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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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auf die Mühle der bekenntnißscheuen Sünderin. Der
seltsame Mensch verlangte ja gar keine Aufklärung,
und bis er persönlich kam, dieselbe einzuholen, --
wenn er überhaupt wieder kam, -- ach, was konnte
da nicht alles verändert sein! Ich aber wurde es
müde, ein Mißverhältniß zu demonstriren in die leere
Luft. Schämte sie sich nicht, als Braut eines Mannes
zu gelten, den sie verrathen hatte, scheute sie sich nicht,
mit seinem Treugut sich selber und dem Kinde eines
Anderen das Leben leicht zu machen: warum sollte
ich mich dessen schämen und scheuen? War sie meine
Schwester, meines Gleichen? Thorheit über Thorheit,
der leichtfertigen Schenkentochter eine honnette Gesinnung
zuzutrauen! Kehrte Siegmund Faber zurück, dann lag
es mir ob, mich, nicht sie, vor einem wahrhaftigen
Ehrenmanne zu entschuldigen.

Zu Dorotheens Gunsten, und um vor der Hand
mit ihrem philosophischen Liebhaber abzuschließen, sei
indessen vorausgemeldet, daß ein späterer väterlicher
Brief von einem räthselhaften Verschwinden des Doctor
Faber berichtete. Während des Angriffs auf die feind¬
lichen Lager bei Pirmasenz, Ende September, war
er in seiner beherzten, rastlosen Thätigkeit noch viel¬
fach bewundert worden, -- seitdem spurlos Aller Augen

Louise v. Francois, Die letzte Reckenburgerin. II. 4

auf die Mühle der bekenntnißſcheuen Sünderin. Der
ſeltſame Menſch verlangte ja gar keine Aufklärung,
und bis er perſönlich kam, dieſelbe einzuholen, —
wenn er überhaupt wieder kam, — ach, was konnte
da nicht alles verändert ſein! Ich aber wurde es
müde, ein Mißverhältniß zu demonſtriren in die leere
Luft. Schämte ſie ſich nicht, als Braut eines Mannes
zu gelten, den ſie verrathen hatte, ſcheute ſie ſich nicht,
mit ſeinem Treugut ſich ſelber und dem Kinde eines
Anderen das Leben leicht zu machen: warum ſollte
ich mich deſſen ſchämen und ſcheuen? War ſie meine
Schweſter, meines Gleichen? Thorheit über Thorheit,
der leichtfertigen Schenkentochter eine honnette Geſinnung
zuzutrauen! Kehrte Siegmund Faber zurück, dann lag
es mir ob, mich, nicht ſie, vor einem wahrhaftigen
Ehrenmanne zu entſchuldigen.

Zu Dorotheens Gunſten, und um vor der Hand
mit ihrem philoſophiſchen Liebhaber abzuſchließen, ſei
indeſſen vorausgemeldet, daß ein ſpäterer väterlicher
Brief von einem räthſelhaften Verſchwinden des Doctor
Faber berichtete. Während des Angriffs auf die feind¬
lichen Lager bei Pirmaſenz, Ende September, war
er in ſeiner beherzten, raſtloſen Thätigkeit noch viel¬
fach bewundert worden, — ſeitdem ſpurlos Aller Augen

Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 4
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[49/0053] auf die Mühle der bekenntnißſcheuen Sünderin. Der ſeltſame Menſch verlangte ja gar keine Aufklärung, und bis er perſönlich kam, dieſelbe einzuholen, — wenn er überhaupt wieder kam, — ach, was konnte da nicht alles verändert ſein! Ich aber wurde es müde, ein Mißverhältniß zu demonſtriren in die leere Luft. Schämte ſie ſich nicht, als Braut eines Mannes zu gelten, den ſie verrathen hatte, ſcheute ſie ſich nicht, mit ſeinem Treugut ſich ſelber und dem Kinde eines Anderen das Leben leicht zu machen: warum ſollte ich mich deſſen ſchämen und ſcheuen? War ſie meine Schweſter, meines Gleichen? Thorheit über Thorheit, der leichtfertigen Schenkentochter eine honnette Geſinnung zuzutrauen! Kehrte Siegmund Faber zurück, dann lag es mir ob, mich, nicht ſie, vor einem wahrhaftigen Ehrenmanne zu entſchuldigen. Zu Dorotheens Gunſten, und um vor der Hand mit ihrem philoſophiſchen Liebhaber abzuſchließen, ſei indeſſen vorausgemeldet, daß ein ſpäterer väterlicher Brief von einem räthſelhaften Verſchwinden des Doctor Faber berichtete. Während des Angriffs auf die feind¬ lichen Lager bei Pirmaſenz, Ende September, war er in ſeiner beherzten, raſtloſen Thätigkeit noch viel¬ fach bewundert worden, — ſeitdem ſpurlos Aller Augen Louiſe v. François, Die letzte Reckenburgerin. II. 4

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/53>, abgerufen am 24.11.2024.