unerklärliches Etwas reißt mich fort. Am Niagara! tönt es in meinen Träumen; und wie andre Pilger sich gen Osten wenden, so scheint mir im Westen, die Sonne der Verheißung zu glänzen. Jhr Weg geht dem Osten zu, o möchte die freundliche Morgenröthe auch ihrem Herzen Hoff- nung schimmern! Jch lasse die Hoffnung hier zu rück, erwiederte er. Ach, das Meer zieht mich nicht mehr an, wie ehemahls, mit seinem ewigen Wechsel! Wäre es nicht, um Jhnen Nachrich- ten zu verschaffen, ich würde schon diese nicht mehr unternehmen; es wird die letzte seyn. Der stille Reiz des heimathlichen Lebens, spricht mächtig zu meinem Herzen, mein Sinn strebt nicht mehr in die Weite hinaus. Was ist der Lohn des Weltumseglers? des Welteroberers? Ruhm, kalter Ruhm. Aber auch Glück? Nein, das Glück wird ewig vor ihm fliehen, es wohnt nur in der stillen Hütte, wo ein treues Weib ihm lächelt, und muntre Kinder um ihn spielen. Wohl, wohl! sagte ich gerührt, auch ich kannte den seligen Frieden der begränzten Heimath, und mein Herz sehnt sich dahin zurück, wie nach dem Paradiese der Unschuldswelt. Aber ein feindseliges Ge-
unerklaͤrliches Etwas reißt mich fort. Am Niagara! toͤnt es in meinen Traͤumen; und wie andre Pilger ſich gen Oſten wenden, ſo ſcheint mir im Weſten, die Sonne der Verheißung zu glaͤnzen. Jhr Weg geht dem Oſten zu, o moͤchte die freundliche Morgenroͤthe auch ihrem Herzen Hoff- nung ſchimmern! Jch laſſe die Hoffnung hier zu ruͤck, erwiederte er. Ach, das Meer zieht mich nicht mehr an, wie ehemahls, mit ſeinem ewigen Wechſel! Waͤre es nicht, um Jhnen Nachrich- ten zu verſchaffen, ich wuͤrde ſchon dieſe nicht mehr unternehmen; es wird die letzte ſeyn. Der ſtille Reiz des heimathlichen Lebens, ſpricht maͤchtig zu meinem Herzen, mein Sinn ſtrebt nicht mehr in die Weite hinaus. Was iſt der Lohn des Weltumſeglers? des Welteroberers? Ruhm, kalter Ruhm. Aber auch Gluͤck? Nein, das Gluͤck wird ewig vor ihm fliehen, es wohnt nur in der ſtillen Huͤtte, wo ein treues Weib ihm laͤchelt, und muntre Kinder um ihn ſpielen. Wohl, wohl! ſagte ich geruͤhrt, auch ich kannte den ſeligen Frieden der begraͤnzten Heimath, und mein Herz ſehnt ſich dahin zuruͤck, wie nach dem Paradieſe der Unſchuldswelt. Aber ein feindſeliges Ge-
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unerklaͤrliches Etwas reißt mich fort. Am Niagara!
toͤnt es in meinen Traͤumen; und wie andre
Pilger ſich gen Oſten wenden, ſo ſcheint mir im
Weſten, die Sonne der Verheißung zu glaͤnzen.
Jhr Weg geht dem Oſten zu, o moͤchte die
freundliche Morgenroͤthe auch ihrem Herzen Hoff-
nung ſchimmern! Jch laſſe die Hoffnung hier zu
ruͤck, erwiederte er. Ach, das Meer zieht mich
nicht mehr an, wie ehemahls, mit ſeinem ewigen
Wechſel! Waͤre es nicht, um Jhnen Nachrich-
ten zu verſchaffen, ich wuͤrde ſchon dieſe nicht
mehr unternehmen; es wird die letzte ſeyn. Der
ſtille Reiz des heimathlichen Lebens, ſpricht
maͤchtig zu meinem Herzen, mein Sinn ſtrebt
nicht mehr in die Weite hinaus. Was iſt der Lohn
des Weltumſeglers? des Welteroberers? Ruhm,
kalter Ruhm. Aber auch Gluͤck? Nein, das Gluͤck
wird ewig vor ihm fliehen, es wohnt nur in der
ſtillen Huͤtte, wo ein treues Weib ihm laͤchelt,
und muntre Kinder um ihn ſpielen. Wohl, wohl!
ſagte ich geruͤhrt, auch ich kannte den ſeligen
Frieden der begraͤnzten Heimath, und mein Herz
ſehnt ſich dahin zuruͤck, wie nach dem Paradieſe
der Unſchuldswelt. Aber ein feindſeliges Ge-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/33>, abgerufen am 27.07.2024.
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