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François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871.

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August Müllers Jugenderinnerungen haben Euch,
meine Freunde, ein anschauliches Bild der nachfolgen¬
den Scene gegeben. Laßt mich nur Eins hinzufügen.
Als der Knabe so frisch und fröhlich rief: "Ich möchte
auch für das Vaterland sterben!" und jener marker¬
schütternde Schrei sich dem Mutterherzen entrang, da
fühlte ich meinen ungerechten Groll gegen den "Wild¬
ling" schwinden; ich sah in ihm wieder den Sohn des
Freundes, der die Bethörungen der Jugend durch ein
ritterliches Ende gesühnt hatte. Und so sollten denn
diese schweren Prüfungstage nach allen Seiten hin zu
einem friedlichen Abschluß führen.

"Ich werde ihn niemals wiedersehen, niemals!"
mit diesem Aufschrei war die unglückliche Mutter zu¬
sammengebrochen, als die Thür sich hinter ihrem Kinde
schloß. Der gestrige Krampf hatte sie überfallen.
Wir trugen sie in ihr Zimmer hinauf und an dem
Herzen, unter den Thränen des alten Freundes er¬
wachte sie wieder zum Leben. "Gott ist der Vater
der Fremdlinge und Waisen," flüsterte sie, das glä¬
serne Auge auf ihn gerichtet, "und Du bist Gottes
Priester auf Erden."

Nach diesen Worten entfernte ich mich, die Beiden
zu einer langen Unterredung über des Knaben Zukunft

Auguſt Müllers Jugenderinnerungen haben Euch,
meine Freunde, ein anſchauliches Bild der nachfolgen¬
den Scene gegeben. Laßt mich nur Eins hinzufügen.
Als der Knabe ſo friſch und fröhlich rief: „Ich möchte
auch für das Vaterland ſterben!“ und jener marker¬
ſchütternde Schrei ſich dem Mutterherzen entrang, da
fühlte ich meinen ungerechten Groll gegen den „Wild¬
ling“ ſchwinden; ich ſah in ihm wieder den Sohn des
Freundes, der die Bethörungen der Jugend durch ein
ritterliches Ende geſühnt hatte. Und ſo ſollten denn
dieſe ſchweren Prüfungstage nach allen Seiten hin zu
einem friedlichen Abſchluß führen.

„Ich werde ihn niemals wiederſehen, niemals!“
mit dieſem Aufſchrei war die unglückliche Mutter zu¬
ſammengebrochen, als die Thür ſich hinter ihrem Kinde
ſchloß. Der geſtrige Krampf hatte ſie überfallen.
Wir trugen ſie in ihr Zimmer hinauf und an dem
Herzen, unter den Thränen des alten Freundes er¬
wachte ſie wieder zum Leben. „Gott iſt der Vater
der Fremdlinge und Waiſen,“ flüſterte ſie, das glä¬
ſerne Auge auf ihn gerichtet, „und Du biſt Gottes
Prieſter auf Erden.“

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[142/0146] Auguſt Müllers Jugenderinnerungen haben Euch, meine Freunde, ein anſchauliches Bild der nachfolgen¬ den Scene gegeben. Laßt mich nur Eins hinzufügen. Als der Knabe ſo friſch und fröhlich rief: „Ich möchte auch für das Vaterland ſterben!“ und jener marker¬ ſchütternde Schrei ſich dem Mutterherzen entrang, da fühlte ich meinen ungerechten Groll gegen den „Wild¬ ling“ ſchwinden; ich ſah in ihm wieder den Sohn des Freundes, der die Bethörungen der Jugend durch ein ritterliches Ende geſühnt hatte. Und ſo ſollten denn dieſe ſchweren Prüfungstage nach allen Seiten hin zu einem friedlichen Abſchluß führen. „Ich werde ihn niemals wiederſehen, niemals!“ mit dieſem Aufſchrei war die unglückliche Mutter zu¬ ſammengebrochen, als die Thür ſich hinter ihrem Kinde ſchloß. Der geſtrige Krampf hatte ſie überfallen. Wir trugen ſie in ihr Zimmer hinauf und an dem Herzen, unter den Thränen des alten Freundes er¬ wachte ſie wieder zum Leben. „Gott iſt der Vater der Fremdlinge und Waiſen,“ flüſterte ſie, das glä¬ ſerne Auge auf ihn gerichtet, „und Du biſt Gottes Prieſter auf Erden.“ Nach dieſen Worten entfernte ich mich, die Beiden zu einer langen Unterredung über des Knaben Zukunft

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Zitationshilfe: François, Louise von: Die letzte Reckenburgerin. Bd. 2. Berlin, 1871, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/francois_reckenburgerin02_1871/146>, abgerufen am 22.11.2024.