ßiger als je studiert. Jch konnte zwar dem Brutus meine Achtung nicht versagen, es leuchtete mir aber ein, daß er von dem neidischen Kas- sius und seinen Mitverschworenen irre geleitet worden, und daß er über seine grübelnde Phi- losophie das Studium seines Volkes, und sei- ner Zeit versäumt habe. Eines Cäsars bedurfte Rom; es mordete ihn, und fiel in die Hände eines listigen Octavius.
So viel man aber auch stritt, ob Napoleon hätte die Krone annehmen sollen, so hörte ich doch nie einen Zweifel, gegen die Rechtmäßig- keit des Besitzes. Der Thron war durch den Gesammtwillen des Volkes, schon seit fast zehn Jahren erledigt, und der jetzige Jnhaber hatte ihn, nachdem er das Reich vom Untergange gerettet, mit Zustimmung der Mehrzahl bestie- gen. Wenige Dynastien werden ihren Ursprung aus einer besseren Quelle herleiten können. Daß der Thron noch Prätendenten hatte, konnte dem Volke kein Hinderniß scheinen, da es die An- sprüche dieser nicht anerkannte; ja selbst das Ausland konnte nicht ohne Heuchelei diesen Grund, als Ursache seiner Abneigung, angeben;
ßiger als je ſtudiert. Jch konnte zwar dem Brutus meine Achtung nicht verſagen, es leuchtete mir aber ein, daß er von dem neidiſchen Kaſ- ſius und ſeinen Mitverſchworenen irre geleitet worden, und daß er uͤber ſeine gruͤbelnde Phi- loſophie das Studium ſeines Volkes, und ſei- ner Zeit verſaͤumt habe. Eines Caͤſars bedurfte Rom; es mordete ihn, und fiel in die Haͤnde eines liſtigen Octavius.
So viel man aber auch ſtritt, ob Napoleon haͤtte die Krone annehmen ſollen, ſo hoͤrte ich doch nie einen Zweifel, gegen die Rechtmaͤßig- keit des Beſitzes. Der Thron war durch den Geſammtwillen des Volkes, ſchon ſeit faſt zehn Jahren erledigt, und der jetzige Jnhaber hatte ihn, nachdem er das Reich vom Untergange gerettet, mit Zuſtimmung der Mehrzahl beſtie- gen. Wenige Dynaſtien werden ihren Urſprung aus einer beſſeren Quelle herleiten koͤnnen. Daß der Thron noch Praͤtendenten hatte, konnte dem Volke kein Hinderniß ſcheinen, da es die An- ſpruͤche dieſer nicht anerkannte; ja ſelbſt das Ausland konnte nicht ohne Heuchelei dieſen Grund, als Urſache ſeiner Abneigung, angeben;
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ßiger als je ſtudiert. Jch konnte zwar dem
Brutus meine Achtung nicht verſagen, es leuchtete
mir aber ein, daß er von dem neidiſchen Kaſ-
ſius und ſeinen Mitverſchworenen irre geleitet
worden, und daß er uͤber ſeine gruͤbelnde Phi-
loſophie das Studium ſeines Volkes, und ſei-
ner Zeit verſaͤumt habe. Eines Caͤſars bedurfte
Rom; es mordete ihn, und fiel in die Haͤnde
eines liſtigen Octavius.
So viel man aber auch ſtritt, ob Napoleon
haͤtte die Krone annehmen ſollen, ſo hoͤrte ich
doch nie einen Zweifel, gegen die Rechtmaͤßig-
keit des Beſitzes. Der Thron war durch den
Geſammtwillen des Volkes, ſchon ſeit faſt zehn
Jahren erledigt, und der jetzige Jnhaber hatte
ihn, nachdem er das Reich vom Untergange
gerettet, mit Zuſtimmung der Mehrzahl beſtie-
gen. Wenige Dynaſtien werden ihren Urſprung
aus einer beſſeren Quelle herleiten koͤnnen. Daß
der Thron noch Praͤtendenten hatte, konnte dem
Volke kein Hinderniß ſcheinen, da es die An-
ſpruͤche dieſer nicht anerkannte; ja ſelbſt das
Ausland konnte nicht ohne Heuchelei dieſen
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/94>, abgerufen am 27.07.2024.
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