Friedrich II., König von Preußen: Über die deutsche Literatur. Übers. v. Christian Konrad Wilhelm Dohm. Berlin, 1780.und die müssigen Menschen fänden im Lesen eine sichere Der Gang, den ich zur Verbesserung unsrer Lit- ihrer D 3
und die muͤſſigen Menſchen faͤnden im Leſen eine ſichere Der Gang, den ich zur Verbeſſerung unſrer Lit- ihrer D 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0059" n="53"/> und die muͤſſigen Menſchen faͤnden im Leſen eine ſichere<lb/> Zuflucht wider die Langeweile. Der Geſchmack fuͤr<lb/> die Wiſſenſchaften wuͤrde allgemein werden, Anmuth<lb/> und Vergnuͤgen uͤber die menſchliche Geſellſchaft ver-<lb/> breiten, und eine unerſchoͤpfliche Quelle fuͤr die Con-<lb/> verſation ſeyn. Aus ſolchem beſtaͤndigen gegenſeitigen<lb/> Reiben der Geiſter wuͤrde der gute Geſchmack und das<lb/> feine Gefuͤhl entſtehen, das mit eben ſo richtiger als<lb/> geſchwinder Beurtheilung das Schoͤne empfindet, das<lb/> Mittelmaͤßige verwirft und das Schlechte verachtet.<lb/> Das Publikum wird alsdenn auch uͤber neue Werke<lb/> des Geſchmacks mit mehr Erleuchtung urtheilen, und<lb/> die Schriftſteller zwingen, ihre Werke mit groͤßerm<lb/> Fleiß und mit Sorgfalt auszuarbeiten, und ſie nicht<lb/> eher herauszugeben, bis ſie genau und oͤfterer gepruͤft<lb/> und gefeilt ſind.</p><lb/> <p>Der Gang, den ich zur Verbeſſerung unſrer Lit-<lb/> teratur vorſchlage, iſt nicht aus meiner Einbildung ge-<lb/> nommen; er iſt der, den alle Voͤlker, die ſich aufge-<lb/> klaͤrt, gewaͤhlt haben. Jemehr der Geſchmack fuͤr die<lb/> Wiſſenſchaften allgemeiner werden wird, deſto mehr<lb/> Vorzuͤge und andre Vortheile werden die zu erwarten<lb/> haben, die ſie mit beſonderm Fleiß cultiviren; deſto<lb/> mehr wird das Beyſpiel einiger immer mehrere an-<lb/> feuern. <placeName>Deutſchland</placeName> hat ſchon Maͤnner genug, die<lb/> zu den muͤhſamſten Unterſuchungen ganz gemacht ſind,<lb/> es hat Philoſophen, Genies, und Alles, was man zu<lb/> <fw place="bottom" type="sig">D 3</fw> <fw place="bottom" type="catch">ihrer</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [53/0059]
und die muͤſſigen Menſchen faͤnden im Leſen eine ſichere
Zuflucht wider die Langeweile. Der Geſchmack fuͤr
die Wiſſenſchaften wuͤrde allgemein werden, Anmuth
und Vergnuͤgen uͤber die menſchliche Geſellſchaft ver-
breiten, und eine unerſchoͤpfliche Quelle fuͤr die Con-
verſation ſeyn. Aus ſolchem beſtaͤndigen gegenſeitigen
Reiben der Geiſter wuͤrde der gute Geſchmack und das
feine Gefuͤhl entſtehen, das mit eben ſo richtiger als
geſchwinder Beurtheilung das Schoͤne empfindet, das
Mittelmaͤßige verwirft und das Schlechte verachtet.
Das Publikum wird alsdenn auch uͤber neue Werke
des Geſchmacks mit mehr Erleuchtung urtheilen, und
die Schriftſteller zwingen, ihre Werke mit groͤßerm
Fleiß und mit Sorgfalt auszuarbeiten, und ſie nicht
eher herauszugeben, bis ſie genau und oͤfterer gepruͤft
und gefeilt ſind.
Der Gang, den ich zur Verbeſſerung unſrer Lit-
teratur vorſchlage, iſt nicht aus meiner Einbildung ge-
nommen; er iſt der, den alle Voͤlker, die ſich aufge-
klaͤrt, gewaͤhlt haben. Jemehr der Geſchmack fuͤr die
Wiſſenſchaften allgemeiner werden wird, deſto mehr
Vorzuͤge und andre Vortheile werden die zu erwarten
haben, die ſie mit beſonderm Fleiß cultiviren; deſto
mehr wird das Beyſpiel einiger immer mehrere an-
feuern. Deutſchland hat ſchon Maͤnner genug, die
zu den muͤhſamſten Unterſuchungen ganz gemacht ſind,
es hat Philoſophen, Genies, und Alles, was man zu
ihrer
D 3
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