Unweit dieser Jnsel hatten wir das erha- bene Schauspiel eines Seesturms, für mich höchst wichtig und erwünscht. Jch sehe Dich den Kopf schütteln, meine zarte, furchtsame Adele, aber mir ist nun ein Mahl diese Freude an gro- ßen wilden Naturbegebenheiten, angebohren. Schon als kleines Kind freute ich mich wenn die Durance aus ihren Ufern brach, und bey je- dem Gewitter nahm mich mein Vater mit hin- aus, während die Mutter sich ängstlich verbarg. Er machte mich aufmerksam auf die Schönheit, wie auf den Segen dieser Erscheinung, und zeigte mir die Zufälligkeit und seltene Gefahr des Blitzes, wie er überhaupt, mich es als lächer- lich ansehen lehrte, immer die Gefahren des Le- bens zu bedenken und zu vermeiden. So saß ich als Kind, ruhig unter meinem Platanus, wenn der Donner über mir krachte. Es stehen ja hunderte dieser Bäume rings um diesen, dachte ich, warum sollte der Strahl gerade ihn treffen? und thut er es, so war es mir be- stimmt, und er könnte mich eben so leicht im Bette tödten. -- Jetzt freute ich mich der hoch thürmenden Wasserberge, des heulenden Or-
Unweit dieſer Jnſel hatten wir das erha- bene Schauſpiel eines Seeſturms, fuͤr mich hoͤchſt wichtig und erwuͤnſcht. Jch ſehe Dich den Kopf ſchuͤtteln, meine zarte, furchtſame Adele, aber mir iſt nun ein Mahl dieſe Freude an gro- ßen wilden Naturbegebenheiten, angebohren. Schon als kleines Kind freute ich mich wenn die Durance aus ihren Ufern brach, und bey je- dem Gewitter nahm mich mein Vater mit hin- aus, waͤhrend die Mutter ſich aͤngſtlich verbarg. Er machte mich aufmerkſam auf die Schoͤnheit, wie auf den Segen dieſer Erſcheinung, und zeigte mir die Zufaͤlligkeit und ſeltene Gefahr des Blitzes, wie er uͤberhaupt, mich es als laͤcher- lich anſehen lehrte, immer die Gefahren des Le- bens zu bedenken und zu vermeiden. So ſaß ich als Kind, ruhig unter meinem Platanus, wenn der Donner uͤber mir krachte. Es ſtehen ja hunderte dieſer Baͤume rings um dieſen, dachte ich, warum ſollte der Strahl gerade ihn treffen? und thut er es, ſo war es mir be- ſtimmt, und er koͤnnte mich eben ſo leicht im Bette toͤdten. — Jetzt freute ich mich der hoch thuͤrmenden Waſſerberge, des heulenden Or-
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[205[213]/0223]
Unweit dieſer Jnſel hatten wir das erha-
bene Schauſpiel eines Seeſturms, fuͤr mich
hoͤchſt wichtig und erwuͤnſcht. Jch ſehe Dich
den Kopf ſchuͤtteln, meine zarte, furchtſame Adele,
aber mir iſt nun ein Mahl dieſe Freude an gro-
ßen wilden Naturbegebenheiten, angebohren.
Schon als kleines Kind freute ich mich wenn
die Durance aus ihren Ufern brach, und bey je-
dem Gewitter nahm mich mein Vater mit hin-
aus, waͤhrend die Mutter ſich aͤngſtlich verbarg.
Er machte mich aufmerkſam auf die Schoͤnheit,
wie auf den Segen dieſer Erſcheinung, und
zeigte mir die Zufaͤlligkeit und ſeltene Gefahr des
Blitzes, wie er uͤberhaupt, mich es als laͤcher-
lich anſehen lehrte, immer die Gefahren des Le-
bens zu bedenken und zu vermeiden. So ſaß
ich als Kind, ruhig unter meinem Platanus,
wenn der Donner uͤber mir krachte. Es ſtehen
ja hunderte dieſer Baͤume rings um dieſen,
dachte ich, warum ſollte der Strahl gerade ihn
treffen? und thut er es, ſo war es mir be-
ſtimmt, und er koͤnnte mich eben ſo leicht im
Bette toͤdten. — Jetzt freute ich mich der hoch
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 205[213]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/223>, abgerufen am 27.07.2024.
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