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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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porträt eines charakteristischen alten Männerkopfs
begonnen und war in seinem gewohnten Anfangs¬
fieber. Um sich in der Stimmung zu erhalten, hatte
er diesmal Wolffs Rath befolgt, nichts andres in¬
zwischen zu sehen, und war bis zum Dunkelwerden
an seinem Werk geblieben.

Als die Straße zu Ende war und er in die
nächste einbiegen wollte, rannte er fast mit einer
Dame zusammen, die eilig daherkam. Wie sie anein¬
ander vorbei wollten, erkannten sie sich.

"Ah, Fräulein Spitzer, ich komme grade von
Ihnen."

"Von mir? ach, das ist geschickt, da geh'ns mit
mir z'rück, 's ist so arg dunkel," rief sie erfreut, "der
Papa wollt mich abholen, ist aber net kommen," fügte
sie hinzu.

Alfred verbeugte sich und kehrte mit um, doch
hielt er es nicht für loyal, ihr den Arm anzubieten,
so freundlich ihn die schwarzen Augen unter dem
Kraushaar anlachten.

"Sie machen sich rar," sagte sie, zu ihm hinauf¬
sehend, "es hat Ihnen, scheint's, nicht bei uns ge¬
fallen."

"O, wie können Sie denken --" fing er an.

"Es schad't nix," begütigte sie, "Sie dürfen
meinethalb' nicht lügen. Es thut halt Jeder, was
er mag."

porträt eines charakteriſtiſchen alten Männerkopfs
begonnen und war in ſeinem gewohnten Anfangs¬
fieber. Um ſich in der Stimmung zu erhalten, hatte
er diesmal Wolffs Rath befolgt, nichts andres in¬
zwiſchen zu ſehen, und war bis zum Dunkelwerden
an ſeinem Werk geblieben.

Als die Straße zu Ende war und er in die
nächſte einbiegen wollte, rannte er faſt mit einer
Dame zuſammen, die eilig daherkam. Wie ſie anein¬
ander vorbei wollten, erkannten ſie ſich.

„Ah, Fräulein Spitzer, ich komme grade von
Ihnen.“

„Von mir? ach, das iſt geſchickt, da geh'ns mit
mir z'rück, 's iſt ſo arg dunkel,“ rief ſie erfreut, „der
Papa wollt mich abholen, iſt aber net kommen,“ fügte
ſie hinzu.

Alfred verbeugte ſich und kehrte mit um, doch
hielt er es nicht für loyal, ihr den Arm anzubieten,
ſo freundlich ihn die ſchwarzen Augen unter dem
Kraushaar anlachten.

„Sie machen ſich rar,“ ſagte ſie, zu ihm hinauf¬
ſehend, „es hat Ihnen, ſcheint's, nicht bei uns ge¬
fallen.“

„O, wie können Sie denken —“ fing er an.

„Es ſchad't nix,“ begütigte ſie, „Sie dürfen
meinethalb' nicht lügen. Es thut halt Jeder, was
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[55/0071] porträt eines charakteriſtiſchen alten Männerkopfs begonnen und war in ſeinem gewohnten Anfangs¬ fieber. Um ſich in der Stimmung zu erhalten, hatte er diesmal Wolffs Rath befolgt, nichts andres in¬ zwiſchen zu ſehen, und war bis zum Dunkelwerden an ſeinem Werk geblieben. Als die Straße zu Ende war und er in die nächſte einbiegen wollte, rannte er faſt mit einer Dame zuſammen, die eilig daherkam. Wie ſie anein¬ ander vorbei wollten, erkannten ſie ſich. „Ah, Fräulein Spitzer, ich komme grade von Ihnen.“ „Von mir? ach, das iſt geſchickt, da geh'ns mit mir z'rück, 's iſt ſo arg dunkel,“ rief ſie erfreut, „der Papa wollt mich abholen, iſt aber net kommen,“ fügte ſie hinzu. Alfred verbeugte ſich und kehrte mit um, doch hielt er es nicht für loyal, ihr den Arm anzubieten, ſo freundlich ihn die ſchwarzen Augen unter dem Kraushaar anlachten. „Sie machen ſich rar,“ ſagte ſie, zu ihm hinauf¬ ſehend, „es hat Ihnen, ſcheint's, nicht bei uns ge¬ fallen.“ „O, wie können Sie denken —“ fing er an. „Es ſchad't nix,“ begütigte ſie, „Sie dürfen meinethalb' nicht lügen. Es thut halt Jeder, was er mag.“

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/71>, abgerufen am 24.11.2024.