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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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Nacht hinein; ich wurde nicht müde, ihnen
zuzuhören. Selbst eine fleißige Zeitungsleserinn
geworden, stand ich oft schon mit der Sonne
auf, um dem Postboten des nächsten Fleckens
entgegen zu gehn, die Blätter schnell zu durchlau-
fen, und dem Vater schon beim Erwachen eine
frohe Siegesnachricht zurufen zu können. Von
allen diesen früheren Begebenheiten machte der
Uebergang über die Bochetta den stärksten Ein-
druck auf mich. Hannibal hatte, zur Verwun-
derung der Römer, diese unwegsame Straße
betreten, kein Heerführer nach ihm es ge-
wagt. Nun war Buonaparte der zweits kühne
Sterbliche, welcher sich hier Bahn brach. Die-
ses einzige, damals so angestaunte Unternehmen,
stellte mit einem Schlag den jugendlichen Helden
in Riesengröße vor meine Phantasie. Alle
Heroen der Vorwelt. bei deren Thaten mein
junges Herz gepocht, traten jetzt, in ein einziges
Bild verschmolzen, ins Leben, in die Wirklichkeit
heraus. Meine Einbildungskraft schmückte die-
ses herrliche Bild mit allen Reizen männlicher
Schönheit, und stellte es als Jdol auf den Altar
meines Herzens.

Nacht hinein; ich wurde nicht muͤde, ihnen
zuzuhoͤren. Selbſt eine fleißige Zeitungsleſerinn
geworden, ſtand ich oft ſchon mit der Sonne
auf, um dem Poſtboten des naͤchſten Fleckens
entgegen zu gehn, die Blaͤtter ſchnell zu durchlau-
fen, und dem Vater ſchon beim Erwachen eine
frohe Siegesnachricht zurufen zu koͤnnen. Von
allen dieſen fruͤheren Begebenheiten machte der
Uebergang uͤber die Bochetta den ſtaͤrkſten Ein-
druck auf mich. Hannibal hatte, zur Verwun-
derung der Roͤmer, dieſe unwegſame Straße
betreten, kein Heerfuͤhrer nach ihm es ge-
wagt. Nun war Buonaparte der zweits kuͤhne
Sterbliche, welcher ſich hier Bahn brach. Die-
ſes einzige, damals ſo angeſtaunte Unternehmen,
ſtellte mit einem Schlag den jugendlichen Helden
in Rieſengroͤße vor meine Phantaſie. Alle
Heroen der Vorwelt. bei deren Thaten mein
junges Herz gepocht, traten jetzt, in ein einziges
Bild verſchmolzen, ins Leben, in die Wirklichkeit
heraus. Meine Einbildungskraft ſchmuͤckte die-
ſes herrliche Bild mit allen Reizen maͤnnlicher
Schoͤnheit, und ſtellte es als Jdol auf den Altar
meines Herzens.

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[73/0083] Nacht hinein; ich wurde nicht muͤde, ihnen zuzuhoͤren. Selbſt eine fleißige Zeitungsleſerinn geworden, ſtand ich oft ſchon mit der Sonne auf, um dem Poſtboten des naͤchſten Fleckens entgegen zu gehn, die Blaͤtter ſchnell zu durchlau- fen, und dem Vater ſchon beim Erwachen eine frohe Siegesnachricht zurufen zu koͤnnen. Von allen dieſen fruͤheren Begebenheiten machte der Uebergang uͤber die Bochetta den ſtaͤrkſten Ein- druck auf mich. Hannibal hatte, zur Verwun- derung der Roͤmer, dieſe unwegſame Straße betreten, kein Heerfuͤhrer nach ihm es ge- wagt. Nun war Buonaparte der zweits kuͤhne Sterbliche, welcher ſich hier Bahn brach. Die- ſes einzige, damals ſo angeſtaunte Unternehmen, ſtellte mit einem Schlag den jugendlichen Helden in Rieſengroͤße vor meine Phantaſie. Alle Heroen der Vorwelt. bei deren Thaten mein junges Herz gepocht, traten jetzt, in ein einziges Bild verſchmolzen, ins Leben, in die Wirklichkeit heraus. Meine Einbildungskraft ſchmuͤckte die- ſes herrliche Bild mit allen Reizen maͤnnlicher Schoͤnheit, und ſtellte es als Jdol auf den Altar meines Herzens.

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/83>, abgerufen am 25.11.2024.