Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.sie sich zu einem Quittenstrauch, dessen kaum er¬ Sie reichte ihm ein Zweiglein und steckte sich "Ihnen kann man schon etwas zu Liebe thun," Damit wollte sie fortlaufen; er aber hielt sie "Niemand?" sagte er mit drohendem Flüstern, "Ich will -- ich will auf ihrer Kart' nachschaun, "Alfred!" hauchte er. "Alfred," wiederholte sie wie ein leises Echo; "Gute Nacht, Loni!" er beugte sich auf ihr ge¬ 5*
ſie ſich zu einem Quittenſtrauch, deſſen kaum er¬ Sie reichte ihm ein Zweiglein und ſteckte ſich „Ihnen kann man ſchon etwas zu Liebe thun,“ Damit wollte ſie fortlaufen; er aber hielt ſie „Niemand?“ ſagte er mit drohendem Flüſtern, „Ich will — ich will auf ihrer Kart' nachſchaun, „Alfred!“ hauchte er. „Alfred,“ wiederholte ſie wie ein leiſes Echo; „Gute Nacht, Loni!“ er beugte ſich auf ihr ge¬ 5*
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ſie ſich zu einem Quittenſtrauch, deſſen kaum er¬
ſchloſſene granatrothe Blüthen durch das ſpärliche
Grün leuchteten.
Sie reichte ihm ein Zweiglein und ſteckte ſich
ſelbſt eins an. Er haſchte nach der niedlichen Hand
und küßte ſie ſchnell.
„Ihnen kann man ſchon etwas zu Liebe thun,“
ſagte ſie, während ihr wieder das Blut ins Geſicht
ſtieg, ſich dann aber der Ausdruck plötzlich ins Schalk¬
hafte veränderte: „Sie ſind ja doch — Sie ſind ja
doch Niemand!“
Damit wollte ſie fortlaufen; er aber hielt ſie
feſt und warf einen ſchnellen Blick rückwärts; der
Tiſch war nicht zu ſehen, die Büſche traten davor.
„Niemand?“ ſagte er mit drohendem Flüſtern,
„iſt es wahr, Loni, bin ich Ihnen wirklich Nie¬
mand?“ Er wußte ſelbſt kaum, was er ſprach, nur
daß ſie ſehr lieblich war, und daß ihre kleine Hand
wie ein warmes zuckendes gefangenes Mäuschen in
der ſeinen lag.
„Ich will — ich will auf ihrer Kart' nachſchaun,
wie Sie heißen,“ flüſterte ſie.
„Alfred!“ hauchte er.
„Alfred,“ wiederholte ſie wie ein leiſes Echo;
und dann noch leiſer: „Gute Nacht, Alfred.“
„Gute Nacht, Loni!“ er beugte ſich auf ihr ge¬
ſenktes Köpfchen und drückte ſeine Lippen auf das
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