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Frauenfeld, Georg von: Die Grundlagen des Vogelschutzgesetzes. Wien, 1871.

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G. R. v. Frauenfeld: Grundlagen d. Vogelschutzgesetzes.
gefügt werden muss. Ich habe nämlich in Neapel am Markt und im Pri-
vatbesitze leider mehrere geblendete Vögel bemerkt. Diese Barbarei von
der Moral und Sittlichkeit allgemein verdammt, ist in unsern Ländern
längst schon abgestellt. Ich erhielt in Florenz die Versicherung, es sei
auch allda diese Grausamkeit nicht gestattet. Es dürfte also nur die un-
vollständige Handhabung dieser Anordnung noch das Vorkommen der-
selben erklären.

Diese schon so ausgedehnte Erkenntniss der Nützlichkeit der In-
sektenfresser wird auch von den einsichtsvollen rationellen Landwirthen
im Süden Europas vollkommen gewürdigt. Sie empfinden tief die Wunden,
die dem Wohlstande durch die masslose Vernichtung dieser Thiere ge-
schlagen werden, und den unberechenbaren Schaden, der für die segens-
reichen Ernten hiedurch erwächst, da bei diesem Massenfang nicht nur
die Wirksamkeit der fremden Wanderer während ihrer Anwesenheit in
jenen Gefilden vernichtet, sondern auch die Brutvögel des eigenen Landes
hingeopfert werden.

Soll nun dieser Schutz wirklich erzielt werden, so ist der Vogel-
schutz vom Jagdgesetz vollständig zu trennen und das innige Zusammen-
wirken sämmtlicher Staaten, durch welche diese Wandervögel ziehen,
mittelst übereinstimmender internationaler Vorschriften, das erste uner-
lässliche Erforderniss.

Es möge mir gestattet sein, in dieser Hinsicht einige allgemeine
Sätze hier anzudeuten, die als überall gleichmässig geltende Grundlage
anzunehmen wären:

Die Vorschriften für die landwirthschaftnützlichen Stand-, Strich-
und Zugvögel sind getrennt und unabhängig von den Jagdvorschriften zu
behandeln.

Das Fangen, Tödten, Verkaufen und Halten dieser Vögel ist durch-
aus und zu jeder Zeit verboten.

Der Markt ist in dieser Beziehung streng zu überwachen.

Das Blenden der Vögel ist verboten.

Der Gebrauch des Vogelleims, aller Arten Schlingen, Schlageisen,
Kloben, Meisenstube, Nachtigallnetz, Vogelherd ist unbedingt verboten.

Das Ausnehmen der Eier, Jungen, das Zerstören der Nester aller
Vögel mit Ausnahme der Schädlichen ist verboten.

Zu wissenschaftlichen Zwecken kann die Behörde einzelne bedingte
Bewilligungen von Fall zu Fall ertheilen.

Ich werde in einer eigenen Darstellung die für die Landwirthschaft
nützlichen Vögel einer besonderen Betrachtung unterziehen und dabei
namentlich die Art und Weise ihrer Habhaftwerdung besprechen, um jene
Faugvorrichtungen hervorzuheben, die als gänzlich unzulässig bezeichnet
werden müssen und daher unbedingt zu verbieten sind.



H. S.

G. R. v. Frauenfeld: Grundlagen d. Vogelschutzgesetzes.
gefügt werden muss. Ich habe nämlich in Neapel am Markt und im Pri-
vatbesitze leider mehrere geblendete Vögel bemerkt. Diese Barbarei von
der Moral und Sittlichkeit allgemein verdammt, ist in unsern Ländern
längst schon abgestellt. Ich erhielt in Florenz die Versicherung, es sei
auch allda diese Grausamkeit nicht gestattet. Es dürfte also nur die un-
vollständige Handhabung dieser Anordnung noch das Vorkommen der-
selben erklären.

Diese schon so ausgedehnte Erkenntniss der Nützlichkeit der In-
sektenfresser wird auch von den einsichtsvollen rationellen Landwirthen
im Süden Europas vollkommen gewürdigt. Sie empfinden tief die Wunden,
die dem Wohlstande durch die masslose Vernichtung dieser Thiere ge-
schlagen werden, und den unberechenbaren Schaden, der für die segens-
reichen Ernten hiedurch erwächst, da bei diesem Massenfang nicht nur
die Wirksamkeit der fremden Wanderer während ihrer Anwesenheit in
jenen Gefilden vernichtet, sondern auch die Brutvögel des eigenen Landes
hingeopfert werden.

Soll nun dieser Schutz wirklich erzielt werden, so ist der Vogel-
schutz vom Jagdgesetz vollständig zu trennen und das innige Zusammen-
wirken sämmtlicher Staaten, durch welche diese Wandervögel ziehen,
mittelst übereinstimmender internationaler Vorschriften, das erste uner-
lässliche Erforderniss.

Es möge mir gestattet sein, in dieser Hinsicht einige allgemeine
Sätze hier anzudeuten, die als überall gleichmässig geltende Grundlage
anzunehmen wären:

Die Vorschriften für die landwirthschaftnützlichen Stand-, Strich-
und Zugvögel sind getrennt und unabhängig von den Jagdvorschriften zu
behandeln.

Das Fangen, Tödten, Verkaufen und Halten dieser Vögel ist durch-
aus und zu jeder Zeit verboten.

Der Markt ist in dieser Beziehung streng zu überwachen.

Das Blenden der Vögel ist verboten.

Der Gebrauch des Vogelleims, aller Arten Schlingen, Schlageisen,
Kloben, Meisenstube, Nachtigallnetz, Vogelherd ist unbedingt verboten.

Das Ausnehmen der Eier, Jungen, das Zerstören der Nester aller
Vögel mit Ausnahme der Schädlichen ist verboten.

Zu wissenschaftlichen Zwecken kann die Behörde einzelne bedingte
Bewilligungen von Fall zu Fall ertheilen.

Ich werde in einer eigenen Darstellung die für die Landwirthschaft
nützlichen Vögel einer besonderen Betrachtung unterziehen und dabei
namentlich die Art und Weise ihrer Habhaftwerdung besprechen, um jene
Faugvorrichtungen hervorzuheben, die als gänzlich unzulässig bezeichnet
werden müssen und daher unbedingt zu verbieten sind.



H. S.
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[12/0016] G. R. v. Frauenfeld: Grundlagen d. Vogelschutzgesetzes. gefügt werden muss. Ich habe nämlich in Neapel am Markt und im Pri- vatbesitze leider mehrere geblendete Vögel bemerkt. Diese Barbarei von der Moral und Sittlichkeit allgemein verdammt, ist in unsern Ländern längst schon abgestellt. Ich erhielt in Florenz die Versicherung, es sei auch allda diese Grausamkeit nicht gestattet. Es dürfte also nur die un- vollständige Handhabung dieser Anordnung noch das Vorkommen der- selben erklären. Diese schon so ausgedehnte Erkenntniss der Nützlichkeit der In- sektenfresser wird auch von den einsichtsvollen rationellen Landwirthen im Süden Europas vollkommen gewürdigt. Sie empfinden tief die Wunden, die dem Wohlstande durch die masslose Vernichtung dieser Thiere ge- schlagen werden, und den unberechenbaren Schaden, der für die segens- reichen Ernten hiedurch erwächst, da bei diesem Massenfang nicht nur die Wirksamkeit der fremden Wanderer während ihrer Anwesenheit in jenen Gefilden vernichtet, sondern auch die Brutvögel des eigenen Landes hingeopfert werden. Soll nun dieser Schutz wirklich erzielt werden, so ist der Vogel- schutz vom Jagdgesetz vollständig zu trennen und das innige Zusammen- wirken sämmtlicher Staaten, durch welche diese Wandervögel ziehen, mittelst übereinstimmender internationaler Vorschriften, das erste uner- lässliche Erforderniss. Es möge mir gestattet sein, in dieser Hinsicht einige allgemeine Sätze hier anzudeuten, die als überall gleichmässig geltende Grundlage anzunehmen wären: Die Vorschriften für die landwirthschaftnützlichen Stand-, Strich- und Zugvögel sind getrennt und unabhängig von den Jagdvorschriften zu behandeln. Das Fangen, Tödten, Verkaufen und Halten dieser Vögel ist durch- aus und zu jeder Zeit verboten. Der Markt ist in dieser Beziehung streng zu überwachen. Das Blenden der Vögel ist verboten. Der Gebrauch des Vogelleims, aller Arten Schlingen, Schlageisen, Kloben, Meisenstube, Nachtigallnetz, Vogelherd ist unbedingt verboten. Das Ausnehmen der Eier, Jungen, das Zerstören der Nester aller Vögel mit Ausnahme der Schädlichen ist verboten. Zu wissenschaftlichen Zwecken kann die Behörde einzelne bedingte Bewilligungen von Fall zu Fall ertheilen. Ich werde in einer eigenen Darstellung die für die Landwirthschaft nützlichen Vögel einer besonderen Betrachtung unterziehen und dabei namentlich die Art und Weise ihrer Habhaftwerdung besprechen, um jene Faugvorrichtungen hervorzuheben, die als gänzlich unzulässig bezeichnet werden müssen und daher unbedingt zu verbieten sind. H. S.

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Zitationshilfe: Frauenfeld, Georg von: Die Grundlagen des Vogelschutzgesetzes. Wien, 1871, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frauenfeld_vogelschutzgesetz_1871/16>, abgerufen am 23.11.2024.