyell:
die nach-pliocene Formation, die zwar keine Schalthiere
(Muscheln und Schnecken) aufzuweisen hat, die nicht auch
jetzt noch lebend auf der Erde gefunden würden, dagegen

chen, die ein anerkannt großer Geologe unſerer Zeit, Charles
Lyell
in London in ſeinem neueſten Werke „The Antiquity
of Man
“ aufgeſtellt hat. Derſelbe vertheilt die ſämmtlichen
geſchichteten Gebirgsglieder in vier Epochen, die er primäre,
ſecundäre, tertiäre
und quartäre Gebirge nennt. Die
älteſte oder primäre Epoche umfaßt 5 Perioden mit 9 For-
mationen, die ſecundäre umfaßt 3 Perioden mit 18 Forma-
tionen, die tertiäre 3 Perioden mit 7 Formationen; die
jüngſte endlich iſt aus 2 Formationen zuſammengeſetzt, welche
als oberſte Schichten faſt überall die älteren Gebirge bedecken
und unter dem Namen Diluvium und Alluvium be-
kannt ſind, in Beziehung auf die Geſchichte des Menſchen
aber beſſer als Urzeit und Neuzeit bezeichnet werden.
Das iſt freilich nur eine trockene Ueberſicht, aber dieſelbe
umfaßt 36 Glieder, die als ebenſo viele Bildungsſtufen in
der Geſtaltung der Erdoberfläche und in dem Entwickelungs-
gange des organiſchen Lebens aufzufaſſen ſind.

Aus der Vergleichung der Thier- und Pflanzenreſte,
welche dieſe 36 Formationen einſchließen, hat ſich nun erge-
ben, daß uns in der älteſten Epoche Thier- und Pflanzen-
formen begegnen, die faſt in allen Beziehungen von den heute
um uns lebenden weſentlich abweichen, während die zweite
Epoche hierin ſchon eine allmählige Verähnlichung mit der
Jetztwelt gewahren läßt, in der dritten Epoche aber, anfäng-
lich in geringer Zahl, dann allmählig immer häufiger
Thier- und Pflanzenformen auftreten, die auch noch jetzt
lebend auf der Erde gefunden werden. Von beſonderem
Jntereſſe, namentlich für das Thema meines Vortrags iſt
aus der vierten Epoche das Diluvium, oder nach Lyell:
die nach-pliocene Formation, die zwar keine Schalthiere
(Muſcheln und Schnecken) aufzuweiſen hat, die nicht auch
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[16/0020] chen, die ein anerkannt großer Geologe unſerer Zeit, Charles Lyell in London in ſeinem neueſten Werke „The Antiquity of Man“ aufgeſtellt hat. Derſelbe vertheilt die ſämmtlichen geſchichteten Gebirgsglieder in vier Epochen, die er primäre, ſecundäre, tertiäre und quartäre Gebirge nennt. Die älteſte oder primäre Epoche umfaßt 5 Perioden mit 9 For- mationen, die ſecundäre umfaßt 3 Perioden mit 18 Forma- tionen, die tertiäre 3 Perioden mit 7 Formationen; die jüngſte endlich iſt aus 2 Formationen zuſammengeſetzt, welche als oberſte Schichten faſt überall die älteren Gebirge bedecken und unter dem Namen Diluvium und Alluvium be- kannt ſind, in Beziehung auf die Geſchichte des Menſchen aber beſſer als Urzeit und Neuzeit bezeichnet werden. Das iſt freilich nur eine trockene Ueberſicht, aber dieſelbe umfaßt 36 Glieder, die als ebenſo viele Bildungsſtufen in der Geſtaltung der Erdoberfläche und in dem Entwickelungs- gange des organiſchen Lebens aufzufaſſen ſind. Aus der Vergleichung der Thier- und Pflanzenreſte, welche dieſe 36 Formationen einſchließen, hat ſich nun erge- ben, daß uns in der älteſten Epoche Thier- und Pflanzen- formen begegnen, die faſt in allen Beziehungen von den heute um uns lebenden weſentlich abweichen, während die zweite Epoche hierin ſchon eine allmählige Verähnlichung mit der Jetztwelt gewahren läßt, in der dritten Epoche aber, anfäng- lich in geringer Zahl, dann allmählig immer häufiger Thier- und Pflanzenformen auftreten, die auch noch jetzt lebend auf der Erde gefunden werden. Von beſonderem Jntereſſe, namentlich für das Thema meines Vortrags iſt aus der vierten Epoche das Diluvium, oder nach Lyell: die nach-pliocene Formation, die zwar keine Schalthiere (Muſcheln und Schnecken) aufzuweiſen hat, die nicht auch jetzt noch lebend auf der Erde gefunden würden, dagegen

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Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/20>, abgerufen am 25.04.2024.