rief er, leb wohl für diese Welt! -- -- ich sah ihn nie wieder. Matt, und in dumpfer Fühl- losigkeit, fiel ich in die Arme meiner weinenden Mannon zurück.
Jch übergehe die zerreißenden Empfindungen der nächsten Stunden; sie waren schrecklich. Keine lindernde Thräne wollte meinen brennen- den Schmerz kühlen, mein Gehirn brachte nur verworrene gräßliche Bilder hervor. Da erbarmte sich die Natur, die gütige, meiner, und rettete meine Sinne durch eine betäubende Krank- heit. Lange habe ich in Fieberhitze gelegen, dem Anscheine nach, ein Raub des Todes, und nur allmählig und schwach ordnete sich mein Bewußt- seyn wieder. Jn dem Zustande eines Kindes, welches die Größe seines Verlustes noch nicht ganz begreift, lernte ich den meinigen fassen und er- tragen. Er, der meines Lebens Sonne gewe- sen, war nicht mehr! mir grauete in der fin- steren Nacht, in welcher ich allein gelassen war. Aber wie Kinder plaudern, wenn sie sich fürch- ten, so redete ich leise mit ihm, der mir immer
gegen-
rief er, leb wohl fuͤr dieſe Welt! — — ich ſah ihn nie wieder. Matt, und in dumpfer Fuͤhl- loſigkeit, fiel ich in die Arme meiner weinenden Mannon zuruͤck.
Jch uͤbergehe die zerreißenden Empfindungen der naͤchſten Stunden; ſie waren ſchrecklich. Keine lindernde Thraͤne wollte meinen brennen- den Schmerz kuͤhlen, mein Gehirn brachte nur verworrene graͤßliche Bilder hervor. Da erbarmte ſich die Natur, die guͤtige, meiner, und rettete meine Sinne durch eine betaͤubende Krank- heit. Lange habe ich in Fieberhitze gelegen, dem Anſcheine nach, ein Raub des Todes, und nur allmaͤhlig und ſchwach ordnete ſich mein Bewußt- ſeyn wieder. Jn dem Zuſtande eines Kindes, welches die Groͤße ſeines Verluſtes noch nicht ganz begreift, lernte ich den meinigen faſſen und er- tragen. Er, der meines Lebens Sonne gewe- ſen, war nicht mehr! mir grauete in der fin- ſteren Nacht, in welcher ich allein gelaſſen war. Aber wie Kinder plaudern, wenn ſie ſich fuͤrch- ten, ſo redete ich leiſe mit ihm, der mir immer
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rief er, leb wohl fuͤr dieſe Welt! — — ich ſah
ihn nie wieder. Matt, und in dumpfer Fuͤhl-
loſigkeit, fiel ich in die Arme meiner weinenden
Mannon zuruͤck.
Jch uͤbergehe die zerreißenden Empfindungen
der naͤchſten Stunden; ſie waren ſchrecklich.
Keine lindernde Thraͤne wollte meinen brennen-
den Schmerz kuͤhlen, mein Gehirn brachte
nur verworrene graͤßliche Bilder hervor. Da
erbarmte ſich die Natur, die guͤtige, meiner, und
rettete meine Sinne durch eine betaͤubende Krank-
heit. Lange habe ich in Fieberhitze gelegen, dem
Anſcheine nach, ein Raub des Todes, und nur
allmaͤhlig und ſchwach ordnete ſich mein Bewußt-
ſeyn wieder. Jn dem Zuſtande eines Kindes,
welches die Groͤße ſeines Verluſtes noch nicht ganz
begreift, lernte ich den meinigen faſſen und er-
tragen. Er, der meines Lebens Sonne gewe-
ſen, war nicht mehr! mir grauete in der fin-
ſteren Nacht, in welcher ich allein gelaſſen war.
Aber wie Kinder plaudern, wenn ſie ſich fuͤrch-
ten, ſo redete ich leiſe mit ihm, der mir immer
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/186>, abgerufen am 27.07.2024.
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