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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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dem weißen Kopftuch und dem braunen grüngebän¬
derten Strohhut darüber.

Was ihn neben allem Uebrigen drückte, war die
gezwungene Unthätigkeit. Er hatte wieder zu schnitzeln
angefangen, doch freute es ihn nicht, da er kein Zu¬
trauen hatte, es werde ihm gelingen. Marianne
schnitt ihm dünne Binsen zurecht und lehrte ihn
Blumenkörbchen flechten; er brachte sie zwar zu
Stand, spottete aber dabei über sich selbst und seine
Spitälerbeschäftigung, die er denn auch wieder liegen
ließ. Sein Dasein hatte so vollständig durch das
Auge Licht empfangen, daß ihm mit diesem Verlust
Alles versagte. Endlich lernte er von einem jungen
Burschen Zither schlagen und brachte es darin zu
einiger Gewandtheit. Es gelang ihm, Mariannens
Gesang hie und da zu begleiten, wo es sich um
leichte Volksmelodien handelte, und daraus entsprang
Freude und Genuß für Beide, die, seit sie so ver¬
bunden waren, eigentlich nur noch im Andern leben
und sich freuen konnten.

Einmal fuhr die rothwangige Hoffischers Magd
eine muntere Gesellschaft nach Freudenberg hinüber.
Sie stiegen nicht weit von Alfreds gewohntem Platz
in das Boot, und die zwei Einsamen hörten ihr
lautes Gespräch und ausgelassenes Gelächter. Der
Blinde horchte auf.

dem weißen Kopftuch und dem braunen grüngebän¬
derten Strohhut darüber.

Was ihn neben allem Uebrigen drückte, war die
gezwungene Unthätigkeit. Er hatte wieder zu ſchnitzeln
angefangen, doch freute es ihn nicht, da er kein Zu¬
trauen hatte, es werde ihm gelingen. Marianne
ſchnitt ihm dünne Binſen zurecht und lehrte ihn
Blumenkörbchen flechten; er brachte ſie zwar zu
Stand, ſpottete aber dabei über ſich ſelbſt und ſeine
Spitälerbeſchäftigung, die er denn auch wieder liegen
ließ. Sein Daſein hatte ſo vollſtändig durch das
Auge Licht empfangen, daß ihm mit dieſem Verluſt
Alles verſagte. Endlich lernte er von einem jungen
Burſchen Zither ſchlagen und brachte es darin zu
einiger Gewandtheit. Es gelang ihm, Mariannens
Geſang hie und da zu begleiten, wo es ſich um
leichte Volksmelodien handelte, und daraus entſprang
Freude und Genuß für Beide, die, ſeit ſie ſo ver¬
bunden waren, eigentlich nur noch im Andern leben
und ſich freuen konnten.

Einmal fuhr die rothwangige Hoffiſchers Magd
eine muntere Geſellſchaft nach Freudenberg hinüber.
Sie ſtiegen nicht weit von Alfreds gewohntem Platz
in das Boot, und die zwei Einſamen hörten ihr
lautes Geſpräch und ausgelaſſenes Gelächter. Der
Blinde horchte auf.

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[109/0125] dem weißen Kopftuch und dem braunen grüngebän¬ derten Strohhut darüber. Was ihn neben allem Uebrigen drückte, war die gezwungene Unthätigkeit. Er hatte wieder zu ſchnitzeln angefangen, doch freute es ihn nicht, da er kein Zu¬ trauen hatte, es werde ihm gelingen. Marianne ſchnitt ihm dünne Binſen zurecht und lehrte ihn Blumenkörbchen flechten; er brachte ſie zwar zu Stand, ſpottete aber dabei über ſich ſelbſt und ſeine Spitälerbeſchäftigung, die er denn auch wieder liegen ließ. Sein Daſein hatte ſo vollſtändig durch das Auge Licht empfangen, daß ihm mit dieſem Verluſt Alles verſagte. Endlich lernte er von einem jungen Burſchen Zither ſchlagen und brachte es darin zu einiger Gewandtheit. Es gelang ihm, Mariannens Geſang hie und da zu begleiten, wo es ſich um leichte Volksmelodien handelte, und daraus entſprang Freude und Genuß für Beide, die, ſeit ſie ſo ver¬ bunden waren, eigentlich nur noch im Andern leben und ſich freuen konnten. Einmal fuhr die rothwangige Hoffiſchers Magd eine muntere Geſellſchaft nach Freudenberg hinüber. Sie ſtiegen nicht weit von Alfreds gewohntem Platz in das Boot, und die zwei Einſamen hörten ihr lautes Geſpräch und ausgelaſſenes Gelächter. Der Blinde horchte auf.

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/125>, abgerufen am 22.11.2024.