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Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891.

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fieberhafter Ungeduld die Hände nach ihr aus. Eben
trat sie heran.

"Glauben Sie, daß Sie dieses Ding jetzt ge¬
brauchen?" fragte sie ernst.

"Durchaus!" rief er, "o bitte, geben Sie schnell,"

"Lassen Sie mirs noch einen Tag," bat sie mit
Innigkeit, "ich will Ihnen das Brot und Fleisch
zerschneiden, bis Sie es selbst wieder können," fügte
sie mit zitterndem Mitleid hinzu.

"Das Messer! Mein Messer!" schrie er ver¬
zweiflungsvoll -- "zwei Augen hatt ich! Meine
Kunst war meine Welt! Seien Sie nicht hart wie
der Stein, der mich blind gemacht hat."

Ein leises Weinen antwortete ihm.

"Da, nehmen Sie Ihr Eigenthum," hauchte sie
ihm mit unsäglicher Traurigkeit zu, "thun Sie, was
Sie glauben thun zu müssen," sie drückte ihm die
Scheide in die Hand und entfernte sich.

Aber seine Finger ließen den ersehnten Helfer
schnell los.

"Sie gehen?" stammelte er.

"Ich fühle wohl, ich kann Ihnen nicht helfen,
ich bin zur Last." war die leise, schmerzliche Erwi¬
derung; "ich könnt's auch nicht mit ansehen."

"Weh! weh! was soll ich thun," ächzte der
Kranke, und da sich ihr Schritt zu entfernen schien,
stieß er plötzlich heraus: "Wenn Du gehst, so thu'

fieberhafter Ungeduld die Hände nach ihr aus. Eben
trat ſie heran.

„Glauben Sie, daß Sie dieſes Ding jetzt ge¬
brauchen?“ fragte ſie ernſt.

„Durchaus!“ rief er, „o bitte, geben Sie ſchnell,“

„Laſſen Sie mirs noch einen Tag,“ bat ſie mit
Innigkeit, „ich will Ihnen das Brot und Fleiſch
zerſchneiden, bis Sie es ſelbſt wieder können,“ fügte
ſie mit zitterndem Mitleid hinzu.

„Das Meſſer! Mein Meſſer!“ ſchrie er ver¬
zweiflungsvoll — „zwei Augen hatt ich! Meine
Kunſt war meine Welt! Seien Sie nicht hart wie
der Stein, der mich blind gemacht hat.“

Ein leiſes Weinen antwortete ihm.

„Da, nehmen Sie Ihr Eigenthum,“ hauchte ſie
ihm mit unſäglicher Traurigkeit zu, „thun Sie, was
Sie glauben thun zu müſſen,“ ſie drückte ihm die
Scheide in die Hand und entfernte ſich.

Aber ſeine Finger ließen den erſehnten Helfer
ſchnell los.

„Sie gehen?“ ſtammelte er.

„Ich fühle wohl, ich kann Ihnen nicht helfen,
ich bin zur Laſt.“ war die leiſe, ſchmerzliche Erwi¬
derung; „ich könnt's auch nicht mit anſehen.“

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[84/0100] fieberhafter Ungeduld die Hände nach ihr aus. Eben trat ſie heran. „Glauben Sie, daß Sie dieſes Ding jetzt ge¬ brauchen?“ fragte ſie ernſt. „Durchaus!“ rief er, „o bitte, geben Sie ſchnell,“ „Laſſen Sie mirs noch einen Tag,“ bat ſie mit Innigkeit, „ich will Ihnen das Brot und Fleiſch zerſchneiden, bis Sie es ſelbſt wieder können,“ fügte ſie mit zitterndem Mitleid hinzu. „Das Meſſer! Mein Meſſer!“ ſchrie er ver¬ zweiflungsvoll — „zwei Augen hatt ich! Meine Kunſt war meine Welt! Seien Sie nicht hart wie der Stein, der mich blind gemacht hat.“ Ein leiſes Weinen antwortete ihm. „Da, nehmen Sie Ihr Eigenthum,“ hauchte ſie ihm mit unſäglicher Traurigkeit zu, „thun Sie, was Sie glauben thun zu müſſen,“ ſie drückte ihm die Scheide in die Hand und entfernte ſich. Aber ſeine Finger ließen den erſehnten Helfer ſchnell los. „Sie gehen?“ ſtammelte er. „Ich fühle wohl, ich kann Ihnen nicht helfen, ich bin zur Laſt.“ war die leiſe, ſchmerzliche Erwi¬ derung; „ich könnt's auch nicht mit anſehen.“ „Weh! weh! was ſoll ich thun,“ ächzte der Kranke, und da ſich ihr Schritt zu entfernen ſchien, ſtieß er plötzlich heraus: „Wenn Du gehſt, ſo thu'

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Zitationshilfe: Frapan, Ilse: Bittersüß. Novellen. Berlin, 1891, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/frapan_bittersuess_1891/100>, abgerufen am 22.11.2024.