nach einiger Zeit zu uns zurück, sie hatte weder Neigung noch Geschick, für die Plane deines Va- ters zu wirken. Sie war in Paris auf das beste empfangen, man gedachte allgemein ihrer Aus- wanderung nicht, weil der Kaiser, aus wohlwollen- der Rücksicht für meinen Vater es so zu wollen schien. Die ehemalige Herzoginn von Rochefou- cauld eine ihrer Jugendfreundinnen, stellte sie der neuen Kaiserinn vor, und die gütige Josephine nahm sie mit all der Liebenswürdigkeit auf, welche in ihrem schönen Gemüthe lag. Sie war im Herzen tief gerührt von der erfahrnen zarten Behandlung, und äußerte dieß in ihren Erzählungen so mannigfaltig. Gegen Deinen Vater hat sie dieß aber in ihren Briefen nicht gewagt. Sie suchte ihn nach ihrer Art dadurch zu besänftigen, daß sie in seine Vorstellungsart einging, wohl wissend, wie sehr es ihn aufbrin- gen würde, daß sie seine Zwecke meist verfehlt. Seine Antwort, welche erst spät und, wegen des wieder ausgebrochenen Krieges, auf Umwe- gen, zu uns gelangte, athmete Zorn und Miß- muth. Er befahl deiner Mutter, unverzüglich mit Dir zurück zu kehren. Gern hätte die ge-
nach einiger Zeit zu uns zuruͤck, ſie hatte weder Neigung noch Geſchick, fuͤr die Plane deines Va- ters zu wirken. Sie war in Paris auf das beſte empfangen, man gedachte allgemein ihrer Aus- wanderung nicht, weil der Kaiſer, aus wohlwollen- der Ruͤckſicht fuͤr meinen Vater es ſo zu wollen ſchien. Die ehemalige Herzoginn von Rochefou- cauld eine ihrer Jugendfreundinnen, ſtellte ſie der neuen Kaiſerinn vor, und die guͤtige Joſephine nahm ſie mit all der Liebenswuͤrdigkeit auf, welche in ihrem ſchoͤnen Gemuͤthe lag. Sie war im Herzen tief geruͤhrt von der erfahrnen zarten Behandlung, und aͤußerte dieß in ihren Erzaͤhlungen ſo mannigfaltig. Gegen Deinen Vater hat ſie dieß aber in ihren Briefen nicht gewagt. Sie ſuchte ihn nach ihrer Art dadurch zu beſaͤnftigen, daß ſie in ſeine Vorſtellungsart einging, wohl wiſſend, wie ſehr es ihn aufbrin- gen wuͤrde, daß ſie ſeine Zwecke meiſt verfehlt. Seine Antwort, welche erſt ſpaͤt und, wegen des wieder ausgebrochenen Krieges, auf Umwe- gen, zu uns gelangte, athmete Zorn und Miß- muth. Er befahl deiner Mutter, unverzuͤglich mit Dir zuruͤck zu kehren. Gern haͤtte die ge-
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nach einiger Zeit zu uns zuruͤck, ſie hatte weder
Neigung noch Geſchick, fuͤr die Plane deines Va-
ters zu wirken. Sie war in Paris auf das beſte
empfangen, man gedachte allgemein ihrer Aus-
wanderung nicht, weil der Kaiſer, aus wohlwollen-
der Ruͤckſicht fuͤr meinen Vater es ſo zu wollen
ſchien. Die ehemalige Herzoginn von Rochefou-
cauld eine ihrer Jugendfreundinnen, ſtellte ſie der
neuen Kaiſerinn vor, und die guͤtige Joſephine
nahm ſie mit all der Liebenswuͤrdigkeit auf,
welche in ihrem ſchoͤnen Gemuͤthe lag. Sie
war im Herzen tief geruͤhrt von der erfahrnen
zarten Behandlung, und aͤußerte dieß in ihren
Erzaͤhlungen ſo mannigfaltig. Gegen Deinen
Vater hat ſie dieß aber in ihren Briefen nicht
gewagt. Sie ſuchte ihn nach ihrer Art dadurch
zu beſaͤnftigen, daß ſie in ſeine Vorſtellungsart
einging, wohl wiſſend, wie ſehr es ihn aufbrin-
gen wuͤrde, daß ſie ſeine Zwecke meiſt verfehlt.
Seine Antwort, welche erſt ſpaͤt und, wegen
des wieder ausgebrochenen Krieges, auf Umwe-
gen, zu uns gelangte, athmete Zorn und Miß-
muth. Er befahl deiner Mutter, unverzuͤglich
mit Dir zuruͤck zu kehren. Gern haͤtte die ge-
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/101>, abgerufen am 27.07.2024.
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