ten, was mein armes, liebes Frankreich macht. Glücklich scheint es nicht zu seyn, es kommen viel Ausgewanderte hier an. Seit einigen Ta- gen verbreitet sich ein Gerücht, welchem ich aber keinen Glauben beimesse, die Schiffernachrichten sind öfters falsch.
Uebermorgen reise ich mit meinem kleinen Gefolge ab. Die Mutter schüttelt zwar sehr den Kopf zu dieser Wallfahrt, doch sie ist mit sorglicher Geschäftigkeit bemüht, alles zu ordnen und herbei zu schaffen, was ihr zu meiner Be- quemlichkeit nöthig scheint. Der Vater gibt mir Empfehlungsschreiben nach Baltimore und Wa- shington mit. Philippine weint schon im vor- aus, über die lange Trennung, und tröstet sich nur durch mein Versprechen, daß ich dann auf immer bei ihr bleiben wolle. Es wird mir in der That schwer, mich von diesem Mädchen und von diesem freundschaftlichen Hause zu trennen; aber der Zug nach Westen ist stärker als die Freundschaft, ja selbst stärker als meine Vernunft.
Lebe wohl meine Adele! Tausend Mahl Lebe wohl! William eilt an Bord, und nimmt Ab- schied von Deiner
Virginia.
ten, was mein armes, liebes Frankreich macht. Gluͤcklich ſcheint es nicht zu ſeyn, es kommen viel Ausgewanderte hier an. Seit einigen Ta- gen verbreitet ſich ein Geruͤcht, welchem ich aber keinen Glauben beimeſſe, die Schiffernachrichten ſind oͤfters falſch.
Uebermorgen reiſe ich mit meinem kleinen Gefolge ab. Die Mutter ſchuͤttelt zwar ſehr den Kopf zu dieſer Wallfahrt, doch ſie iſt mit ſorglicher Geſchaͤftigkeit bemuͤht, alles zu ordnen und herbei zu ſchaffen, was ihr zu meiner Be- quemlichkeit noͤthig ſcheint. Der Vater gibt mir Empfehlungsſchreiben nach Baltimore und Wa- ſhington mit. Philippine weint ſchon im vor- aus, uͤber die lange Trennung, und troͤſtet ſich nur durch mein Verſprechen, daß ich dann auf immer bei ihr bleiben wolle. Es wird mir in der That ſchwer, mich von dieſem Maͤdchen und von dieſem freundſchaftlichen Hauſe zu trennen; aber der Zug nach Weſten iſt ſtaͤrker als die Freundſchaft, ja ſelbſt ſtaͤrker als meine Vernunft.
Lebe wohl meine Adele! Tauſend Mahl Lebe wohl! William eilt an Bord, und nimmt Ab- ſchied von Deiner
Virginia.
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ten, was mein armes, liebes Frankreich macht.
Gluͤcklich ſcheint es nicht zu ſeyn, es kommen
viel Ausgewanderte hier an. Seit einigen Ta-
gen verbreitet ſich ein Geruͤcht, welchem ich aber
keinen Glauben beimeſſe, die Schiffernachrichten
ſind oͤfters falſch.
Uebermorgen reiſe ich mit meinem kleinen
Gefolge ab. Die Mutter ſchuͤttelt zwar ſehr
den Kopf zu dieſer Wallfahrt, doch ſie iſt mit
ſorglicher Geſchaͤftigkeit bemuͤht, alles zu ordnen
und herbei zu ſchaffen, was ihr zu meiner Be-
quemlichkeit noͤthig ſcheint. Der Vater gibt mir
Empfehlungsſchreiben nach Baltimore und Wa-
ſhington mit. Philippine weint ſchon im vor-
aus, uͤber die lange Trennung, und troͤſtet ſich
nur durch mein Verſprechen, daß ich dann auf
immer bei ihr bleiben wolle. Es wird mir in
der That ſchwer, mich von dieſem Maͤdchen und
von dieſem freundſchaftlichen Hauſe zu trennen;
aber der Zug nach Weſten iſt ſtaͤrker als die
Freundſchaft, ja ſelbſt ſtaͤrker als meine Vernunft.
Lebe wohl meine Adele! Tauſend Mahl Lebe
wohl! William eilt an Bord, und nimmt Ab-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/36>, abgerufen am 27.07.2024.
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