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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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bissel aus den Wolken herunterkommst! Ihr Männer
seid auch immer über oder unter der Erde, -- warum
könnt Ihr denn nicht darauf marschiren? 's wäre
doch das Einfachste!"

Schwindelnd von der ungewohnten Anstrengung
war Alfred auf seinen Platz zurückgesunken. Sie
legte ihm den Verband frisch um, lehnte seinen Kopf
gegen ein Kissen und flüsterte mit ihrer liebevollen
Stimme gute Worte.

"Da ruh' Dich aus, und ich sitz' neben Dir und
säume den Vorhang voll fertig, und wenn Dir's besser
ist, da erzählst mir von Mutter und Vater und von
zu Haus und was Du hier getrieben hast, und --
gelt Du -- die Deinigen müssen doch auch Nachricht
von Dir haben, -- so eine Mutter, die ängstigt sich
ja zu Tod, wann sie nichts hört; -- wann schreiben
wir denn und was, daß sie sich nicht Alles noch
schlimmer vorstellt?"

So ward geplaudert und der nothwendige Brief
geschrieben, den Marianne entwarf, Alfred in Form
brachte, und diktirte und abermals Marianne in sei¬
nem Namen niederschrieb. Der gefürchtete erste Tag
des klareren Bewußtseins ging sanft vorüber und
zeichnete gleichsam die folgenden vor. Es kamen
Stunden des Vorlesens, reich an gemeinsamem Ge¬
nuß, denn Marianne las Verse mit feinstem Verständ¬
niß auch für die Form; es kam die erste Ausfahrt

biſſel aus den Wolken herunterkommſt! Ihr Männer
ſeid auch immer über oder unter der Erde, — warum
könnt Ihr denn nicht darauf marſchiren? 's wäre
doch das Einfachſte!“

Schwindelnd von der ungewohnten Anſtrengung
war Alfred auf ſeinen Platz zurückgeſunken. Sie
legte ihm den Verband friſch um, lehnte ſeinen Kopf
gegen ein Kiſſen und flüſterte mit ihrer liebevollen
Stimme gute Worte.

„Da ruh' Dich aus, und ich ſitz' neben Dir und
ſäume den Vorhang voll fertig, und wenn Dir's beſſer
iſt, da erzählſt mir von Mutter und Vater und von
zu Haus und was Du hier getrieben haſt, und —
gelt Du — die Deinigen müſſen doch auch Nachricht
von Dir haben, — ſo eine Mutter, die ängſtigt ſich
ja zu Tod, wann ſie nichts hört; — wann ſchreiben
wir denn und was, daß ſie ſich nicht Alles noch
ſchlimmer vorſtellt?“

So ward geplaudert und der nothwendige Brief
geſchrieben, den Marianne entwarf, Alfred in Form
brachte, und diktirte und abermals Marianne in ſei¬
nem Namen niederſchrieb. Der gefürchtete erſte Tag
des klareren Bewußtſeins ging ſanft vorüber und
zeichnete gleichſam die folgenden vor. Es kamen
Stunden des Vorleſens, reich an gemeinſamem Ge¬
nuß, denn Marianne las Verſe mit feinſtem Verſtänd¬
niß auch für die Form; es kam die erſte Ausfahrt

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[93/0109] biſſel aus den Wolken herunterkommſt! Ihr Männer ſeid auch immer über oder unter der Erde, — warum könnt Ihr denn nicht darauf marſchiren? 's wäre doch das Einfachſte!“ Schwindelnd von der ungewohnten Anſtrengung war Alfred auf ſeinen Platz zurückgeſunken. Sie legte ihm den Verband friſch um, lehnte ſeinen Kopf gegen ein Kiſſen und flüſterte mit ihrer liebevollen Stimme gute Worte. „Da ruh' Dich aus, und ich ſitz' neben Dir und ſäume den Vorhang voll fertig, und wenn Dir's beſſer iſt, da erzählſt mir von Mutter und Vater und von zu Haus und was Du hier getrieben haſt, und — gelt Du — die Deinigen müſſen doch auch Nachricht von Dir haben, — ſo eine Mutter, die ängſtigt ſich ja zu Tod, wann ſie nichts hört; — wann ſchreiben wir denn und was, daß ſie ſich nicht Alles noch ſchlimmer vorſtellt?“ So ward geplaudert und der nothwendige Brief geſchrieben, den Marianne entwarf, Alfred in Form brachte, und diktirte und abermals Marianne in ſei¬ nem Namen niederſchrieb. Der gefürchtete erſte Tag des klareren Bewußtſeins ging ſanft vorüber und zeichnete gleichſam die folgenden vor. Es kamen Stunden des Vorleſens, reich an gemeinſamem Ge¬ nuß, denn Marianne las Verſe mit feinſtem Verſtänd¬ niß auch für die Form; es kam die erſte Ausfahrt

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/109>, abgerufen am 22.11.2024.