Platanus, und der zahllosen Nußbäume mischt. Als ich hier ankam hatte das Ganze schon ein falbes und bräunliches Ansehn. Jch freue mich wie ein Kind, über das Aufkeimen der jungen Pflanzenwelt, immer war sie es, wohin ich mich flüchtete, wenn das Leben mich zu rauh be- rührte. Hier duftet mir heilender Balsam für jede Wunde, und der Odem des Friedens haucht durch die zarten Halme und Blüthen. Ueberall in der belebten Natur zeigt sich das widrige Bild der kämpfenden Leidenschaften; nur die Pflanzen blühen friedlich beisammen, liebend sich zu einan- der neigend, und strebend, sich mit zarten Ran- ken zu umarmen. Darum sey mir gegrüßt freund- liche Blumenwelt, ihr säuselnden Bäume, und ihr zarten Halme des Grases, zwischen wel- chen ich so oft Stundenlang lagerte, und mit inniger Lust den Wanderungen kleiner glänzen- den Käferchen, dem Spiel bunter Schmetterlinge zusah, und mich und die übrige Welt vergaß. Nirgend auf dem Erdenrund kann Virginia un- glücklich seyn wo sie frei, und die Natur nur nicht ganz öde ist. Der Mensch macht so viel An-
Zweiter Theil. [2]
Platanus, und der zahlloſen Nußbaͤume miſcht. Als ich hier ankam hatte das Ganze ſchon ein falbes und braͤunliches Anſehn. Jch freue mich wie ein Kind, uͤber das Aufkeimen der jungen Pflanzenwelt, immer war ſie es, wohin ich mich fluͤchtete, wenn das Leben mich zu rauh be- ruͤhrte. Hier duftet mir heilender Balſam fuͤr jede Wunde, und der Odem des Friedens haucht durch die zarten Halme und Bluͤthen. Ueberall in der belebten Natur zeigt ſich das widrige Bild der kaͤmpfenden Leidenſchaften; nur die Pflanzen bluͤhen friedlich beiſammen, liebend ſich zu einan- der neigend, und ſtrebend, ſich mit zarten Ran- ken zu umarmen. Darum ſey mir gegruͤßt freund- liche Blumenwelt, ihr ſaͤuſelnden Baͤume, und ihr zarten Halme des Graſes, zwiſchen wel- chen ich ſo oft Stundenlang lagerte, und mit inniger Luſt den Wanderungen kleiner glaͤnzen- den Kaͤferchen, dem Spiel bunter Schmetterlinge zuſah, und mich und die uͤbrige Welt vergaß. Nirgend auf dem Erdenrund kann Virginia un- gluͤcklich ſeyn wo ſie frei, und die Natur nur nicht ganz oͤde iſt. Der Menſch macht ſo viel An-
Zweiter Theil. [2]
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Platanus, und der zahlloſen Nußbaͤume miſcht.
Als ich hier ankam hatte das Ganze ſchon ein
falbes und braͤunliches Anſehn. Jch freue mich
wie ein Kind, uͤber das Aufkeimen der jungen
Pflanzenwelt, immer war ſie es, wohin ich
mich fluͤchtete, wenn das Leben mich zu rauh be-
ruͤhrte. Hier duftet mir heilender Balſam fuͤr
jede Wunde, und der Odem des Friedens haucht
durch die zarten Halme und Bluͤthen. Ueberall
in der belebten Natur zeigt ſich das widrige Bild
der kaͤmpfenden Leidenſchaften; nur die Pflanzen
bluͤhen friedlich beiſammen, liebend ſich zu einan-
der neigend, und ſtrebend, ſich mit zarten Ran-
ken zu umarmen. Darum ſey mir gegruͤßt freund-
liche Blumenwelt, ihr ſaͤuſelnden Baͤume, und
ihr zarten Halme des Graſes, zwiſchen wel-
chen ich ſo oft Stundenlang lagerte, und mit
inniger Luſt den Wanderungen kleiner glaͤnzen-
den Kaͤferchen, dem Spiel bunter Schmetterlinge
zuſah, und mich und die uͤbrige Welt vergaß.
Nirgend auf dem Erdenrund kann Virginia un-
gluͤcklich ſeyn wo ſie frei, und die Natur nur
nicht ganz oͤde iſt. Der Menſch macht ſo viel An-
Zweiter Theil. [2]
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/25>, abgerufen am 27.07.2024.
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