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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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Die Kleine ließ seine Hand nicht los, und er
schaute wieder in das schöne volle Gesichtchen des in
Gesundheit blühenden Kindes. Es war noch nicht
ein bischen aufgewacht, die großen blauen Augen
noch ebenso still und ziellos wie früher.

"Ich darf wieder arbeiten?" fragte Alfred den
Begleiter, und in seine Züge schien alle Begeisterung,
alle Freude des Lebens wieder einzukehren.

"Mit Maßen im Anfang; ist das Kind ein Mo¬
dell von Ihnen?"

"Mein Sternthalermädchen, für das ich damals
den Marmor aussuchte; -- ich bin aber bescheidener
geworden; wenn es mir zum hundertsten Theil ge¬
lingt, die Märchenstille hier" -- er legte dem Kinde
die Hand aufs Haupt.

"Ist es hier?" fragte der Arzt, denn sie hatten
die Treppe erstiegen.

"Dort, die Thür, die offene; ja warum denn
offen? Ich bin nur einmal hier gewesen, ich irre
mich doch wohl" -- Alfred war hastig bis zur Thür
geschritten, hatte auch das Zimmer betreten und hinter
sich offen gelassen. Neugierig folgte der Arzt. Er
sah den Bildhauer in einer Ecke stehen, das Gesicht
zur Wand gekehrt und in den Händen vergraben.

Das Zimmer war leer, völlig ausgeräumt, ebenso
das nächste, dessen Thür gleichfalls offen stand.

Der Arzt spitzte die Lippen, als ob er pfeifen

Die Kleine ließ ſeine Hand nicht los, und er
ſchaute wieder in das ſchöne volle Geſichtchen des in
Geſundheit blühenden Kindes. Es war noch nicht
ein bischen aufgewacht, die großen blauen Augen
noch ebenſo ſtill und ziellos wie früher.

„Ich darf wieder arbeiten?“ fragte Alfred den
Begleiter, und in ſeine Züge ſchien alle Begeiſterung,
alle Freude des Lebens wieder einzukehren.

„Mit Maßen im Anfang; iſt das Kind ein Mo¬
dell von Ihnen?“

„Mein Sternthalermädchen, für das ich damals
den Marmor ausſuchte; — ich bin aber beſcheidener
geworden; wenn es mir zum hundertſten Theil ge¬
lingt, die Märchenſtille hier“ — er legte dem Kinde
die Hand aufs Haupt.

„Iſt es hier?“ fragte der Arzt, denn ſie hatten
die Treppe erſtiegen.

„Dort, die Thür, die offene; ja warum denn
offen? Ich bin nur einmal hier geweſen, ich irre
mich doch wohl“ — Alfred war haſtig bis zur Thür
geſchritten, hatte auch das Zimmer betreten und hinter
ſich offen gelaſſen. Neugierig folgte der Arzt. Er
ſah den Bildhauer in einer Ecke ſtehen, das Geſicht
zur Wand gekehrt und in den Händen vergraben.

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Der Arzt ſpitzte die Lippen, als ob er pfeifen

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[132/0148] Die Kleine ließ ſeine Hand nicht los, und er ſchaute wieder in das ſchöne volle Geſichtchen des in Geſundheit blühenden Kindes. Es war noch nicht ein bischen aufgewacht, die großen blauen Augen noch ebenſo ſtill und ziellos wie früher. „Ich darf wieder arbeiten?“ fragte Alfred den Begleiter, und in ſeine Züge ſchien alle Begeiſterung, alle Freude des Lebens wieder einzukehren. „Mit Maßen im Anfang; iſt das Kind ein Mo¬ dell von Ihnen?“ „Mein Sternthalermädchen, für das ich damals den Marmor ausſuchte; — ich bin aber beſcheidener geworden; wenn es mir zum hundertſten Theil ge¬ lingt, die Märchenſtille hier“ — er legte dem Kinde die Hand aufs Haupt. „Iſt es hier?“ fragte der Arzt, denn ſie hatten die Treppe erſtiegen. „Dort, die Thür, die offene; ja warum denn offen? Ich bin nur einmal hier geweſen, ich irre mich doch wohl“ — Alfred war haſtig bis zur Thür geſchritten, hatte auch das Zimmer betreten und hinter ſich offen gelaſſen. Neugierig folgte der Arzt. Er ſah den Bildhauer in einer Ecke ſtehen, das Geſicht zur Wand gekehrt und in den Händen vergraben. Das Zimmer war leer, völlig ausgeräumt, ebenſo das nächſte, deſſen Thür gleichfalls offen ſtand. Der Arzt ſpitzte die Lippen, als ob er pfeifen

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/148>, abgerufen am 22.11.2024.