François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.schen Anzügliches für mich gehabt hatten, zu erlöschen Denn ich spürte den allseitigen Abfall von mei¬ ſchen Anzügliches für mich gehabt hatten, zu erlöſchen Denn ich ſpürte den allſeitigen Abfall von mei¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0248" n="244"/> ſchen Anzügliches für mich gehabt hatten, zu erlöſchen<lb/> drohte. Das Schickſal, deſſen Zeuge ich geweſen,<lb/> hatte mich erſchüttert, nicht erweicht. Aus Liebe war<lb/> Dorothee zur Sünderin geworden; aus Liebe der<lb/> Mann, der ſein ganzes Leben auf ſie geſtellt hatte,<lb/> ein Betrogener; in einem unbeſtimmten Drange der<lb/> berechtigtſten Empfindung Auguſt Müller zu einem<lb/> Ehrenräuber und Verleumder; und ich ſelber, hatte ich<lb/> nicht in der Jugend den ſicheren Ankergrund meines<lb/> Lebens einer gefühlvollen Anwandlung preisgege¬<lb/> ben, um im Matronenalter den Geifer der Welt als<lb/> gerechte Strafe dafür einzuernten? „Das Herz macht<lb/> uns zu Schwächlingen und Thoren!“ rief ich mit<lb/> einer Bitterkeit, wie ich ſie niemals gekannt hatte.</p><lb/> <p>Denn ich ſpürte den allſeitigen Abfall von mei¬<lb/> ner Perſon um ſo tiefer, da ich ihn nicht zu ſpüren<lb/> ſchien, und da ich mich bis zum Letzten gegen ſeine<lb/> Möglichkeit geſträubt hatte. Keiner dieſer Menſchen<lb/> auch nicht der Graf, war meinem Gemüthe ein Ver¬<lb/> luſt; nicht erſt an ihrer Schätzung hatte ſich mein<lb/> Selbſtgefühl entwickelt. Aber Ehre und Ehrerbietung, glei¬<lb/> chen ſie nicht der Luft, die den Athem in der Bruſt<lb/> unterhält, den Athem, der um ſo ſtärker ringt, je<lb/> ſchwächer der Pulsſchlag des Herzens den inneren<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [244/0248]
ſchen Anzügliches für mich gehabt hatten, zu erlöſchen
drohte. Das Schickſal, deſſen Zeuge ich geweſen,
hatte mich erſchüttert, nicht erweicht. Aus Liebe war
Dorothee zur Sünderin geworden; aus Liebe der
Mann, der ſein ganzes Leben auf ſie geſtellt hatte,
ein Betrogener; in einem unbeſtimmten Drange der
berechtigtſten Empfindung Auguſt Müller zu einem
Ehrenräuber und Verleumder; und ich ſelber, hatte ich
nicht in der Jugend den ſicheren Ankergrund meines
Lebens einer gefühlvollen Anwandlung preisgege¬
ben, um im Matronenalter den Geifer der Welt als
gerechte Strafe dafür einzuernten? „Das Herz macht
uns zu Schwächlingen und Thoren!“ rief ich mit
einer Bitterkeit, wie ich ſie niemals gekannt hatte.
Denn ich ſpürte den allſeitigen Abfall von mei¬
ner Perſon um ſo tiefer, da ich ihn nicht zu ſpüren
ſchien, und da ich mich bis zum Letzten gegen ſeine
Möglichkeit geſträubt hatte. Keiner dieſer Menſchen
auch nicht der Graf, war meinem Gemüthe ein Ver¬
luſt; nicht erſt an ihrer Schätzung hatte ſich mein
Selbſtgefühl entwickelt. Aber Ehre und Ehrerbietung, glei¬
chen ſie nicht der Luft, die den Athem in der Bruſt
unterhält, den Athem, der um ſo ſtärker ringt, je
ſchwächer der Pulsſchlag des Herzens den inneren
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