Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Und Julia? Wird, sobald es schicklich erscheint, nachfolgen. Das müssen wir dem Familienhaupte überlassen, wie gebräuchlich. Aber ich bin augenblicklich zu einer solchen Fahrt noch gar nicht vorbereitet, erwiderte Theobald zögernd, da ich von solchen Herkömmlichkeiten allerdings nicht unterrichtet war. Hab' ich doch nicht einmal von meinen Hausleuten Abschied genommen. Bah, rief einer der Herren unwillig, das hättet Ihr allenfalls heute thun können, aber seit Ihr der Gemahl unserer Schwester geworden, würde sich ein solcher Abschiedsbesuch wahrhaftig seltsam ausnehmen. Für alles Uebrige braucht Ihr nicht zu sorgen. En avant! wir haben heute noch ein schönes Wegstück vor uns. Sie stiegen[...] ein und der Wagen rasselte die Stadt abwärts über die Brücke durch das Thor an dem verhängnißvollen Gasthause zum Klösterli vorbei. Auf der Höhe des letzteren angekommen, fuhr er an einem langen Zuge von Männern, Frauen und Kindern vorüber, die von einigen Bewaffneten begleitet wurden. -- Was bedeutet das? fragte Theobald leise, als er in der Schaar die Wittwe des unglücklichen Hauptmanns mit ihren zwei Knaben wiedererkannte, was wollen diese Leute? Es sind einige der Rebellen und die Angehörigen Anderer, die in die Verbannung ziehen. -- Und Julia? Wird, sobald es schicklich erscheint, nachfolgen. Das müssen wir dem Familienhaupte überlassen, wie gebräuchlich. Aber ich bin augenblicklich zu einer solchen Fahrt noch gar nicht vorbereitet, erwiderte Theobald zögernd, da ich von solchen Herkömmlichkeiten allerdings nicht unterrichtet war. Hab' ich doch nicht einmal von meinen Hausleuten Abschied genommen. Bah, rief einer der Herren unwillig, das hättet Ihr allenfalls heute thun können, aber seit Ihr der Gemahl unserer Schwester geworden, würde sich ein solcher Abschiedsbesuch wahrhaftig seltsam ausnehmen. Für alles Uebrige braucht Ihr nicht zu sorgen. En avant! wir haben heute noch ein schönes Wegstück vor uns. Sie stiegen[…] ein und der Wagen rasselte die Stadt abwärts über die Brücke durch das Thor an dem verhängnißvollen Gasthause zum Klösterli vorbei. Auf der Höhe des letzteren angekommen, fuhr er an einem langen Zuge von Männern, Frauen und Kindern vorüber, die von einigen Bewaffneten begleitet wurden. — Was bedeutet das? fragte Theobald leise, als er in der Schaar die Wittwe des unglücklichen Hauptmanns mit ihren zwei Knaben wiedererkannte, was wollen diese Leute? Es sind einige der Rebellen und die Angehörigen Anderer, die in die Verbannung ziehen. — <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <pb facs="#f0105"/> <p>Und Julia?</p><lb/> <p>Wird, sobald es schicklich erscheint, nachfolgen. Das müssen wir dem Familienhaupte überlassen, wie gebräuchlich.</p><lb/> <p>Aber ich bin augenblicklich zu einer solchen Fahrt noch gar nicht vorbereitet, erwiderte Theobald zögernd, da ich von solchen Herkömmlichkeiten allerdings nicht unterrichtet war. Hab' ich doch nicht einmal von meinen Hausleuten Abschied genommen.</p><lb/> <p>Bah, rief einer der Herren unwillig, das hättet Ihr allenfalls heute thun können, aber seit Ihr der Gemahl unserer Schwester geworden, würde sich ein solcher Abschiedsbesuch wahrhaftig seltsam ausnehmen. Für alles Uebrige braucht Ihr nicht zu sorgen. <hi rendition="#aq">En avant!</hi> wir haben heute noch ein schönes Wegstück vor uns.</p><lb/> <p>Sie stiegen<choice><sic>,</sic><corr/></choice> ein und der Wagen rasselte die Stadt abwärts über die Brücke durch das Thor an dem verhängnißvollen Gasthause zum Klösterli vorbei. Auf der Höhe des letzteren angekommen, fuhr er an einem langen Zuge von Männern, Frauen und Kindern vorüber, die von einigen Bewaffneten begleitet wurden. — Was bedeutet das? fragte Theobald leise, als er in der Schaar die Wittwe des unglücklichen Hauptmanns mit ihren zwei Knaben wiedererkannte<choice><sic/><corr>,</corr></choice> was wollen diese Leute?</p><lb/> <p>Es sind einige der Rebellen und die Angehörigen Anderer, die in die Verbannung ziehen. —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0105]
Und Julia?
Wird, sobald es schicklich erscheint, nachfolgen. Das müssen wir dem Familienhaupte überlassen, wie gebräuchlich.
Aber ich bin augenblicklich zu einer solchen Fahrt noch gar nicht vorbereitet, erwiderte Theobald zögernd, da ich von solchen Herkömmlichkeiten allerdings nicht unterrichtet war. Hab' ich doch nicht einmal von meinen Hausleuten Abschied genommen.
Bah, rief einer der Herren unwillig, das hättet Ihr allenfalls heute thun können, aber seit Ihr der Gemahl unserer Schwester geworden, würde sich ein solcher Abschiedsbesuch wahrhaftig seltsam ausnehmen. Für alles Uebrige braucht Ihr nicht zu sorgen. En avant! wir haben heute noch ein schönes Wegstück vor uns.
Sie stiegen ein und der Wagen rasselte die Stadt abwärts über die Brücke durch das Thor an dem verhängnißvollen Gasthause zum Klösterli vorbei. Auf der Höhe des letzteren angekommen, fuhr er an einem langen Zuge von Männern, Frauen und Kindern vorüber, die von einigen Bewaffneten begleitet wurden. — Was bedeutet das? fragte Theobald leise, als er in der Schaar die Wittwe des unglücklichen Hauptmanns mit ihren zwei Knaben wiedererkannte, was wollen diese Leute?
Es sind einige der Rebellen und die Angehörigen Anderer, die in die Verbannung ziehen. —
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Zitationshilfe: | Frey, Jacob: Das erfüllte Versprechen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–107. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frey_versprechen_1910/105>, abgerufen am 27.07.2024. |