Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891."Sie sollten sich aber doch nicht so gehen lassen, "Ach Du lieber Gott," stöhnte Wolff, "lassen's Alfred drückte herzlich die ihm gebotenen Finger. Sie waren einige Straßen weit miteinander ge¬ „Sie ſollten ſich aber doch nicht ſo gehen laſſen, „Ach Du lieber Gott,“ ſtöhnte Wolff, „laſſen's Alfred drückte herzlich die ihm gebotenen Finger. Sie waren einige Straßen weit miteinander ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0056" n="40"/> <p>„Sie ſollten ſich aber doch nicht ſo gehen laſſen,<lb/> Sie ſollten Ihren Stolz zu Hülfe rufen, — ein<lb/> Mann —“</p><lb/> <p>„Ach Du lieber Gott,“ ſtöhnte Wolff, „laſſen's<lb/> mich aus mit dem Gered' da. Was Stolz gegen ſo ein<lb/> kleines armes Kind, — denn das iſt ſie ja! Geht's<lb/> ihr nicht elend genug? Hat ſie denn nur einen<lb/> Menſchen auf der Welt? Iſt das ein Vater? Iſt<lb/> das ein Umgang? Buben, die ihr den Kopf verdrehn<lb/> und ihre Hanswurſtenſtreiche auf allen Gaſſen herum¬<lb/> tragen! Fragen Sie mal bei den jungen Malern<lb/> herum, wer die Loni Spitzer nicht kennt! Alle ken¬<lb/> nen ſie, die meiſten freilich vom Hörenſagen, und das<lb/> iſt das Schlimmſte.“ Er ergriff plötzlich Alfreds<lb/> Hand. „Sie werden nit einſtimmen! Sie werden<lb/> ihr nichts anhängen!“ ſagte er mit halberſtickter<lb/> Stimme.</p><lb/> <p>Alfred drückte herzlich die ihm gebotenen Finger.<lb/> Auch ihm war die Rührung bis in den Hals ge¬<lb/> ſtiegen. Das war nicht mehr der unheimliche Zauber,<lb/> der dieſen Mann gefangen hielt, das war eine herzen¬<lb/> verbindende Kraft.</p><lb/> <p>Sie waren einige Straßen weit miteinander ge¬<lb/> gangen, nun ward es Abend. Die ſchmale Mond¬<lb/> ſichel tauchte aus dem Sonnenuntergangsnebel und<lb/> ſchimmerte durch die Ulmenkronen mit ihrem braunen<lb/> Blüthengekräuſel. Ein friſcher Wind ſtreute die grü¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [40/0056]
„Sie ſollten ſich aber doch nicht ſo gehen laſſen,
Sie ſollten Ihren Stolz zu Hülfe rufen, — ein
Mann —“
„Ach Du lieber Gott,“ ſtöhnte Wolff, „laſſen's
mich aus mit dem Gered' da. Was Stolz gegen ſo ein
kleines armes Kind, — denn das iſt ſie ja! Geht's
ihr nicht elend genug? Hat ſie denn nur einen
Menſchen auf der Welt? Iſt das ein Vater? Iſt
das ein Umgang? Buben, die ihr den Kopf verdrehn
und ihre Hanswurſtenſtreiche auf allen Gaſſen herum¬
tragen! Fragen Sie mal bei den jungen Malern
herum, wer die Loni Spitzer nicht kennt! Alle ken¬
nen ſie, die meiſten freilich vom Hörenſagen, und das
iſt das Schlimmſte.“ Er ergriff plötzlich Alfreds
Hand. „Sie werden nit einſtimmen! Sie werden
ihr nichts anhängen!“ ſagte er mit halberſtickter
Stimme.
Alfred drückte herzlich die ihm gebotenen Finger.
Auch ihm war die Rührung bis in den Hals ge¬
ſtiegen. Das war nicht mehr der unheimliche Zauber,
der dieſen Mann gefangen hielt, das war eine herzen¬
verbindende Kraft.
Sie waren einige Straßen weit miteinander ge¬
gangen, nun ward es Abend. Die ſchmale Mond¬
ſichel tauchte aus dem Sonnenuntergangsnebel und
ſchimmerte durch die Ulmenkronen mit ihrem braunen
Blüthengekräuſel. Ein friſcher Wind ſtreute die grü¬
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