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Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

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auch berührt sie die höheren Jnteressen des geistig erwachten
Menschen in so wesentlichen Punkten, daß in gebildeten Krei-
sen der Gesellschaft ein gleichgültiges Hinweggehen über die-
selbe kaum denkbar ist. Jn der einen wie in der andern
Form wird unsere Frage daher wohl überall ihr Publicum
finden, ja, auf allgemeine Theilnahme rechnen können. Es
scheint sich deshalb auch von selbst zu verstehen, daß die Be-
antwortung der Frage nicht erst in unseren Tagen versucht
worden ist. Jch brauche nur daran zu erinnern, daß uns
neben der bibelischen Sündfluth von verschiedenen in der Ci-
vilisation vorgeschrittenen älteren Völkern, namentlich von
den Helenen Ueberlieferungen von vorzeitigen großen Fluthen,
aus denen sich nur wenige Menschen retteten, aufbewahrt
sind und daß darin die Dichter und Denker des classischen
Alterthums geeigneten Anlaß fanden, über die ursprüngliche
Entstehung des Menschen zu sinnen und sich auszusprechen,
-- um diese früheren Versuche wenigstens angedeutet zu
haben. Wollten wir davon aber absehen, so ist uns Allen
doch seit unseren Kinderjahren die Schöpfungsgeschichte und
die Erschaffung des Menschen geläufig geblieben, die wir
im I. Buche Mose in so prägnanten und großartigen Zügen
aufgezeichnet finden. So alt nun die ehrwürdige Urkunde
ist, worauf ich hier Bezug nehme, so alt wenigstens ist auch
die Frage über den Ursprung und das Alter des Menschen,
und so weit zurück datiren die Versuche, die Frage auch in
denjenigen Beziehungen zu beantworten, die ich für die Wiß-
begierde und -- will ich hinzusetzen -- für den Standpunkt
der wissenschaftlichen Forschung unserer Tage als die be-
deutsamsten bezeichnet habe.

Je weniger neu aber ein wichtiges Problem ist, je
älter und ehrwürdiger vielmehr die Versuche sind, dasselbe
zu lösen, und wenn namentlich, wie im vorliegenden Falle,

auch berührt ſie die höheren Jntereſſen des geiſtig erwachten
Menſchen in ſo weſentlichen Punkten, daß in gebildeten Krei-
ſen der Geſellſchaft ein gleichgültiges Hinweggehen über die-
ſelbe kaum denkbar iſt. Jn der einen wie in der andern
Form wird unſere Frage daher wohl überall ihr Publicum
finden, ja, auf allgemeine Theilnahme rechnen können. Es
ſcheint ſich deshalb auch von ſelbſt zu verſtehen, daß die Be-
antwortung der Frage nicht erſt in unſeren Tagen verſucht
worden iſt. Jch brauche nur daran zu erinnern, daß uns
neben der bibeliſchen Sündfluth von verſchiedenen in der Ci-
viliſation vorgeſchrittenen älteren Völkern, namentlich von
den Helenen Ueberlieferungen von vorzeitigen großen Fluthen,
aus denen ſich nur wenige Menſchen retteten, aufbewahrt
ſind und daß darin die Dichter und Denker des claſſiſchen
Alterthums geeigneten Anlaß fanden, über die urſprüngliche
Entſtehung des Menſchen zu ſinnen und ſich auszuſprechen,
— um dieſe früheren Verſuche wenigſtens angedeutet zu
haben. Wollten wir davon aber abſehen, ſo iſt uns Allen
doch ſeit unſeren Kinderjahren die Schöpfungsgeſchichte und
die Erſchaffung des Menſchen geläufig geblieben, die wir
im I. Buche Moſe in ſo prägnanten und großartigen Zügen
aufgezeichnet finden. So alt nun die ehrwürdige Urkunde
iſt, worauf ich hier Bezug nehme, ſo alt wenigſtens iſt auch
die Frage über den Urſprung und das Alter des Menſchen,
und ſo weit zurück datiren die Verſuche, die Frage auch in
denjenigen Beziehungen zu beantworten, die ich für die Wiß-
begierde und — will ich hinzuſetzen — für den Standpunkt
der wiſſenſchaftlichen Forſchung unſerer Tage als die be-
deutſamſten bezeichnet habe.

Je weniger neu aber ein wichtiges Problem iſt, je
älter und ehrwürdiger vielmehr die Verſuche ſind, daſſelbe
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[6/0010] auch berührt ſie die höheren Jntereſſen des geiſtig erwachten Menſchen in ſo weſentlichen Punkten, daß in gebildeten Krei- ſen der Geſellſchaft ein gleichgültiges Hinweggehen über die- ſelbe kaum denkbar iſt. Jn der einen wie in der andern Form wird unſere Frage daher wohl überall ihr Publicum finden, ja, auf allgemeine Theilnahme rechnen können. Es ſcheint ſich deshalb auch von ſelbſt zu verſtehen, daß die Be- antwortung der Frage nicht erſt in unſeren Tagen verſucht worden iſt. Jch brauche nur daran zu erinnern, daß uns neben der bibeliſchen Sündfluth von verſchiedenen in der Ci- viliſation vorgeſchrittenen älteren Völkern, namentlich von den Helenen Ueberlieferungen von vorzeitigen großen Fluthen, aus denen ſich nur wenige Menſchen retteten, aufbewahrt ſind und daß darin die Dichter und Denker des claſſiſchen Alterthums geeigneten Anlaß fanden, über die urſprüngliche Entſtehung des Menſchen zu ſinnen und ſich auszuſprechen, — um dieſe früheren Verſuche wenigſtens angedeutet zu haben. Wollten wir davon aber abſehen, ſo iſt uns Allen doch ſeit unſeren Kinderjahren die Schöpfungsgeſchichte und die Erſchaffung des Menſchen geläufig geblieben, die wir im I. Buche Moſe in ſo prägnanten und großartigen Zügen aufgezeichnet finden. So alt nun die ehrwürdige Urkunde iſt, worauf ich hier Bezug nehme, ſo alt wenigſtens iſt auch die Frage über den Urſprung und das Alter des Menſchen, und ſo weit zurück datiren die Verſuche, die Frage auch in denjenigen Beziehungen zu beantworten, die ich für die Wiß- begierde und — will ich hinzuſetzen — für den Standpunkt der wiſſenſchaftlichen Forſchung unſerer Tage als die be- deutſamſten bezeichnet habe. Je weniger neu aber ein wichtiges Problem iſt, je älter und ehrwürdiger vielmehr die Verſuche ſind, daſſelbe zu löſen, und wenn namentlich, wie im vorliegenden Falle,

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Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/10>, abgerufen am 18.04.2024.