Wer vermag aber, ohne Kenntniß und geübte Unterscheidungskraft, solche Zeichen bey einem Dinge zu denken, sie von diesem, als Urdinge ab- zusondern, mit dem meistens ganz abweichenden Laute zu bekleiden, und zwar so beständig, daß Lautzeichen, und dessen Urding in der Vorstellung eins, und drey zu gleicher Zeit machen, wie doch geschehen muß, wenn der Laut ein Zeichen, mit dem bestimmten Sinn von etwas, oder ein rich- tiges Wort heissen soll.
§. 120.
Daher muß man erst bemerken, wie der Mensch seine Kenntniß und Unterscheidungskraft erlangt. Den ersten Grund zu unserer Erkenntniß legen wir durch unsere Sinne, und das Vermögen zu unterscheiden kommt durch die verschiedenen Ein- drücke der Empfindungen, und die daraus folgen- de verschiedene bewußte Gegenbewegungen in uns, zur Fertigkeit; deswegen sollten die Sinne, so ihre Stärke schon vor dem Gehör erlangen,
als
F 5
§. 119.
Wer vermag aber, ohne Kenntniß und geuͤbte Unterſcheidungskraft, ſolche Zeichen bey einem Dinge zu denken, ſie von dieſem, als Urdinge ab- zuſondern, mit dem meiſtens ganz abweichenden Laute zu bekleiden, und zwar ſo beſtaͤndig, daß Lautzeichen, und deſſen Urding in der Vorſtellung eins, und drey zu gleicher Zeit machen, wie doch geſchehen muß, wenn der Laut ein Zeichen, mit dem beſtimmten Sinn von etwas, oder ein rich- tiges Wort heiſſen ſoll.
§. 120.
Daher muß man erſt bemerken, wie der Menſch ſeine Kenntniß und Unterſcheidungskraft erlangt. Den erſten Grund zu unſerer Erkenntniß legen wir durch unſere Sinne, und das Vermoͤgen zu unterſcheiden kommt durch die verſchiedenen Ein- druͤcke der Empfindungen, und die daraus folgen- de verſchiedene bewußte Gegenbewegungen in uns, zur Fertigkeit; deswegen ſollten die Sinne, ſo ihre Staͤrke ſchon vor dem Gehoͤr erlangen,
als
F 5
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0101"n="89"/><divn="2"><head>§. 119.</head><lb/><p>Wer vermag aber, ohne Kenntniß und geuͤbte<lb/>
Unterſcheidungskraft, ſolche Zeichen bey einem<lb/>
Dinge zu denken, ſie von dieſem, als Urdinge ab-<lb/>
zuſondern, mit dem meiſtens ganz abweichenden<lb/>
Laute zu bekleiden, und zwar ſo beſtaͤndig, daß<lb/>
Lautzeichen, und deſſen Urding in der Vorſtellung<lb/>
eins, und drey zu gleicher Zeit machen, wie doch<lb/>
geſchehen muß, wenn der Laut ein Zeichen, mit<lb/>
dem beſtimmten Sinn von etwas, oder ein rich-<lb/>
tiges Wort heiſſen ſoll.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 120.</head><lb/><p>Daher muß man erſt bemerken, wie der Menſch<lb/>ſeine Kenntniß und Unterſcheidungskraft erlangt.<lb/>
Den erſten Grund zu unſerer Erkenntniß legen<lb/>
wir durch unſere Sinne, und das Vermoͤgen zu<lb/>
unterſcheiden kommt durch die verſchiedenen Ein-<lb/>
druͤcke der Empfindungen, und die daraus folgen-<lb/>
de verſchiedene bewußte Gegenbewegungen in<lb/>
uns, zur Fertigkeit; deswegen ſollten die Sinne,<lb/>ſo ihre Staͤrke ſchon vor dem Gehoͤr erlangen,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">als</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[89/0101]
§. 119.
Wer vermag aber, ohne Kenntniß und geuͤbte
Unterſcheidungskraft, ſolche Zeichen bey einem
Dinge zu denken, ſie von dieſem, als Urdinge ab-
zuſondern, mit dem meiſtens ganz abweichenden
Laute zu bekleiden, und zwar ſo beſtaͤndig, daß
Lautzeichen, und deſſen Urding in der Vorſtellung
eins, und drey zu gleicher Zeit machen, wie doch
geſchehen muß, wenn der Laut ein Zeichen, mit
dem beſtimmten Sinn von etwas, oder ein rich-
tiges Wort heiſſen ſoll.
§. 120.
Daher muß man erſt bemerken, wie der Menſch
ſeine Kenntniß und Unterſcheidungskraft erlangt.
Den erſten Grund zu unſerer Erkenntniß legen
wir durch unſere Sinne, und das Vermoͤgen zu
unterſcheiden kommt durch die verſchiedenen Ein-
druͤcke der Empfindungen, und die daraus folgen-
de verſchiedene bewußte Gegenbewegungen in
uns, zur Fertigkeit; deswegen ſollten die Sinne,
ſo ihre Staͤrke ſchon vor dem Gehoͤr erlangen,
als
F 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Füchsel, Georg Christian]: Entwurf zu der ältesten Erd- und Menschengeschichte. Frankfurt u. a., 1773, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuechsel_entwurf_1773/101>, abgerufen am 03.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.