verschwinde ich aus ihrer Reiseroute. Unmöglich wär's nicht, unser gutes München ist halt ein arges Klatschnest!
Dein Freund Eugen.
Klärchen an die Geschwister.
Riva, 3. April. Im Garten 3 Uhr Nachm.
Wie haben wir uns über Eure lieben, langen Briefe gefreut, meine süßen Kleinen! Ach, ich kann mir denken, wie unangenehm es Euch war, in der Suppe ein Haar zu finden! Nicht allein des Haares wegen, als weil Ihr es Kathl habt sagen müssen! Es ist so peinlich, einen Menschen zu beschämen, nicht wahr? Das habe ich vorgestern auch recht empfun¬ den, als mir der junge Maler, -- er heißt Herr Eugen Schmidthammer -- auf der Ponalstraße, die, in der Nähe besehen, sehr breit ist, entgegengefahren kam. Er saß nämlich auf einem Eselfuhrwerk, auf einem großen Haufen Gras und Futter, und so ge¬ schmückt war das Eselchen mit rothen Troddeln und Bändern, daß es wunderhübsch aussah. Mit Gesang kamen sie daher, und ich wurde so lustig, ich hätte gerne mitgesungen, wenn es nicht italienisch gewesen wäre. Als aber der Maler mich erblickte, wurde er
verſchwinde ich aus ihrer Reiſeroute. Unmöglich wär's nicht, unſer gutes München iſt halt ein arges Klatſchneſt!
Dein Freund Eugen.
Klärchen an die Geſchwiſter.
Riva, 3. April. Im Garten 3 Uhr Nachm.
Wie haben wir uns über Eure lieben, langen Briefe gefreut, meine ſüßen Kleinen! Ach, ich kann mir denken, wie unangenehm es Euch war, in der Suppe ein Haar zu finden! Nicht allein des Haares wegen, als weil Ihr es Kathl habt ſagen müſſen! Es iſt ſo peinlich, einen Menſchen zu beſchämen, nicht wahr? Das habe ich vorgeſtern auch recht empfun¬ den, als mir der junge Maler, — er heißt Herr Eugen Schmidthammer — auf der Ponalſtraße, die, in der Nähe beſehen, ſehr breit iſt, entgegengefahren kam. Er ſaß nämlich auf einem Eſelfuhrwerk, auf einem großen Haufen Gras und Futter, und ſo ge¬ ſchmückt war das Eſelchen mit rothen Troddeln und Bändern, daß es wunderhübſch ausſah. Mit Geſang kamen ſie daher, und ich wurde ſo luſtig, ich hätte gerne mitgeſungen, wenn es nicht italieniſch geweſen wäre. Als aber der Maler mich erblickte, wurde er
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verſchwinde ich aus ihrer Reiſeroute. Unmöglich
wär's nicht, unſer gutes München iſt halt ein arges
Klatſchneſt!
Dein Freund Eugen.
Klärchen an die Geſchwiſter.
Riva, 3. April.
Im Garten 3 Uhr Nachm.
Wie haben wir uns über Eure lieben, langen
Briefe gefreut, meine ſüßen Kleinen! Ach, ich kann
mir denken, wie unangenehm es Euch war, in der
Suppe ein Haar zu finden! Nicht allein des Haares
wegen, als weil Ihr es Kathl habt ſagen müſſen!
Es iſt ſo peinlich, einen Menſchen zu beſchämen, nicht
wahr? Das habe ich vorgeſtern auch recht empfun¬
den, als mir der junge Maler, — er heißt Herr
Eugen Schmidthammer — auf der Ponalſtraße, die,
in der Nähe beſehen, ſehr breit iſt, entgegengefahren
kam. Er ſaß nämlich auf einem Eſelfuhrwerk, auf
einem großen Haufen Gras und Futter, und ſo ge¬
ſchmückt war das Eſelchen mit rothen Troddeln und
Bändern, daß es wunderhübſch ausſah. Mit Geſang
kamen ſie daher, und ich wurde ſo luſtig, ich hätte
gerne mitgeſungen, wenn es nicht italieniſch geweſen
wäre. Als aber der Maler mich erblickte, wurde er
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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/233>, abgerufen am 16.02.2025.
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