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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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dem ahnungslosen kleinen Engel in solche Beziehung
bringst. Gestern traf ich sie allein, nur Putzi, ihr
Pinscherchen war mit, auf der Ponalstraße. Ich saß
grade auf einem Bauernwägelchen, neben einer alten
Italienerin, die mit ihrem Eselchen vom Ledrothal
heraufkam und mich eingeladen hatte, mitzufahren.
Ein Bub' saß hinten auf und sang zur Ziehhar¬
monika, die alte madre aus voller Kehle mit. Da
kam ihr Putzi daher und kläffte den Esel an. Ihr
Erschrecken, ihre Freundlichkeit gegen die armen
Bauersleute, und wie sie sogar die Prise Schnupf¬
tabak nahm, die die Alte ihr anbot, und dann nießen
mußte, daß ihr die Thränen aus den Augen liefen,
all' das war allerliebst. Freilich, sie ist ein Kind,
ein Backfisch, aber der Gestalt nach völlig erwachsen
und mit einem lieblichen Ernst. Wenn ich nicht
Alles abgeschworen hätte -- -- Aber necke mich nicht
mit ihr, mein Junge, es kommt mir hinterlistig vor
gegen das Mädchen. Beneidenswerth, wer so eine
frische Jugend als erste Liebe auf seinem Weg fin¬
det! Ich wünsch' ihr einen, der keine Selma geliebt
hat und von ihr geliebt worden ist. Manchmal krieg'
ich einen ganzen Widerwillen gegen mich selbst. --
Die Familie kommt aus München, -- ich wohne jetzt
im gleichen Hotel wie sie, -- wenn ich irgendwie
merke, daß sie von der Geschichte gehört haben, dann

dem ahnungsloſen kleinen Engel in ſolche Beziehung
bringſt. Geſtern traf ich ſie allein, nur Putzi, ihr
Pinſcherchen war mit, auf der Ponalſtraße. Ich ſaß
grade auf einem Bauernwägelchen, neben einer alten
Italienerin, die mit ihrem Eſelchen vom Ledrothal
heraufkam und mich eingeladen hatte, mitzufahren.
Ein Bub' ſaß hinten auf und ſang zur Ziehhar¬
monika, die alte madre aus voller Kehle mit. Da
kam ihr Putzi daher und kläffte den Eſel an. Ihr
Erſchrecken, ihre Freundlichkeit gegen die armen
Bauersleute, und wie ſie ſogar die Priſe Schnupf¬
tabak nahm, die die Alte ihr anbot, und dann nießen
mußte, daß ihr die Thränen aus den Augen liefen,
all' das war allerliebſt. Freilich, ſie iſt ein Kind,
ein Backfiſch, aber der Geſtalt nach völlig erwachſen
und mit einem lieblichen Ernſt. Wenn ich nicht
Alles abgeſchworen hätte — — Aber necke mich nicht
mit ihr, mein Junge, es kommt mir hinterliſtig vor
gegen das Mädchen. Beneidenswerth, wer ſo eine
friſche Jugend als erſte Liebe auf ſeinem Weg fin¬
det! Ich wünſch' ihr einen, der keine Selma geliebt
hat und von ihr geliebt worden iſt. Manchmal krieg'
ich einen ganzen Widerwillen gegen mich ſelbſt. —
Die Familie kommt aus München, — ich wohne jetzt
im gleichen Hôtel wie ſie, — wenn ich irgendwie
merke, daß ſie von der Geſchichte gehört haben, dann

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[216/0232] dem ahnungsloſen kleinen Engel in ſolche Beziehung bringſt. Geſtern traf ich ſie allein, nur Putzi, ihr Pinſcherchen war mit, auf der Ponalſtraße. Ich ſaß grade auf einem Bauernwägelchen, neben einer alten Italienerin, die mit ihrem Eſelchen vom Ledrothal heraufkam und mich eingeladen hatte, mitzufahren. Ein Bub' ſaß hinten auf und ſang zur Ziehhar¬ monika, die alte madre aus voller Kehle mit. Da kam ihr Putzi daher und kläffte den Eſel an. Ihr Erſchrecken, ihre Freundlichkeit gegen die armen Bauersleute, und wie ſie ſogar die Priſe Schnupf¬ tabak nahm, die die Alte ihr anbot, und dann nießen mußte, daß ihr die Thränen aus den Augen liefen, all' das war allerliebſt. Freilich, ſie iſt ein Kind, ein Backfiſch, aber der Geſtalt nach völlig erwachſen und mit einem lieblichen Ernſt. Wenn ich nicht Alles abgeſchworen hätte — — Aber necke mich nicht mit ihr, mein Junge, es kommt mir hinterliſtig vor gegen das Mädchen. Beneidenswerth, wer ſo eine friſche Jugend als erſte Liebe auf ſeinem Weg fin¬ det! Ich wünſch' ihr einen, der keine Selma geliebt hat und von ihr geliebt worden iſt. Manchmal krieg' ich einen ganzen Widerwillen gegen mich ſelbſt. — Die Familie kommt aus München, — ich wohne jetzt im gleichen Hôtel wie ſie, — wenn ich irgendwie merke, daß ſie von der Geſchichte gehört haben, dann

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/232>, abgerufen am 21.11.2024.