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Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

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Wissenschaft recipirt war -- aufrecht erhalten zu können.
Sollten diese wiederholten neuen Schöpfungen irgend einen
Sinn haben, so mußten sie, wie man einräumen wird, ent-
weder als ebenso viele Acte der Schöpfungsthätigkeit Gottes
gedeutet werden, dessen Plan es mit sich brachte, von einer
Erdepoche zur anderen alles vorhandene Thier- und Pflanzen-
leben zu vernichten, um dann die verjüngte Erde mit neuen
Lebensformen zu schmücken; oder diese neuen Schöpfungen
mußten angesehen werden als die Erzeugnisse chemisch-physi-
calischer Naturkräfte, die von Anfang an den leblosen Ele-
mentarstoffen zu eigen waren und aus diesen unter veränderten
Bedingungen, -- also nach jeder großen Katastrophe, welche ein
neues Entwickelungsstadium des Erdganzen einleitete, -- auch
veränderte, neue Lebensformen in's Dasein brachten. Jch
brauche nicht hervorzuheben, wie sehr beide Auffassungen den
gangbaren Begriffen von einer einmaligen Schöpfung zu-
widerlaufen; den Nachweis jedoch, daß dieselben für die Wis-
senschaft nur Durchgangspunkte waren, die sie bereits passirt
hat, also Ausdrucksformen, in denen sich ihr jeweiliger
Standpunkt zuspitzte, diesen Nachweis trete ich um so lieber
an, als er uns am Einfachsten den Boden gewinnen läßt,
auf dem sich meine späteren Mittheilungen und die Beweise
für den frühzeitigen Ursprung des menschlichen Geschlechts
bewegen werden.

Jch habe schon mehrfach der Schichtenbildungen Er-
wähnung gethan, aus denen wir die Oberfläche des Festlan-
des überall da zusammengesetzt finden, wo sie nicht aus
Urgebirgen, aus Graniten und anderen so genannten pluto-
nischen und vulcanischen Massen besteht. Die geschichteten
Gebirgsarten sind alle im Wasser entstanden und würden
somit ihrem relativen Alter nach leicht zu bestimmen sein,
wenn es irgendwo eine Oertlichkeit gäbe, wo sie in der un-

Wiſſenſchaft recipirt war — aufrecht erhalten zu können.
Sollten dieſe wiederholten neuen Schöpfungen irgend einen
Sinn haben, ſo mußten ſie, wie man einräumen wird, ent-
weder als ebenſo viele Acte der Schöpfungsthätigkeit Gottes
gedeutet werden, deſſen Plan es mit ſich brachte, von einer
Erdepoche zur anderen alles vorhandene Thier- und Pflanzen-
leben zu vernichten, um dann die verjüngte Erde mit neuen
Lebensformen zu ſchmücken; oder dieſe neuen Schöpfungen
mußten angeſehen werden als die Erzeugniſſe chemiſch-phyſi-
caliſcher Naturkräfte, die von Anfang an den lebloſen Ele-
mentarſtoffen zu eigen waren und aus dieſen unter veränderten
Bedingungen, — alſo nach jeder großen Kataſtrophe, welche ein
neues Entwickelungsſtadium des Erdganzen einleitete, — auch
veränderte, neue Lebensformen in's Daſein brachten. Jch
brauche nicht hervorzuheben, wie ſehr beide Auffaſſungen den
gangbaren Begriffen von einer einmaligen Schöpfung zu-
widerlaufen; den Nachweis jedoch, daß dieſelben für die Wiſ-
ſenſchaft nur Durchgangspunkte waren, die ſie bereits paſſirt
hat, alſo Ausdrucksformen, in denen ſich ihr jeweiliger
Standpunkt zuſpitzte, dieſen Nachweis trete ich um ſo lieber
an, als er uns am Einfachſten den Boden gewinnen läßt,
auf dem ſich meine ſpäteren Mittheilungen und die Beweiſe
für den frühzeitigen Urſprung des menſchlichen Geſchlechts
bewegen werden.

Jch habe ſchon mehrfach der Schichtenbildungen Er-
wähnung gethan, aus denen wir die Oberfläche des Feſtlan-
des überall da zuſammengeſetzt finden, wo ſie nicht aus
Urgebirgen, aus Graniten und anderen ſo genannten pluto-
niſchen und vulcaniſchen Maſſen beſteht. Die geſchichteten
Gebirgsarten ſind alle im Waſſer entſtanden und würden
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[14/0018] Wiſſenſchaft recipirt war — aufrecht erhalten zu können. Sollten dieſe wiederholten neuen Schöpfungen irgend einen Sinn haben, ſo mußten ſie, wie man einräumen wird, ent- weder als ebenſo viele Acte der Schöpfungsthätigkeit Gottes gedeutet werden, deſſen Plan es mit ſich brachte, von einer Erdepoche zur anderen alles vorhandene Thier- und Pflanzen- leben zu vernichten, um dann die verjüngte Erde mit neuen Lebensformen zu ſchmücken; oder dieſe neuen Schöpfungen mußten angeſehen werden als die Erzeugniſſe chemiſch-phyſi- caliſcher Naturkräfte, die von Anfang an den lebloſen Ele- mentarſtoffen zu eigen waren und aus dieſen unter veränderten Bedingungen, — alſo nach jeder großen Kataſtrophe, welche ein neues Entwickelungsſtadium des Erdganzen einleitete, — auch veränderte, neue Lebensformen in's Daſein brachten. Jch brauche nicht hervorzuheben, wie ſehr beide Auffaſſungen den gangbaren Begriffen von einer einmaligen Schöpfung zu- widerlaufen; den Nachweis jedoch, daß dieſelben für die Wiſ- ſenſchaft nur Durchgangspunkte waren, die ſie bereits paſſirt hat, alſo Ausdrucksformen, in denen ſich ihr jeweiliger Standpunkt zuſpitzte, dieſen Nachweis trete ich um ſo lieber an, als er uns am Einfachſten den Boden gewinnen läßt, auf dem ſich meine ſpäteren Mittheilungen und die Beweiſe für den frühzeitigen Urſprung des menſchlichen Geſchlechts bewegen werden. Jch habe ſchon mehrfach der Schichtenbildungen Er- wähnung gethan, aus denen wir die Oberfläche des Feſtlan- des überall da zuſammengeſetzt finden, wo ſie nicht aus Urgebirgen, aus Graniten und anderen ſo genannten pluto- niſchen und vulcaniſchen Maſſen beſteht. Die geſchichteten Gebirgsarten ſind alle im Waſſer entſtanden und würden ſomit ihrem relativen Alter nach leicht zu beſtimmen ſein, wenn es irgendwo eine Oertlichkeit gäbe, wo ſie in der un-

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Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/18>, abgerufen am 18.04.2024.