Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

mung, unter literarischen Anregungen, mit deren Schil¬
derei ich Sie heute verschone, Fräulein Hardine. Erst
gestern bei grauendem Tage trat ich die Postfahrt
nach meiner Anstalt an. Mein gutes Glück gewährte
mir einen wissenschaftlich und weltmännisch gebildeten
Reisebegleiter, der sich mir, wenn auch nicht dem Na¬
men nach, als eine ärztliche Notabilität Berlins do¬
kumentirte.

"Das Gespräch, wie das heutzutage kaum anders
mehr möglich ist, sprang von unseren beiderseitigen
friedlichen Neigungen bald genug hinüber auf das
wildbewegte Zeitwesen, auf die phänomenalen Ent¬
wickelungen, welche dasselbe gleichsam aus dem Staube
in die Höhe wirbelt, um sie eben so jach wieder in
Staub und Koth zurückzuschleudern; und wie hätte
da der jugendliche Feldherrngenius unerwähnt bleiben
sollen, der sich zur Stunde kaum noch geheimnißvoll
zu einem Zuge rüstet, um über Meer und Land den
letzten unbezwungenen Feind des republikanischen
Frankreich in der Grundfeste seiner weltgebietenden
Macht zu erschüttern.

"Ich habe," so erzählte im Verlauf der preußische
Herr, "über den General Buonaparte die interessantesten
Aufschlüsse erhalten durch einen Augenzeugen sei-

mung, unter literariſchen Anregungen, mit deren Schil¬
derei ich Sie heute verſchone, Fräulein Hardine. Erſt
geſtern bei grauendem Tage trat ich die Poſtfahrt
nach meiner Anſtalt an. Mein gutes Glück gewährte
mir einen wiſſenſchaftlich und weltmänniſch gebildeten
Reiſebegleiter, der ſich mir, wenn auch nicht dem Na¬
men nach, als eine ärztliche Notabilität Berlins do¬
kumentirte.

„Das Geſpräch, wie das heutzutage kaum anders
mehr möglich iſt, ſprang von unſeren beiderſeitigen
friedlichen Neigungen bald genug hinüber auf das
wildbewegte Zeitweſen, auf die phänomenalen Ent¬
wickelungen, welche daſſelbe gleichſam aus dem Staube
in die Höhe wirbelt, um ſie eben ſo jach wieder in
Staub und Koth zurückzuſchleudern; und wie hätte
da der jugendliche Feldherrngenius unerwähnt bleiben
ſollen, der ſich zur Stunde kaum noch geheimnißvoll
zu einem Zuge rüſtet, um über Meer und Land den
letzten unbezwungenen Feind des republikaniſchen
Frankreich in der Grundfeſte ſeiner weltgebietenden
Macht zu erſchüttern.

„Ich habe,“ ſo erzählte im Verlauf der preußiſche
Herr, „über den General Buonaparte die intereſſanteſten
Aufſchlüſſe erhalten durch einen Augenzeugen ſei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0075" n="71"/>
mung, unter literari&#x017F;chen Anregungen, mit deren Schil¬<lb/>
derei ich Sie heute ver&#x017F;chone, Fräulein Hardine. Er&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;tern bei grauendem Tage trat ich die Po&#x017F;tfahrt<lb/>
nach meiner An&#x017F;talt an. Mein gutes Glück gewährte<lb/>
mir einen wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlich und weltmänni&#x017F;ch gebildeten<lb/>
Rei&#x017F;ebegleiter, der &#x017F;ich mir, wenn auch nicht dem Na¬<lb/>
men nach, als eine ärztliche Notabilität Berlins do¬<lb/>
kumentirte.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das Ge&#x017F;präch, wie das heutzutage kaum anders<lb/>
mehr möglich i&#x017F;t, &#x017F;prang von un&#x017F;eren beider&#x017F;eitigen<lb/>
friedlichen Neigungen bald genug hinüber auf das<lb/>
wildbewegte Zeitwe&#x017F;en, auf die phänomenalen Ent¬<lb/>
wickelungen, welche da&#x017F;&#x017F;elbe gleich&#x017F;am aus dem Staube<lb/>
in die Höhe wirbelt, um &#x017F;ie eben &#x017F;o jach wieder in<lb/>
Staub und Koth zurückzu&#x017F;chleudern; und wie hätte<lb/>
da der jugendliche Feldherrngenius unerwähnt bleiben<lb/>
&#x017F;ollen, der &#x017F;ich zur Stunde kaum noch geheimnißvoll<lb/>
zu einem Zuge rü&#x017F;tet, um über Meer und Land den<lb/>
letzten unbezwungenen Feind des republikani&#x017F;chen<lb/>
Frankreich in der Grundfe&#x017F;te &#x017F;einer weltgebietenden<lb/>
Macht zu er&#x017F;chüttern.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich habe,&#x201C; &#x017F;o erzählte im Verlauf der preußi&#x017F;che<lb/>
Herr, &#x201E;über den General Buonaparte die intere&#x017F;&#x017F;ante&#x017F;ten<lb/>
Auf&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e erhalten durch einen Augenzeugen &#x017F;ei-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0075] mung, unter literariſchen Anregungen, mit deren Schil¬ derei ich Sie heute verſchone, Fräulein Hardine. Erſt geſtern bei grauendem Tage trat ich die Poſtfahrt nach meiner Anſtalt an. Mein gutes Glück gewährte mir einen wiſſenſchaftlich und weltmänniſch gebildeten Reiſebegleiter, der ſich mir, wenn auch nicht dem Na¬ men nach, als eine ärztliche Notabilität Berlins do¬ kumentirte. „Das Geſpräch, wie das heutzutage kaum anders mehr möglich iſt, ſprang von unſeren beiderſeitigen friedlichen Neigungen bald genug hinüber auf das wildbewegte Zeitweſen, auf die phänomenalen Ent¬ wickelungen, welche daſſelbe gleichſam aus dem Staube in die Höhe wirbelt, um ſie eben ſo jach wieder in Staub und Koth zurückzuſchleudern; und wie hätte da der jugendliche Feldherrngenius unerwähnt bleiben ſollen, der ſich zur Stunde kaum noch geheimnißvoll zu einem Zuge rüſtet, um über Meer und Land den letzten unbezwungenen Feind des republikaniſchen Frankreich in der Grundfeſte ſeiner weltgebietenden Macht zu erſchüttern. „Ich habe,“ ſo erzählte im Verlauf der preußiſche Herr, „über den General Buonaparte die intereſſanteſten Aufſchlüſſe erhalten durch einen Augenzeugen ſei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/75
Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/75>, abgerufen am 22.11.2024.